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Liebe zu verschenken - Eine Frau geht einen ungewöhnlichen Weg
Verdammt, sie hat verschlafen! Und das ausgerechnet heute, wo der Firmenvorstand das wichtige Meeting angesetzt hat, bei dem sie Protokoll führen soll!
Voller Panik springt Regine aus dem Bett, rutscht aus und schlägt der Länge nach hin. Der Schmerz, der ihr rechtes Handgelenk durchzuckt, ist höllisch.
Mit Tränen in den Augen zieht sie sich an, ruft sich ein Taxi und fährt, pflichtbewusst wie sie ist, in die Firma statt zum Arzt.
Dort erwartet sie die nächste unschöne Überraschung, als sie hört, wen der Chef als Ersatz für sie ins Meeting geschickt hat.
Regine reicht’s. Was kann man von einem Tag noch erwarten, der mit lauter Katastrophen begonnen hat? Nichts. Rein gar nichts!
Als ihr Handy klingelt, würde sie am liebsten nicht rangehen. Wie gut, dass sie es doch getan hat ...
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Seitenzahl: 110
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Liebe zu verschenken
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Kiuikson / iStockphoto
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-7477-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Liebe zu verschenken
Eine Frau geht einen ungewöhnlichen Weg
Von Heide Prinz
Verdammt, sie hat verschlafen! Und das ausgerechnet heute, wo der Firmenvorstand das wichtige Meeting angesetzt hat, bei dem sie Protokoll führen soll!
Voller Panik springt Regine aus dem Bett, rutscht aus und schlägt der Länge nach hin. Der Schmerz, der ihr rechtes Handgelenk durchzuckt, ist höllisch.
Mit Tränen in den Augen zieht sie sich an, ruft sich ein Taxi und fährt, pflichtbewusst wie sie ist, in die Firma statt zum Arzt.
Dort erwartet sie die nächste unschöne Überraschung, als sie hört, wen der Chef als Ersatz für sie ins Meeting geschickt hat.
Regine reicht’s. Was kann man von einem Tag noch erwarten, der mit lauter Katastrophen begonnen hat? Nichts. Rein gar nichts!
Als ihr Handy klingelt, würde sie am liebsten nicht rangehen. Wie gut, dass sie es doch tut …
Ein paar vorwitzige Sonnenstrahlen zwängten sich durch den schmalen Spalt zwischen den nicht ganz zugezogenen Vorhängen, als Regine Helmbrecht an einem wunderschönen Frühlingsmorgen von fröhlichem Vogelgezwitscher geweckt wurde. Sie fühlte sich ausgeruht wie schon lange nicht mehr.
Den Grund für diese ungewohnte Frische machte ihr dann unmissverständlich der kleine Wecker klar, der neben ihrem Bett stand. Während ein paar verschlafener Dehnungs- und Streckübungen hatte sich Regine blinzelnd nach dem Zifferblatt umgedreht. Das, was sie sah, ließ sie mit einem Schlag vollends munter werden: Die Klingel musste versagt haben! Oder sollte sie das nervige Signal tatsächlich überhört haben?
Dass sie verschlafen hatte, war in den vergangenen Jahren noch nicht ein einziges Mal vorgekommen. Doch es gab ja bekanntlich keine Regel ohne Ausnahme! Und um allem die Krone aufzusetzen, hatte sie heute auch noch gleich um eine ganze Stunde zu lange geschlafen! Kein Wunder also, dass sie sich so ausgeruht fühlte!
Aber das war noch nicht einmal das Allerschlimmste an diesem Ärgernis. Zu allem Übel war heute nämlich ausgerechnet auch noch Mittwoch!
Regelmäßig mittwochs tagten gleich in der Früh die zuständigen Direktoren für den Ein- und Verkauf. Den Vorsitz führte dabei der grauenhaft arrogante neue Firmenchef, der hinter vorgehaltener Hand von den meisten Betriebsangehörigen »das Ekel« genannt wurde. Regines Aufgabe bei dieser allwöchentlichen Besprechung bestand darin, das Protokoll zu führen.
Regine war Chefsekretärin in dem mittelgroßen Familienunternehmen BROMBERG, das Sitzmöbel aller Art herstellte. Angefangen beim einfachen Plastikstuhl bis hin zum komfortablen Chefsessel.
Gleich nach dem Abitur hatte sie in dieser Firma ihre kaufmännische Ausbildung absolviert. Gern hatte man Regine im Anschluss daran übernommen. Und so arbeitete sie auch heute noch hier, seit einigen Jahren allerdings als rechte Hand des Chefs.
»Auf solch eine günstige Gelegenheit wartet ›das Ekel‹ doch nur«, brummelte Regine wütend vor sich hin, während sie rasch die Daunendecke zurückschlug und aus dem Bett sprang. Doch der Schwung, den sie dabei nahm, war vermutlich doch ein wenig zu rasant gewesen, denn die Folge davon war: Der Bettvorleger rutschte unter ihr auf dem glatten Boden weg … und Regine schlug der Länge nach aufs Parkett.
»Auhhh!«, schrie sie erschreckt auf und versuchte, noch ein wenig benommen von dem unerwarteten heftigen Sturz, wieder auf die Beine zu kommen. Um sich abzustützen, wollte sie ihre Hände zu Hilfe nehmen, doch auch dieser Versuch misslang kläglich. Ein heftiger Schmerz durchzuckte ihre rechte Hand.
Mit schmerzverzogenem Gesicht tastete Regine mit der Linken vorsichtig ihr rechtes Handgelenk ab, das bereits anzuschwellen begann.
»O nein! Nicht auch das noch!«, jammerte sie.
An diesem Morgen schien aber wirklich alles schiefzulaufen. Was konnte man von einem Tag noch erwarten, der mit lauter Katastrophen begann? Nichts. Rein gar nichts! Jedenfalls nichts Erfreuliches mehr.
Zunächst versuchte Regine nun auf die Füße zu kommen, ohne dabei die angeschlagene rechte Hand zu Hilfe zu nehmen. Gelang ihr das noch relativ gut, so erwies sich der Ausfall ihrer Hand bei der Morgentoilette und beim Anziehen als fast unüberwindbares Handicap.
Weitere kostbare Zeit ging verloren. Dass die Besprechung heute ohne sie stattfinden musste, war jetzt schon abzusehen.
Als Regine endlich angezogen und ausgehfertig war, hatte das geschundene Handgelenk mittlerweile einen beängstigenden Umfang angenommen. Dass an diesem Tag noch ein Gang zum Arzt unvermeidlich sein würde, erkannte sie auch als Laie. Aber erst für den Nachmittag würde sie sich einen Termin bei ihrem langjährigen Hausarzt geben lassen können, vorher fehlte es ihr dafür einfach an Zeit.
Pflichtbewusst wie sie war, ließ sich Regine ein Taxi kommen, um immerhin ein wenig der verlorenen Zeit aufzuholen. Selbst Auto zu fahren, war ihr mit nur einer gesunden Hand zu riskant.
So kam Regine an diesem Morgen mit erheblicher Verspätung an ihrem Arbeitsplatz an – wo ihr auch gleich von einer Kollegin brühwarm zugeraunt wurde, dass »das Ekel« ihre schärfste Konkurrentin, die kaum zwanzigjährige Ilka Grohe, heute das Protokoll führen ließ.
»Das habe ich schon vermutet«, antwortete Regine scheinbar leichthin. Keinesfalls wollte sie sich anmerken lassen, wie sehr sie sich gerade über diese Lösung ärgerte.
Regine, vor ein paar Wochen fünfunddreißig Jahre alt geworden, hatte sämtliche Stellen im Haus durchlaufen und ihren Job von der Pike auf gelernt, ehe sie als Chefsekretärin ins Vorzimmer befördert worden war.
Ihr damaliger Chef, Bromberg senior, hatte den persönlichen Einsatz seiner Angestellten für die Firma noch zu schätzen gewusst. Und so hatte er Regines Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit in der Weise honoriert, dass er ihr den Posten in seinem Vorzimmer angeboten hatte, als seine altgediente Sekretärin, die von allen geschätzte Frau Schröder, in den wohlverdienten Ruhestand gegangen war.
Als Regine deren Nachfolgerin geworden war, hatte sie gerade ihren dreißigsten Geburtstag gefeiert. Stolz und glücklich war sie über ihre Beförderung gewesen, bis der alte, kinderlose Firmenleiter unerwartet einem Herzleiden erlegen war und einer seiner Neffen den Familienbetrieb übernommen hatte.
Seitdem wehte hier ein ganz anderer Wind, denn bei dem sogenannten »Ekel« zählten plötzlich völlig andere Werte als Tüchtigkeit und Fleiß. Für ihn war eine tüchtige Mitarbeiterin gleichbedeutend mit einer jugendlichen Schönheit. Möglichst auffällig zurechtgemacht musste sie sein, und den richtigen Hüftschwung sollte sie ebenfalls beherrschen. Auch das gewisse herausfordernde Blitzen in den Augen durfte bei ihr nicht fehlen. So stellte sich »das Ekel« seine Vorzimmerdame vor.
All diese Eigenschaften vereinigte die zwanzigjährige Ilka Grohe in sich, der der Chef auf den langen Fluren des Hauses so oft wohlgefällig nachblickte. Eine wie sie hätte er, der stets so fortschrittlich und dynamisch tat, gern in seiner Nähe gesehen. Eine so frische, jugendliche Erscheinung wie Ilka war, nach seiner Meinung, das richtige optische Aushängeschild für die ererbte Firma. Nur hatte er – bisher – wohl noch keinen triftigen Grund finden können, die zwar elegante, jedoch keineswegs aufreizend gekleidete Sekretärin seines Vorgängers abzuschieben.
Nun, diese Gelegenheit war ihm heute unerwartet vom Zufall beschert worden …
Regine, die ihren Chef längst durchschaut hatte, machte sich da auch gar nichts vor. Aus diesem Grund verwünschte sie ihr morgendliches Pech umso mehr.
Mit ihrer geschwollenen, schmerzenden Hand blieben Regine heute nicht viel mehr Möglichkeiten, als das Telefon zu bedienen und ein wenig Ordnung im Büro zu schaffen.
Zunächst nahm sie sich einmal den überquellenden Ablagekorb vor. Seufzend begann sie die Durchschläge der längst erledigten Post in dem dafür vorgesehenen Ordner abzuheften.
***
»Darf ich einen Augenblick hereinkommen, Reginchen?« Der Kopf des Prokuristen Mark Schönsee erschien im Türspalt.
»Ja, komm nur, Mark. Und wenn du noch ein bisschen Trost zu verschenken hättest, wäre ich dir besonders dankbar. Heute lechze ich förmlich nach Streicheleinheiten«, bekannte Regine mit einem gequälten Lächeln, ohne dabei ihre Arbeit zu unterbrechen.
»Man munkelt, dass du einen Unfall gehabt hast«, begann Mark.
»So? Hat sich das bereits herumgesprochen?«
»Nicht nur das. Die ganze Firma ist auch schon darüber informiert, wer heute an deiner Stelle das Protokoll führt«, fuhr er fort.
»Vermutlich voller Schadenfreude«, spekulierte Regine.
»Das solltest du wirklich besser wissen, Reginchen«, antwortete Mark kopfschüttelnd und drückte ihr voller Mitgefühl einen zarten Kuss auf die Wange. »Du weißt, dass man dich hier sehr mag. Was hast du denn angestellt?«
Regine erstattete kurz Bericht.
»Wenn du sowieso schon verschlafen hattest, wäre es auf die paar Minuten auch nicht angekommen«, erwiderte Mark vorwurfsvoll. »Den Unfall hättest du also durchaus vermeiden können.«
»Das weiß ich jetzt auch«, seufzte Regine auf. »Trinkst du mit mir eine Tasse Kaffee, Mark?« Schon wieder milde gestimmt, unterbrach sie ihre Arbeit.
»Falls du eine übrig hast, gern.« Mark besah sich Regines angeschlagenes Handgelenk und zog die Stirn kraus. »Sag mal, und damit bist du noch nicht beim Arzt gewesen?«, fragte er fassungslos. »Eine solche Leichtsinnigkeit passt gar nicht zu dir, Regine!« Er blickte sie streng an. »Den Kaffee trinken wir ein andermal. Jetzt nimmst du deinen Mantel und siehst schleunigst zu, dass du zum Arzt kommst. Das Gelenk muss schnellstens geröntgt werden.«
»Ich dachte mir, das hätte Zeit bis heute Nachmittag. Bis dahin halte ich die Hand ja ruhig und belaste sie nicht. Außerdem habe ich mir gedacht, dass ›das Ekel‹», Regines Blick wanderte erschrocken zur Tür, die Gott sei Dank aber geschlossen war, »ruhig sehen soll, dass ich heute Morgen nicht einfach nur blaugemacht habe.«
»Überlass es ruhig mir, dass der Knilch von deinem Unfall erfährt«, brauste Mark wütend auf. »Ich werde ihm die Verletzung in den düstersten Farben schildern und ihm erklären, dass ich dich zum Arzt geschickt habe. Und nun ein bisschen dalli, Mädchen! Aber ruf mich an, sobald du vom Arzt kommst, ja? Deine Hand sieht böse aus.«
»Ich kann hier doch nicht einfach alles im Stich lassen!«, gab Regine zweifelnd zu bedenken.
»Und ob du das kannst!«, bestimmte Mark. »Wie kannst du bei dieser Schwellung nur so sorglos sein? Ich verstehe dich nicht, Reginchen.«
»Sorglos bin ich keineswegs!«, widersprach Regine leise. »Ich möchte dem Junior nur keine Gelegenheit geben, mich abzuschieben, weißt du. Du und ich, wir brauchen uns doch nichts vorzumachen, Mark. Auf eine solche Chance, mich loswerden zu können, wartet der doch nur.«
»Hör mal«, erklärte Mark nun resolut. »Ein solches Missgeschick kann jedem mal passieren. Das ist noch längst kein Grund, dich zu entlassen. Mach dir jetzt erst einmal darüber keine Gedanken, sondern sei endlich vernünftig und geh zum Arzt, ja?«
Mark öffnete den zweitürigen Schrank aus hellem Kiefernholz, der sowohl Regine als auch gelegentlich den Besuchern als Garderobe diente. Fürsorglich half er ihr in den weit schwingenden, tabakbraunen Tuchmantel.
Regine belohnte seine Hilfsbereitschaft mit einem dankbaren Lächeln. Doch als sie ihre rechte Hand durch den Ärmel steckte, verzog sie vor Schmerzen das Gesicht. Mark hatte mit seinem Rat, das Handgelenk so bald wie möglich röntgen zu lassen, wohl recht.
»Tut wohl ganz schön weh, was?«, fragte er mitfühlend.
»Hm. Ich ruf dich nachher an, Mark.«
Zwei Minuten später verließ Regine das Firmengelände.
***
Marks Fürsorge hatte der mit Zärtlichkeiten nicht eben verwöhnten Regine Helmbrecht eben sehr wohlgetan.
Zwischen ihr und Mark Schönsee, der geschieden war, bestand ein nettes, freundschaftliches Verhältnis.
Mark war fünf Jahre älter als Regine. Er hatte Betriebswirtschaft studiert und arbeitete fast ebenso lange im Betrieb wie sie selbst. Beide versuchten, ihre Freundschaft vor den Kollegen zu verbergen, indem sie einander siezten. In einem Betrieb dieser Größenordnung kam man zu leicht ins Gerede! Doch wenn sie sich allein wussten, schlugen sie einen kameradschaftlichen Ton an.
Mehr als gute Freundschaft war nie zwischen ihnen gewesen, obwohl Marks Scheidung schon viele Jahre zurücklag und Regine ebenfalls allein lebte. Sie mochten einander. Über den Grad dieser Zuneigung hatte keiner von ihnen je ernsthaft nachgedacht – jedenfalls galt das für Regine.
Ihre Jugend war recht ereignislos an ihr vorübergegangen, ohne große Gefühle, ohne stürmische Leidenschaften. Zwar hatte es vor vielen Jahren die eine oder andere Jugendschwärmerei gegeben … und einmal war sie auch längere Zeit mit einem Mann fest liiert gewesen. Doch dann war Regines Mutter eines Tages schwer erkrankt. Nach einem längeren Klinikaufenthalt war sie als Pflegefall nach Hause zurückgekehrt und von Regines ganzer Fürsorge abhängig gewesen.
An dieser schweren Pflicht war schließlich auch Regines Beziehung gescheitert. Seither hatte es keinen Mann mehr gegeben, der in ihrem Leben eine nennenswerte Rolle gespielt hätte. Für neue Bekanntschaften war ihr einfach keine Zeit mehr geblieben.
Seit anderthalb Jahren lebte ihre Mutter nun schon nicht mehr. Inzwischen verlief Regines Leben in eingefahrenen Bahnen.
Ihr Gesicht, das erste kleine Fältchen zeigte, war eigentlich hübsch – trotz eines gewissen Ausdrucks von Resignation. Das erste graue Haar, das hell zwischen ihren dunkelbraunen Haaren hervorgeschimmert hatte, hatte sie sich eines Morgens voller Entsetzen ausgerissen. Nein, im Grunde erwartete Regine, obwohl sie erst fünfunddreißig Jahre alt war, vom Leben nicht mehr sehr viel.
Regine bewohnte eine kleine, gemütliche, allerdings nicht gerade billige Mietwohnung, verdiente recht gut und hatte sich nach dem Tode ihrer Mutter zum ersten Mal einen ausgedehnten Jahresurlaub leisten können. Ihre Unabhängigkeit hatte auch ihre Vorteile. Sie konnte jetzt ab und zu eine Theateraufführung oder ein Konzert besuchen, ohne sich dabei voller Unruhe fragen zu müssen, ob zu Hause auch alles in Ordnung war.
Allerdings verspürte sie nach solchen Unternehmungen immer häufiger das Bedürfnis, ihre Eindrücke mit jemandem auszutauschen. Doch da war niemand!