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Die Nacht, die sie mit Lukas verbringt, ist unvergleichlich und die Erfüllung einer großen Sehnsucht. Aber sie ist auch zugleich die dunkelste in Annikas Leben, denn sie weiß, dass sie Lukas nicht an sich binden kann. Noch in der gleichen Nacht verlässt der geliebte Mann sie wieder, und sie ist allein.
Als wollte das Schicksal sie entschädigen, merkt die junge Frau schon bald, dass ihr außer der Erinnerung auch die Gewissheit bleibt, Lukas’ Kind empfangen zu haben.
Annikas Gefühle dem heranwachsenden Leben gegenüber sind jedoch zwiespältig: Einerseits liebt sie in ihm den Mann, zu dem sie alles drängt - andererseits wird das Baby sie ständig daran erinnern, dass sie unfähig war, Lukas zu halten.
Egal, welche Entscheidung sie auch trifft - die werdende Mutter steht vor schier unlösbaren Problemen ...
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Schenk jedem Tag ein neues Lächeln
Vorschau
Impressum
Schenk jedem Tag ein neues Lächeln
Eine junge Frau, ein kleines Mädchen und eine Zukunft voller Sonnenschein
Von Heide Prinz
Die Nacht, die sie mit Lukas verbringt, ist unvergleichlich und die Erfüllung einer großen Sehnsucht. Aber sie ist auch zugleich die dunkelste in Annikas Leben, denn sie weiß, dass sie Lukas nicht an sich binden kann. Noch am gleichen Abend verlässt der geliebte Mann sie wieder, und sie ist allein.
Als wollte das Schicksal sie entschädigen, merkt die junge Frau schon bald, dass ihr außer der Erinnerung auch die Gewissheit bleibt, Lukas' Kind empfangen zu haben.
Annikas Gefühle dem heranwachsenden Leben gegenüber sind jedoch zwiespältig: Einerseits liebt sie in ihm den Mann, zu dem sie alles drängt – andererseits wird das Baby sie ständig daran erinnern, dass sie unfähig war, Lukas zu halten.
Egal, welche Entscheidung sie auch trifft: Die werdende Mutter steht vor schier unlösbaren Problemen ...
Das Kaufhaus am Markt glich an den Wochenenden stets einem Bienenstock. Besonders die Berufstätigen erledigten dann ihre Einkäufe, falls sie nicht gleich im Internet bestellten. Wer hatte schon an gewöhnlichen Wochentagen die Muße, abends, in der kurzen Zeitspanne zwischen Feierabend und Geschäftsschluss, noch shoppen zu gehen?
Annika Gladitz, zweiundzwanzig Jahre alt, blond und bildhübsch, jedenfalls nicht.
Auch sie kämpfte sich an diesem Freitagnachmittag Anfang Mai durch die Menge. Die schönste Zeit des Jahres wollte sie unbedingt in einem neuen Kleid erleben.
Dieses fand sie auf Anhieb in der Damenabteilung im dritten Stock. Gleich auf den ersten Blick verliebte sie sich in einen Traum aus meerblauem Seidenleinen.
Obwohl sie zum Vergleich noch einige andere Kleidungsstücke probierte, kam sie dennoch auf das erste zurück. Nur der Preis, von dem sie in ihrer Euphorie keine Notiz genommen hatte, versetzte ihr einen kleinen Schock.
Besorgt dachte Annika an das beträchtliche Loch, das dieser Kauf in ihre Kasse reißen würde. Schließlich brauchte sie auch noch passende Schuhe.
Eine Verkäuferin, die sich in dem engen Gang mit einem Arm voll Kleidern an Annika vorbeizwängte, wandte sich erschrocken um, als Annika gequält aufseufzte.
»Oh! Habe ich Ihnen wehgetan?«, fragte sie teilnahmsvoll.
Annika verdrehte die Augen.
»Nein. Mein Seufzen galt dem Preis.« Sie deutete auf das Kleid. »Könnte man daran vielleicht noch etwas machen?«
»Tut mir leid«, bedauerte die Verkäuferin. »Das ist ein Stück aus unserer allerneuesten Kollektion. Dafür gibt es zu diesem Zeitpunkt leider keinerlei Preisnachlass. Aber wir haben dort drüben etliche hübsche Kleider zu reduzierten Preisen. Vielleicht gefällt Ihnen da ja das eine oder andere Stück?«
Nein, Annika wollte kein anderes Kleid. Sie wollte das meerblaue. Und wenn an dem Preis nicht zu rütteln war, musste sie eben in den sauren Apfel beißen. Unter Umständen ließen sich auch Abstriche bei den Schuhen machen.
Zwar strebte Annika wie alle jungen Leute die Karriereleiter nach oben und damit ein besseres Gehalt an. Aber noch war sie weit von ihrem gesteckten Ziel entfernt.
In der Privatbank Brünner gab es keinen schnellen Aufstieg. Schuld daran trug der fast achtzigjährige Seniorchef, ein Mann vom alten Schlag, der nach wie vor den Chefsessel besetzt und die Fäden fest in der Hand hielt.
Auch sein einziger Sohn hatte seinen Job von der Pike auf lernen müssen. Ihm waren seitens des Vaters keine besonderen Privilegien zuerkannt worden, und selbst jetzt, im besten Mannesalter, durfte er noch immer keine weitreichenden Entscheidungen selbst treffen. Jeder Mitarbeiter in der Bank wusste, dass das Sagen nach wie vor »der Alte« hatte. Und bei diesem galt vor allem: Selbst der fähigste Untergebene, ob Frau oder Mann, musste sich mit Fleiß und Ausdauer nach oben arbeiten.
Deshalb hielt sich Annikas Gehalt im Vergleich zu dem mancher ihrer Freundinnen gleichen Alters immer noch in bescheidenen Grenzen. Doch den Arbeitsplatz wechseln wollte sie nicht. Ihr gefiel ihr Platz als Sekretärin in der Bank Brünner.
Also zahlte Annika trotz des kargen Einkommens schweren Herzens den geforderten Preis. Ihr nächstes Ziel war die Schuhabteilung. Hier fand sie zu ihrer Überraschung eine hübsche, aber günstige Tasche. Zu ihrem Leidwesen machte der Schuhkauf dies aber sofort wieder wett.
Mittlerweile befand sich Annika in einem wahren Kaufrausch. Als ihr beim Gang durch die Wäscheabteilung auch noch ein zauberhaftes Negligé im Weg war, erstand sie auch noch diesen lachsfarbenen Traum von einem Nachtgewand.
Danach wurde es jedoch dringend nötig, in die Realität zurückzukehren. Ihr schwindelte beim Addieren der Ausgaben.
Rasch versuchte sie, sich ihr Bild in dem neuen Outfit vorzustellen. Ein wenig selbstverliebt durfte ein junger Mensch im Frühling schon sein. Das brachte diese Jahreszeit so mit sich.
Ob Papa ...?, überlegte Annika.
Sie verstand es, mit ihm umzugehen. Besonders wenn sie mal wieder knapp bei Kasse war.
Welcher Vater konnte schon einer hübschen schmeichelnden Tochter widerstehen? Sicher würde es ihr auch diesmal gelingen, seiner Brieftasche einen Schein zu entlocken, der sie über die nächsten Tage brachte. Was das Essen betraf, da war Annika ohnehin bescheiden. Dafür kleidete sie sich gern gut.
Mit Tüten beladen steuerte Annika auf die Rolltreppe zu.
Buchstäblich im letzten Augenblick erinnerte sie sich ihrer hochhackigen Stilettos mit den dünnen Absätzen. Das fehlte noch, dass sie mit diesen in einer der Rillen stecken blieb.
Also machte sie kehrt und ging zu den Fahrstühlen hinüber. Gerade öffneten sich die Türen. Ein Pulk Kauflustiger drängte hinaus, andere wieder hinein. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis die Kabine restlos voll war.
Eingekeilt zwischen abgehetzt wirkenden Menschen spürte Annika, wie sich etwas störend in ihren Rücken bohrte. Darum war sie froh, als die Fahrt zu Ende war und der Lift im Erdgeschoss hielt.
Und dann ging alles blitzschnell ...
♥♥♥
Kaum dass sich die Türen geöffnet hatten, bekam Annika einen Stoß, der sie vorwärts und frontal gegen einen Menschen schleuderte, der von dem Anprall selbst ins Wanken geriet.
Annika drehte sich um und schoss aus graugrünen Augen wütende Blitze ab. Hinter ihr bahnte sich eine Frau mittleren Alters mit einem lächerlich verrutschten Hut rücksichtslos den Weg durch die Menge.
»Können Sie nicht warten, bis die Leute vor Ihnen ausgestiegen sind?«, beschwerte sich Annika.
Die Frau jedoch tat, als habe die Frage gar nicht ihr gegolten. Das große Paket vor sich herschiebend, drängte sie sich ungerührt weiter.
Erst jetzt wurde Annika bewusst, dass jemand sie noch immer am Ellenbogen gefasst hielt. Sie spürte, wie verlegene Röte ihr Gesicht überzog.
»Entschuldigen ... Sie ... bitte ...«, stammelte Annika. »Ich wollte Sie wirklich nicht ...« Sie bekam große runde Augen, als sie die Person erkannte, gegen die sie so unsanft gedrängt worden war. »Lukas – du?«, fragte sie verblüfft.
»Das gibt es doch nicht! Die Annika!« Der Angesprochene lachte. »Du hast ja mächtig viel Schwung.«
»Ungewollt. Absolut ungewollt«, verteidigte sich Annika.
Sie traten zur Seite, weil sie ein Hindernis bildeten.
»Ich glaube, nach der Schulzeit haben wir uns nie mehr gesehen«, überlegte Lukas laut.
»Ja, es sind etliche Jahre vergangen«, bestätigte Annika.
»Was machst du so?«, wollte Lukas wissen. »Verliebt? Verlobt? Oder bist du inzwischen sogar verheiratet?«
»Zurzeit nichts von allem«, antwortete Annika lächelnd.
»Du, ich wollte eben ins Restaurant hinauffahren und eine Tasse Kaffee trinken«, sagte Lukas. »Hättest du nicht Lust mitzukommen? Ich lade dich ein. Plaudern wir ein wenig über zurückliegende Zeiten, ja?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Annika zögernd. »So mit den vielen Paketen ...«
»Kein Problem«, beschwichtigte Lukas. »Ich helfe dir tragen. Und nachher fahre ich dich noch bis vor deine Haustür, wenn du nicht mit dem eigenen Wagen da bist.«
»Zum Einkaufen fahre ich immer mit der Straßenbahn in die Stadt – wegen der Parkplatzknappheit«, erklärte Annika. »Sie hält fast vor meiner Haustür.«
»Also überleg nicht lange«, drängte Lukas und knuffte sie kumpelhaft in die Seite. »Komm schon!«
»Na schön«, gab Annika nach.
Zusammen mit dem nächsten Schub Kauflustiger ließen sie sich wieder in die oberste Etage befördern.
Das Restaurant war überfüllt. Doch als sie suchend durch die Gänge streiften, hatten sie Glück. Unmittelbar neben ihnen erhob sich ein Pärchen und machte zwei Plätze frei, die sie sofort belegten.
Bei Kaffee und einem Stück Erdbeerkuchen waren sie bald in ein munteres Gespräch vertieft. Sie waren selbst erstaunt, wie viele lustige Begebenheiten ihnen aus der Schulzeit wieder einfielen. Sie fragten sich wechselseitig nach diesem oder jener ihrer Klassenkameraden, von denen sie seit Langem nichts gehört hatten, und tauschten schließlich Erfahrungen aus dem Berufsleben aus.
Dabei erfuhr Annika, dass Lukas nach bestandenem Abitur Betriebswirtschaft studiert hatte und nun bei einer namhaften Firma auf einem aussichtsreichen Platz saß.
Der Nachmittag verging wie im Flug. Schließlich schlug Lukas vor, einen Lokalwechsel vorzunehmen.
»Es wird immer voller. Ist dir das schon aufgefallen? Man versteht bald sein eigenes Wort nicht mehr. Lass uns woanders hinfahren!«
»Und wo bleibe ich mit dem ganzen Gepäck?«, wollte Annika wissen.
»Das verstauen wir im Auto«, antwortete Lukas.
»Schon mal was von Wagenaufbrüchen gehört?«, hielt Annika dagegen.
Nur mit Schaudern stellte sie sich vor, dass ihr eben erst für teures Geld erworbenes Outfit einem Dieb in die Hände fallen könnte.
»Wenn du willst, bringen wir die Pakete erst zu dir nach Hause«, bot Lukas an. »Oder wohnst du weit außerhalb?«
»Östlich des Stadtparks. Dort, wo die neuen Hochhäuser stehen«, erklärte Annika.
»Das ist doch ein Katzensprung«, meinte Lukas. »Bei mir wäre das schon schwieriger. Mich hat es in das dörfliche Milieu verschlagen. Ich wohne zwanzig Kilometer außerhalb der Stadtgrenze in Mühlengrube, wenn dir das überhaupt ein Begriff ist. Drei Bauern und fünf Häuser, gefühlt. Und wo du hinschaust, nichts als Natur. Aber eine überaus reizvolle. Du müsstest mich gelegentlich einmal besuchen kommen, falls du Ruhe suchst. Also: Was ist nun?«
»Einverstanden«, stimmte Annika zu.
»Bedienung!«, rief Lukas. »Die Rechnung, bitte ...«
♥♥♥
Auf der Fahrt zu Annikas Wohnung verebbte vorübergehend das Gespräch. Sie waren in den großen Feierabendverkehr gekommen.
Während Lukas konzentriert fuhr, eilten Annikas Gedanken um ein Jahrzehnt zurück. Sie sah sich wieder als blondhaarigen mageren Teenager mit langen Zöpfen.
Damals schon hatte sie sich bis über beide Ohren in den schwarzäugigen Lukas Horbach verliebt. Und er hatte nie etwas davon bemerkt, dass sich daran bis zu dem Tag, als das Ende der gemeinsamen Schulzeit sie trennte, nie mehr etwas geändert hatte.
Sie bogen in die Straße ein, in welcher Annika eine kleine Zweizimmerwohnung hatte, als ihr plötzlich eine Idee kam.
»Eigentlich brauchen wir gar nicht in ein Lokal zu gehen«, meinte sie. »Einen kleinen Imbiss kann ich uns auch machen. Was hältst du davon, Lukas?«
Er überlegte. »Ich möchte aber nicht, dass du stundenlang in der Küche stehst. Nicht meinetwegen.«
»Wer redet denn von ›stundenlang‹? Brauchst du immer so viel Zeit, um ein paar Sachen auf einem Tablett herzurichten?«, fragte sie amüsiert. »Und essen muss ich selbst ja sowieso.«
»Wenn du das so siehst«, meinte Lukas. »Mir ist es recht. Bin schon überredet.«
»Dann fahr rechts um die Ecke«, wies Annika ihn an. »Dort ist der Parkplatz, der zu unserem Komplex gehört.«
»Hübsch hast du's hier«, sagte Lukas wenig später anerkennend. »Klein, aber oho.« Er schaute sich um. »Wohnst du schon lange hier?«
»Seit ungefähr vier Jahren«, erklang es aus der Küche. »Anfangs habe ich die Wohnung noch mit einer Freundin geteilt – wegen der Miete, weißt du? Aber die hat inzwischen geheiratet. Jetzt kann ich die Kosten auch allein tragen.«
Annika kam mit einem Tablett herein, auf dem sie Brot, Butter, Aufschnitt und Tomaten hübsch angerichtet hatte. Sie ging zum Schrank und nahm Geschirr heraus. Dann holte sie Wasser und Tee.
Lukas hatte inzwischen in einem der beiden Sessel Platz genommen.
»Nimmst du Zucker oder Zitrone?«, fragte Annika.
»Zitrone, bitte«, antwortete Lukas.
Sie ließen es sich schmecken, redeten dabei und lachten viel.
Nach dem Essen wollte Annika wissen: »Magst du ein Glas Wein? Mein Vater, der die permanente Ebbe in meiner Kasse kennt, hat mir zum Geburtstag eine ganze Kiste geschenkt. ›Damit du deine Besucher wenigstens bewirten kannst‹, wie er sich ausgedrückt hat.«
»Gegen ein Glas Wein hätte ich nichts einzuwenden«, erwiderte Lukas.
Es blieb nicht bei dem einen Glas. Und doch verflog die ausgelassene Stimmung, als sich einmal zufällig ihre Hände berührten.
Lukas kam um den Tisch herum und setzte sich zu Annika auf das kleine Sofa mit den vielen bunten Kissen.
Plötzlich war das kleine Zimmer angefüllt mit knisternder Leidenschaft. Annikas Nerven begannen zu vibrieren. Sie fühlte sich wieder wie das blondbezopfte, sehnsuchtsvolle junge Mädchen, und ihr wurde klar, dass sie sich abermals in Lukas verliebt hatte.
Atemlos spürte sie, wie sich sein Gesicht in ihren Haaren vergrub, seine warmen Lippen ihren Nacken streichelten.
Noch hätte sie die Kraft aufbringen können, sich seinen Liebkosungen zu entziehen. Aber sie tat es nicht, sondern ließ es willenlos geschehen, dass seine Hände auf Erkundungsreise gingen.
»Wie gut dein Haar duftet«, hörte sie Lukas raunen. »Ich muss dir ein Geständnis machen: Schon während unserer Schulzeit war ich wahnsinnig in dich verliebt. Du hast es nur nie bemerkt. Du warst mir gegenüber immer so abweisend, dass ich mich nie getraut habe, es dir zu zeigen. Und heute hat es mich wieder voll erwischt. Ich habe mich wieder in dich verliebt.«