Familie mit Herz 147 - Heide Prinz - E-Book

Familie mit Herz 147 E-Book

Heide Prinz

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Beschreibung

»Alle Kinder haben einen Papi, bloß ich nicht! Warum?!« Herausfordernd und entschlossen blitzt die achtjährige Melisande ihre Mutter an.
Jetzt ist er also da, der Moment, vor dem sich Ricarda seit der Geburt ihres kleinen Mädchens am meisten gefürchtet hat. Doch sie weiß, dass ihre Tochter nun keine Ruhe mehr geben wird, bis sie die Wahrheit kennt. Was kann sie nur tun, damit die zarte Kinderseele daran nicht zerbricht?


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Seitenzahl: 107

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Mein Papi, der geheimnisvolle Unbekannte

Vorschau

Impressum

Mein Papi, der geheimnisvolle Unbekannte

Doch ein Kindwill die Wahrheit wissen

Von Heide Prinz

»Alle Kinder haben einen Papi, bloß ich nicht! Warum?!« Herausfordernd und entschlossen blitzt die achtjährige Melina ihre Mutter an.

Jetzt ist er also da, der Moment, vor dem sich Ricarda seit der Geburt ihres kleinen Mädchens am meisten gefürchtet hat. Doch sie weiß, dass ihre Tochter nun keine Ruhe mehr geben wird, bis sie die Wahrheit kennt. Was kann sie nur tun, damit die zarte Kinderseele daran nicht zerbricht?

Das Tastaturstakkato, blitzschnell wie die Salven aus einem Schnellfeuergewehr, brach jäh ab, als ein Anruf hereinkam.

»Anwaltskanzlei Doktor Kerschbaum«, meldete die Assistentin Ricarda Zander sich mit verbindlich klingender Stimme. »Zander am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«

»Verbinden Sie mich bitte mit Doktor Kerschbaum«, verlangte eine wohlklingende Männerstimme recht energisch.

»In welcher Angelegenheit möchten Sie Herrn Doktor Kerschbaum denn sprechen, bitte?«, erkundigte sich Ricarda geschäftsmäßig.

Sie fragte nicht aus Neugierde. Die geschulte Assistentin wusste, dass sie nicht jeden x-beliebigen Anrufer zu ihrem viel beschäftigten Chef durchstellen durfte. Als kompetente Allroundkraft in einer aufstrebenden Anwaltskanzlei hatte sie schnell gelernt, wichtige von minder wichtigen Anrufen zu unterscheiden. Mit ihrer sensiblen Art im Umgang mit Klienten gelang es ihr stets, dem Chef geringfügige Angelegenheiten wenigstens so lange vom Hals zu halten, bis er etwas mehr Zeit erübrigen und sich auch kleineren Fällen widmen konnte. Wie beispielsweise Beschwerden über anhaltendes Hundegebell oder zu weit über Nachbars Zaun hinausragende Äste.

Ricarda kannte ihren Chef mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er äußerst ungehalten reagieren konnte, wenn er wegen Geringfügigkeiten aus dem Studium eines komplizierten Vorgangs herausgerissen wurde. Und momentan steckte er in einem solchen.

»In welcher Angelegenheit?«, fragte der Anrufer aufgrund von Ricardas Nachfrage nun etwas spöttisch. »Kindchen, es muss nicht immer ein tieferer Sinn dahinterstecken, wenn man jemanden sprechen möchte«, wies er sie mit sanftem Vorwurf zurecht. »Könnten Sie sich vielleicht auch vorstellen, dass mal jemand einfach nur so Hallo sagen möchte? Oder kommt so etwas in eurer Kanzlei nie vor?«

Bei der Bezeichnung »Kindchen« und seinem Ton, von oben herab mit ihr zu reden, war Ricarda vor Ärger dunkelrot angelaufen.

Was bildete dieser Kerl sich ein, sie »Kindchen« zu titulieren und sie wie ein Schulmädchen zu behandeln?

Wegen dieser arrogant-herablassenden Art würde sie ihn nun gerade nicht durchstellen. Mochte er von ihr aus später wieder anrufen. Oder am besten gar nicht mehr. Leute, die glaubten, sich einer Angestellten gegenüber alles erlauben zu können, mochte Ricarda überhaupt nicht.

»Tut mir leid«, antwortete sie deshalb mit schneidender Kälte in der Stimme, »Sie müssten mir schon kurz sagen, worum es geht. Vielleicht können wir einen Besprechungstermin ausmachen? Ich kann Herrn Doktor Kerschbaum im Moment nicht stören. Er befindet sich gerade in einem Termin mit einem wichtigen Klienten«, log sie.

»Versuchen Sie's trotzdem«, beharrte der Fremde. »Für das, was ich ihm – und nur ihm – zu sagen habe, reichen ein paar Sekunden.«

»Tut mir leid, auch dann geht es jetzt nicht.«

Akustisch lag Bedauern in ihrer Stimme. Tatsächlich aber freute sich Ricarda diebisch, sich auf diese Weise für seine Herablassung rächen zu können. An ihr sollte er sich noch die Zähne ausbeißen.

Doch diese Rechnung hatte Ricarda offenbar ohne den Wirt gemacht. Es schien diesem Unsympathen am anderen Ende der Leitung richtig Spaß zu machen, sich mit ihr auf eine Kraftprobe einzulassen. Auf jeden Fall ließ er sich nicht einfach abspeisen, verlegte sich nach seiner anfänglichen Forderung aber immerhin aufs Bitten und schließlich sogar aufs Schmeicheln.

Am Ende der fruchtlosen Diskussion gab Ricarda widerwillig nach, darauf gefasst, vom Chef einen Anpfiff zu bekommen, weil sie ihm nicht sagen konnte, in welcher Angelegenheit ihn der Anrufer zu sprechen wünschte.

»Hat er denn wenigstens seinen Namen genannt?«, wollte Dr. Kerschbaum dann auch genauso ungehalten wissen, wie Ricarda dies erwartet hatte.

»Bornstätt«, gab sie Auskunft.

Augenblicklich schien sich die Stimmung ihres Chefs zu bessern.

»Etwa Adrian Bornstätt?«, fragte er lebhaft nach.

»Seinen Vornamen hat er nicht genannt.«

»Stellen Sie durch, Kiki«, wies Dr. Kerschbaum sie an.

Daran, dass er sie »Kiki« nannte, erkannte Ricarda, dass ihr Chef besonders guter Laune war.

»Phh!«, sagte sie schulterzuckend, aber so, dass keiner von beiden dies hören konnte.

Dann stellte sie resigniert das Gespräch ins Chefbüro durch.

Während Ricarda in der gewohnten Geschwindigkeit weiter an der langen Vereinbarung schrieb, die erst halbfertig war, warf sie zwischendurch immer mal wieder einen Blick auf den Telefonapparat, an dem das rote Lämpchen anzeigte, dass die telefonische Verbindung immer noch bestand.

Wie lang so »ein paar Sekunden« doch mitunter sein konnten! Hoffentlich verriet ihr Chef wenigstens nicht, dass sie mit dem imaginären Klienten, der angeblich bei ihm war, gelogen hatte. Das konnte bei einem etwaigen späteren Besuch des Anrufers sonst peinlich für sie werden.

Nach einer Viertelstunde erlosch das Lämpchen endlich.

Das Gespräch war beendet.

Und danach vergaß Ricarda vor lauter Betriebsamkeit den unsympathischen Anrufer schnell wieder, zumal ihr Chef ihr keinen Besprechungstermin durchgegeben hatte, den sie notieren sollte.

Sie wurde erst wieder am Nachmittag an ihn erinnert ...

♥♥♥

Gut gelaunt und mit elastischen Schritten betrat der Rechtsanwalt Dr. Jonas Kerschbaum, ein hochgewachsener Mann von zweiunddreißig Jahren, kurz vor Feierabend den Empfangsbereich seiner Kanzlei.

Kerschbaum trug sein volles kastanienbraunes Haar nur wenige Zentimeter lang. Er hatte männlich-markante Gesichtszüge, die ihn entschlossen wirken ließen, aber ihm nicht unbedingt das Aussehen eines Richard Gere verliehen.

Sein eckiger Schädel zeichnete ihn als einen Menschen aus, der notfalls mit dem Kopf durch die Wand ging, wenn sich ihm Hindernisse in den Weg stellten. In seiner ganzen maskulinen Gesamterscheinung wirkte er auf seine Klienten Vertrauen einflößend und vor Gericht unbeugsam. So wie jemand, der immer genau wusste, was er erreichen wollte.

Ein Netz dünner Lachfältchen seitlich seiner grauen Augen deutete darauf hin, dass er auch Humor besaß.

Mit wenigen Schritten durchquerte Dr. Kerschbaum den quadratischen Raum, zwischen dessen zwei hohen schmalen Altbaufenstern sich eine kleine gepolsterte Sitzgruppe für wartende Besucher befand. Er hockte sich seitlich halb auf den Schreibtisch seiner Assistentin und ließ ein Bein herabbaumeln, während er mit den Zehenspitzen des anderen Fußes gerade noch eben den Boden berühren konnte. Lächelnd schaute er Ricarda an.

»Heute Abend schon etwas vor, Kiki?«, fragte er.

Ricarda, die es gewohnt war, dass ihr Chef sie, seine einzige Angestellte, mitunter bat, die eine oder andere Überstunde zu machen, um noch etwas Dringendes für ihn zu schreiben – besonders wenn er am folgenden Tag einen Gerichtstermin hatte –, schüttelte den Kopf.

»Falls es um die Vereinbarung Hergenröth geht – die ist bereits fertig«, erwiderte sie und deutete mit dem Kinn auf einen Stoß blauer Unterschriftenmappen auf der anderen Seite ihres Schreibtisches. »Liegt signierbereit in der obersten Mappe. Falls es sonst etwas Wichtiges gibt, was noch erledigt werden sollte: Ich könnte heute länger bleiben.«

Ricarda sagte das nicht nur, um Dr. Kerschbaum einen Gefallen zu tun. Sie schätzte es auch, dass er ihre gelegentlichen Überstunden stets übertariflich bezahlte.

Jonas Kerschbaum betrachtete seine Assistentin so eingehend, als sähe er sie heute zum ersten Mal richtig.

Eine außergewöhnliche hübsche Frau, schoss es ihm durch den Kopf. Schlank, kurvig gebaut, strahlend blaue Augen und feingliedrige Hände. Und dazu dieses glänzende, bis fast zu den Hüften reichende pechschwarze Haar, das von zwei neben den Schläfen geflochtenen und am Hinterkopf von einer braunen Haarspange zusammengefügten Zöpfen aus dem Gesicht gehalten wurde.

Doch. Er konnte es wagen. Mit dieser attraktiven Zweiundzwanzigjährigen an seiner Seite musste jeder Mann überall eine gute Figur machen.

Ricarda wurde unter den seltsam forschenden Blicken ihres Chefs unsicher.

»Das wollten Sie doch sicher wissen, ob ich heute länger bleiben kann, oder?«, fragte sie, durch sein Schweigen allmählich argwöhnisch geworden.

Jonas Kerschbaum schmunzelte. »Ich habe eigentlich nicht an Überstunden in diesem Sinne gedacht, sondern ich habe eher ein Attentat auf Sie vor. Doch ehe ich Sie um diesen Gefallen bitte, müsste ich erst wissen: Haben Sie einen festen Freund, Kiki?«

Ricarda, die plötzlich den Eindruck hatte, ihr Chef, von dem sie wusste, dass er mit der Tochter eines Bankdirektors verlobt war, wolle sich mit ihr verabreden, wurde dunkelrot vor Verlegenheit.

Wie sollte sie sich in so einem Fall verhalten?

»N-nein«, antwortete sie zögernd. »Einen festen zurzeit nicht. Warum?«

»Könnten Sie sich entschließen, mich heute Abend zu einem Essen zu begleiten?«, fragte Jonas Kerschbaum dann.

Doch als er Ricardas ablehnend-vorwurfsvollen Blick gewahrte, lachte er laut heraus. Danach fing er sich sofort wieder.

»Entschuldigen Sie, dass ich lachen musste, Kiki«, bat er gleich darauf mühsam beherrscht, »aber Sie haben mich gründlich missverstanden. Mussten Sie wahrscheinlich auch, nachdem ich mich so missverständlich ausgedrückt habe. Nein, ich wollte Ihnen, weiß Gott, kein unmoralisches Angebot machen. Ich bitte Sie nicht, mich, sondern einen guten Freund von früher zu begleiten. Allein mit einer anderen auszugehen, würde meine Verlobte gar nicht zulassen – so hochgradig eifersüchtig, wie sie ist«, fügte er schmunzelnd hinzu. »Eher würde sie mir die Augen auskratzen.«

Sein Blick glitt ebenso amüsiert wie bewundernd über Ricarda hin, dann bemerkte er: »Was man ihr bei einer so schönen Frau wie Ihnen auch gar nicht verdenken könnte.«

Gleich wurde er wieder ernst und fuhr im Thema fort: »Nein, es handelt sich um die Begleitung für den hartnäckigen Anrufer von heute Vormittag. Da hat Ihnen mein alter Schulfreund Adrian Bornstätt wohl ein bisschen zu heftig zugesetzt, als Sie ihn nicht zu mir durchstellen wollten, nehme ich an. Wir haben uns viele Jahre lang nicht mehr gesehen, und er ist gerade hier auf der Durchreise. Er hat mich und meine Verlobte für heute um acht Uhr ins ›Hilton‹ zum Essen eingeladen, mich aber gebeten, ihm auf jeden Fall auch eine nette, attraktive Dame mitzubringen. Attribute, die auf Sie wie zugeschnitten sind. Wie wär's, Kiki? Hätten Sie Lust auf dieses Date?« Jonas Kerschbaum zwinkerte ihr belustigt zu. »Ich muss Sie allerdings gleichzeitig mit dieser Frage vor Adrian warnen, Kiki. Sie müssten Ihr Herz schon fest in der Hand behalten. Adrian ist nämlich ein unwiderstehlicher Charmeur, müssen Sie wissen. Ein richtiger Frauentyp, der schon auf der Schule allen Mädchen die Köpfe verdreht hat. Würden Sie es sich unter diesen Umständen trotzdem zutrauen, einen Abend lang seine Begleiterin zu mimen? Allerdings nur, wenn Sie heute wirklich nichts Besseres zu tun haben und sich freiwillig dazu entschließen könnten!«, betonte er. »So etwas gehört keinesfalls zu Ihren Pflichten als meine Angestellte, das möchte ich ausdrücklich hervorheben. Sie würden mit Ihrer Zusage lediglich mir einen Gefallen erweisen. Aber falls Sie lieber Nein sagen wollen, Kiki – Schwamm drüber, und wir vergessen die ganze Angelegenheit. Ich werde dann schon irgendwie auch anders zurechtkommen.«

Die Skizzierung jenes Mannes, den Sie als herablassend und arrogant eingestuft hatte, hatte Ricarda nun doch neugierig gemacht. Außerdem würde Sie ihm mit betonter Liebenswürdigkeit seine an den Tag gelegte Herablassung ihr gegenüber gut heimzahlen können. Trotzdem wollte sie noch nicht sofort einwilligen.

»Macht Herr Bornstätt hier Station auf der Weiterreise zu einem Urlaubsort?«, erkundigte sie sich.

Dr. Kerschbaum schüttelte den Kopf.

»Er tritt in Holland ein neues, ich glaube, sein erstes längerfristiges Engagement an, wenn ich ihn recht verstanden habe. Adrian scheint auf dem besten Weg zu sein, einmal ein berühmter Dirigent zu werden. Noch hat er keinen großen Namen. Aber bei ihm könnte ich mir durchaus vorstellen, dass er es noch dahin schafft.« Jonas Kerschbaum blinzelte belustigt. »Zumindest, dass ihm die Damenwelt ergeben zu Füßen liegen wird, dürfte ihm bei seinem Charme und seinem fabelhaften Aussehen garantiert sein. Falls ich Sie also zu einem gemeinsamen Abend mit uns dreien überreden könnte – mit ihm blamieren oder sich in Adrians Gesellschaft langweilen, das werden Sie sich bestimmt nicht. Darauf haben Sie mein Wort, Kiki.« Er sah Ricarda erwartungsvoll an. »Also? Was meinen Sie? Könnten Sie mir aus dieser Verlegenheit heraushelfen?«

Gleich im Anschluss an das vormittägliche Telefonat hätte Ricarda dieses Ansinnen gewiss weit von sich gewiesen. Doch mit den Vorschusslorbeeren, die ihr Chef diesem »hochmütigen Unsympathen«, wie sie jenen Anrufer noch immer bei sich nannte, gab, hatte er ihre weibliche Neugierde geweckt. Nur wollte Ricarda das nicht zu deutlich zeigen.

Mit der den meisten Frauen angeborenen weiblichen List gelang es ihr aber, sich letztendlich von Jonas Kerschbaum zur Begleitung seines Freundes, dieses unwiderstehlichen Charmeurs, »überreden« zu lassen.

♥♥♥

Ricarda, die sich in Anbetracht der vornehmen Umgebung, in der man sich treffen würde, für das sogenannte »kleine Schwarze« mit einem etwas gewagt tiefen Ausschnitt entschieden hatte, erkannte auf den ersten Blick, dass die »Vorwarnung« ihres Chefs durchaus berechtigt gewesen war.