Kriminelle und andere Machenschaften - Brigitta Rudolf - E-Book

Kriminelle und andere Machenschaften E-Book

Brigitta Rudolf

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Beschreibung

Kurze Kriminalgeschichten, nicht ganz ernst gemeint. Auch für Nicht-Krimi-Leser geeignet.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort – Mord und Totschlag

Die Kakteen waren schuld

Treuetest

Eva und der Killer

Mord im Milieu

Der Banküberfall

Entführt

Der Brandanschlag

Rachegelüste

Ein folgenschwerer Verlust

Im Nibelungenviertel

Lottogewinn

Heiratsschwindel

Schöne Bescherung

Baby Blues

Stalking

Daddy Cool

Der Psychopath

Die Abrechnung

Geballte Frauenpower

Ungesühnt

Schiff Ahoi

Waidmannsheil

Die Kur

Kaufhausdiebstahl

Mein Motiv war Liebe

Ein perfider Plan

Gefährliche Liebesspiele

Knastbrüder

Rentner WG

Schwarze Witwe

Ein ungewöhnlicher Fang

Kleptomanie

Todesengel

Berufsrisiko

Der Exhibitionist

Nur der Tod schließt alle Türen endgültig

Mord und Totschlag

Leichen pflastern meinen Weg! Doch, doch, das stimmt schon. Es waren Männer und Frauen jeder Rasse, Haar- und Hautfarbe.

Jedenfalls waren alle meine bisherigen Opfer unterschiedlichen Alters, teilweise schon durch Krankheiten vorgeschädigt oder aber vollkommen gesund. Sie waren meistens sympathisch, aber auch schon mal echte Kotzbrocken, und alle lebten an den verschiedensten Orten und unter völlig anderen Lebensumständen. Etliche hatten Geld, andere weniger oder gar nichts.

Auch ihre diversen Todesarten waren total verschieden. Einige habe ich in den Suizid getrieben, andere sind erstochen oder erschossen worden, hatten einen Autounfall oder wurden erdrosselt. Manche habe ich selbstverständlich auch ertrinken lassen. Gift ist ebenfalls eine beliebte Methode, und wird vor allem von den Frauen hoch geschätzt! Ein Unfall in den Bergen macht sich immer gut, ebenso wie ein Sturz vom Baugerüst. Wie Sie sehen, der Möglichkeiten gibt es viele!

Die Motive sind unendlich zahlreich. Die bewährte Habgier, Rache, die Eifersucht, Ekel oder Zorn und eine Erpressung, falls ein dunkles kleines Geheimnis besser verborgen bleiben sollte. Sogar Notwehr lasse ich gelten, wende sie aber nur sehr selten auch an. Ich habe schon etliche Vernehmungen hinter mir, und die Damen und Herren von den Mordkommissionen nur allzu oft, und mit Vergnügen, hinters Licht geführt.

Wie ich das alles unbeschadet überstanden habe, wollen Sie wissen? Na, ich schreibe doch Krimis! Viel Spaß beim Lesen wünscht

Ihnen

Ihre Brigitta Rudolf

Die Kakteen waren schuld…

Verheiratet bin ich seit fünfzehn Jahren – mit Gerald, und eigentlich auch ein bisschen mit Doris, seiner Mutter. Sie hat es mir nie verziehen, dass ich ihr den Sohn genommen habe, ihren einzigen nebenbei bemerkt. Unter uns, das war sowieso ein Fehler, denn zwischen Gerald und mir läuft nicht mehr viel – in keiner Hinsicht, wenn Sie verstehen was ich meine. Aber ich werde mich hüten, das meiner Schwiegermutter unter die Nase zu reiben, denn in ihren Augen ist das sowieso meine Schuld, ganz allein, das steht fest!

Aber da mein Mann inzwischen ein richtiger Hypochonder geworden ist, und seine diversen Pillen, Tropfen und dergleichen dazu geführt haben, das gar nicht mehr viel passieren kann, habe ich mich längst damit abgefunden und Gerald auch. Aber ich fühle mich nach wie vor vital, leidlich attraktiv und bin schließlich in den besten Jahren, was mir des Öfteren bestätigt wird. Also, warum soll ich gelegentlich nicht noch ein bisschen Spaß im Leben haben – man gönnt sich ja sonst nichts!

Mein derzeit aktueller Zeitvertreib heißt Ulrich und ist unser Tierarzt. Ich lernte ihn kennen, als unsere Katze Luna vor ein paar Monaten angefahren worden ist. Danach musste ich etliche Male mit ihr in seine Praxis kommen. Zur Behandlung und Nachsorge, und zum Glück hat er sie wieder topfit bekommen. Während dieser Zeit sind wir uns näher gekommen. Ulrich ist ein vielgereister Mann und hat mehrere ausgefallene Hobbys. Unter anderem züchtet er Frösche, nein nicht solche wie Sie vielleicht denken. Von einer Reise nach Südamerika hat er eine sehr seltene Pfeilfroschart mitgebracht. Ich fürchte, er hat sie aus dem Land rausgeschmuggelt, aber so genau habe ich nie danach gefragt. Putzige kleine Biester sind das, finde ich. Mit ihrem Gift, er kennt sich damit ja bestens aus, behandelt er in kleinen Dosen gelegentlich auch seine vierbeinigen Patienten. Deshalb hat er immer einen Vorrat davon in seinem Medizinschränkchen. Natürlich ist das immer gut verschlossen, aber ich weiß selbstverständlich wo der Schlüssel ist, und Ulrich hat einen festen Schlaf. Überhaupt habe ich immer versucht, die Interessen meines jeweiligen Lovers zu teilen, wenn irgend möglich. Nur damals bei Hans, der hatte diesen Tick mit dem Eisbaden, da habe ich gestreikt. Ulrich wiederum war ganz angetan von meiner Neugier und hat mir alles, was mit seinem Hobby zu tun hat, gern genau erklärt. Jedenfalls habe ich auf diese Weise meine Allgemeinbildung in vielerlei Hinsicht bereits erheblich erweitern können.

Seit ich mit meinem Gerald verheiratet bin, erhalte ich jedes Jahr zum Geburtstag von Doris einen neuen Kaktus. Was sie mir damit immer wieder aufs Neue sagen will, habe ich schon beim ersten Mal verstanden, aber nun ja. Jedenfalls sind unsere Fensterbänke langsam übervoll mit diesen stacheligen Gesellen. Meistens vergesse ich sie zu gießen, vielleicht gedeihen sie deshalb alle so prächtig – ausnahmslos! Einige blühen sogar gelegentlich ganz toll. Dann lobt Doris immer mit ziemlich säuerlicher Miene mein „grünes Händchen“.

Neidische alte Ziege!

In einigen Tagen hat Doris Geburtstag. Ich denke, wir werden ihr, auch traditionsgemäß, wieder ihre Lieblingspralinen schenken und dazu ein kleines Fläschchen von meinem selbstgemachten Eierlikör. Der schmeckt wirklich gut, was sogar Doris anerkennt, aber das Rezept dafür, ich habe es von Tante Erna, rücke ich natürlich nicht raus. Dieses Mal werde ich die doppelte Menge davon zubereiten, und eine Flasche davon wird eine ganz besondere Zutat enthalten. Ich habe die Faxen mit dieser Frau endgültig satt! Wir hätten nie zu ihr in Geralds Elternhaus ziehen sollen, diesen Fehler werde ich nun korrigieren. Zumal Doris mit ihrem Dackel Bruno auch seit kurzem die Praxis von Ulrich aufsucht und mir ständig erzählt, was für ein charmanter Kerl der doch ist. Ob sie etwas ahnt? Na wartet, alle beide!

So, es ist vollbracht, Doris hatte gestern Geburtstag und hat sich erwartungsgemäß wieder über Pralinen und Eierlikör gefreut. Heute Morgen hörte ich den Briefträger bei ihr klingeln, der hatte sicher noch verspätete Geburtstagspost bei ihr abzuliefern. Auf den hat sie auch ein Auge geworfen, das weiß ich genau. Ich habe ihn zwar kommen gehört, aber nicht mitbekommen wann er gegangen ist. Vielleicht hat er sich dieses Mal doch länger bei ihr aufgehalten. Irgendwann siegt meine Neugier und ich suche einen Vorwand, um bei ihr reinzuschauen, so macht sie das doch auch ganz oft. Außerdem kann ich bei der Gelegenheit schauen, ob für uns auch Post im Briefkasten gelandet ist.

Danach gehe ich in ihre Wohnung, und gleich als ich das große Wohnzimmer betrete, sehe ich die Bescherung – Doris und der Briefträger haben sich wohl gemeinsam einen Eierlikör genehmigt, so als kleine Nachfeier, denke ich. Verdammt, jetzt hat es beide erwischt! Gegen den Postboten hatte ich doch eigentlich gar nichts, aber hin ist hin, da hilft nichts mehr. Also tausche ich schnell die Eierlikörflaschen aus, kippe den verräterischen Inhalt weg, wasche die Likörschälchen gründlich aus und stelle sie wieder ordentlich in die Vitrine. Wenn Doris heute Abend nicht wie gewöhnlich hoch kommt, dann wird Gerald sich bestimmt Sorgen machen und nach ihr schauen. Soll er die beiden doch finden, ich weiß von nichts. Und der winzige Tropfen Gift, der in der anderen Flasche mit dem Eierlikör war, der ist ohnehin längst im Ausguss verschwunden. In ihren Körpern wird man nach so vielen Stunden die seitdem vergangen sind, meines Wissens nach, keinerlei Rückstände mehr davon finden. So werden diese beiden Todesfälle wohl rätselhaft bleiben. Ach ja, meine ungeliebten Kakteen, die werde ich auch noch ohne Bedauern loswerden, dazu reicht die Biotonne!

Treuetest

„Ja, zugegeben, ich bin ein kleiner Casanova, und es gefällt mir, ab und zu mal einen kleinen Linksgang zu riskieren.

Aber im Grunde liebe ich meine Frau Ursel über alles; nur die Bestätigung, dass man als Mann noch etwas wert ist, diesen Kick, den brauche ich einfach ab und zu. Sie etwa nicht?

Nein? Na ja, jedem das Seine!

Jedenfalls ist das alles was passiert ist, im Grunde die Schuld von Ursel, einzig und allein! Das ist jedenfalls meine Meinung!

Außerdem hat sie doch von Anfang an gewusst, dass ich gern mal einen Blick auf die schönen Kurven anderer Frauen werfe. So neu kann das doch für sie gar nicht gewesen sein wie ihre Freundin jetzt behauptet.

Na gut, vielleicht sind wir beide in diesem Fall etwas zu weit gegangen. Könnte glatt sein, aber zu mehr Zugeständnissen bin ich auf keinen Fall bereit, Herr Richter!“

„Na, dann schildern Sie die Dinge doch mal aus Ihrer Sicht“, fordert er mich auf, und das tue ich dann auch.

„Es war ein harter Arbeitstag, und ich wollte mich in meiner Stammkneipe, bei einem kleinen Feierabendbierchen, noch etwas entspannen, bevor ich nach Hause gehen musste. Also bin ich rüber, setze mich an die Theke und bestelle mir eins. Da kommt eine hinreißende Blondine rein, setzt sich neben mich und ordert einen Wodka.

Die Frau hatte Klasse, sage ich Ihnen! Also spreche ich sie an und frage, ob es für sie auch so ein harter Tag gewesen sei.

Sie nickt, und wir kommen ins Gespräch. Sie gefällt mir immer besser und ich ihr offenbar auch.

Das war jedenfalls mein Eindruck. Dann habe ich sie gefragt, ob sie Lust dazu hätte, sich mit mir noch ein Stündchen in dem Hotel gleich nebenan zu vergnügen. Zu meiner Freude willigt sie sofort ein, und wir gehen rüber. Habe noch schnell einen Schein auf die Theke geschmissen und ab. Bezahlt habe ich meine Zeche immer, da lasse ich mir nichts nachsagen!

Kaum waren wir im Zimmer, da hat sie mich schon aufgefordert mich auszuziehen, während sie noch mal ins Bad wollte. Donnerwetter, die geht aber ran, dachte ich noch, bevor ich durch die Badezimmertür ihre Stimme hörte. Die Wände da sind wirklich ziemlich dünn. Sie telefonierte und sagte, es wäre geradezu ein Kinderspiel gewesen, mich rumzukriegen. Da bin ich doch hellhörig geworden. Sie wollte nur noch schnell ein Foto machen, zum Beweis, sagte sie noch, bevor ich ins Zimmer gestürzt bin und ihr das Handy aus der Hand gerissen habe. Mannomann, war ich geladen! Sie hatte mich also tatsächlich wie erwartet erwischt, und wird alles haarklein meiner Ursel berichten. Da hat mich eben die Wut gepackt und ich habe zugelangt!“

„Das haben Sie wohl. Die junge Dame hat einen Kieferbruch und durch den Sturz auch noch drei Rippen geprellt und Ihrer Frau haben Sie ja noch übler mitgespielt! Wie kam das denn nun?“

„Na ja, als ich die Kleine außer Gefecht gesetzt hatte, bin ich natürlich erst mal abgehauen. Sollte sich doch jemand aus dem Hotel um sie kümmern. Laut genug um Hilfe gebrüllt hat sie ja, bevor ich aus dem Zimmer gestürmt bin.

Auf dem Weg nach Hause habe ich mir schon überlegt, warum Ursel jetzt plötzlich einen solchen Rappel gekriegt hat, auf einmal. Hat sie doch sonst nie gestört, dass ich ein Weiberheld bin.

Was steckt denn dieses Mal dahinter? Will die mich etwa abservieren?

Das habe ich mich schon gefragt; und als ich dann zuhause war, da wusste sie schon Bescheid. Die von der Treueagentur hatten gleich bei ihr angerufen und sich über mich beschwert.

Ursel hat mich sofort mit Vorwürfen empfangen, ohne mich erst einmal zu Wort kommen zu lassen. Ja, da bin ich eben noch mal ausgerastet und habe sie auch gleich mit verwemst. War ein Abwasch für mich!

Das sollte doch nur eine Lektion sein; kann ich denn ahnen, dass die gleich krepiert?

Tja, das war`s dann wohl, Herr Richter! Aber mildernde Umstände, die billigen Sie mir doch wohl zu, oder?“

Eva und der Killer

Eva

Vielleicht bilde ich es mir ja nur ein, aber diese komischen Unfälle in den letzten Wochen, die kann ich mir einfach nicht anders erklären, als dass es jemand auf mich abgesehen hat. Aber warum bloß?

„Ja, und wer soll das sein?“, hat Sven, mein Mann, mich ungläubig gefragt, als ich mich ihm anvertraut habe. Langsam kommt mir tatsächlich der Verdacht, dass Sven selbst dahinter stecken könnte. Wir führen wahrhaftig keine Bilderbuchehe, nein wirklich nicht, aber wenn er die Nase voll hat, dann könnte er doch einfach die Scheidung einreichen. Klar, mir gehört unsere Schreinerei zur Hälfte, aber eine Goldgrube ist sie auch nicht. Geld kann also nicht das Motiv sein, aber was dann? Hat er vielleicht eine Andere? Das glaube ich aber auch nicht, das hätte ich doch sicher bemerkt, so etwas fällt einer Frau doch auf. Außerdem sind wir hier nicht in einem schlechten Krimi, sondern in einer bodenständigen westfälischen Kleinstadt. Hier ist noch nie ein Mord passiert …

Oleg

Schnell, unauffällig und diskret, das ist mein Motto, und in gewissen Kreisen habe ich inzwischen deshalb einen guten Ruf als Killer. Meine Opfer spüren nichts, und dem Einen oder Anderen habe ich vielleicht sogar mit seinem unerwartet schnellen und schmerzlosen Tod einen Gefallen getan – wer weiß das schon so genau. Aber dieses Mal ist es anders, das spüre ich einfach. Vielleicht hätte ich diesen Auftrag erst gar nicht annehmen sollen, zumal er ohnehin aus dem Rahmen fällt. Noch nie habe ich, sozusagen privat, jemanden abgemurkst. Es ging bisher immer um handfeste, meistens wirtschaftliche Interessen, und meine Opfer waren ausnahmslos Männer, die selbst auch vor gar nichts zurückgeschreckt hätten. Manchmal waren ihre Gegner aber einfach schneller, indem sie mich engagierten. Verdient hatten sie es alle, aber diese Frau? Ich komme einfach nicht dahinter, warum ich ausgerechnet sie töten soll; sie sieht doch so harmlos aus, aber lange kann ich es trotzdem nicht hinauszögern, genau so hat es mein Mittelsmann mir ausrichten lassen.

Eva

Also Anette, das ist ja meine beste Freundin, die findet es auch komisch, was mir in der letzten Zeit so alles passiert ist. Das können langsam keine Zufälle mehr sein, meint sie. Erst dieser Beinaheunfall, als ich mit dem Rad auf dem Heimweg vom Kirchenchor war, und die Kette plötzlich absprang. Ausgerechnet an der abschüssigen Stelle da am Steilhang, fast hätte ich mir dabei etwas gebrochen, aber ich hatte mir nur den Fuß tüchtig verstaucht. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig abspringen, bevor mein Rad unversehens ins Leere sauste. Mehrere schmerzhafte Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung hatte ich auch. Das war Pech, dachte ich damals.

Als mir dann noch die Sache mit der U-Bahn passierte, war das ein ziemlicher Schock! Weil mein Rad noch in der Reparatur war, bin ich einige Tage später dann mal mit der U-Bahn in die Stadt gefahren. Als ich, nachdem ich meine Besorgungen erledigt hatte, am Nachmittag zurückfahren wollte, stand ich am Bahnsteig und sah schon wie die U-Bahn ankam, da bekam ich plötzlich von hinten einen Stoß und wäre fast auf die Schienen gestürzt. Trotzdem habe mich instinktiv gerade noch mit einer Hand an dem Schild mit den Fahrplänen festhalten können. Das war vielleicht ein Schreck! Gesehen habe ich allerdings niemand, aber eingebildet habe ich mir das wohl nicht, oder etwa doch? Ich bin doch eigentlich kein „Stolpervogel“. Von dem Schock hatte ich mich zuhause immer noch nicht ganz erholt, wollte aber Sven nichts da von erzählen, weil ich ihn nicht beunruhigen wollte. Außerdem war ich nicht sicher, ob er nicht mal wieder sagen würde, ich hätte zu viel Phantasie.

Zwei Tage später hatte ich diese furchtbare Magenverstimmung, und auch Sven fühlte sich ohnehin an dem Tag nicht gut und wollte meinen leckeren Eintopf deshalb nicht mitessen. Hätte er mir das eher gesagt, dann hätte ich mir die ganze Arbeit sparen können. Stundenlang habe ich gebraucht um das Gemüse zu schnippeln, und dann hat er kurz vor dem Essen angeblich keinen Appetit mehr und fühlt sich unwohl. Also habe ich allein davon gegessen. Hat mir auch gut geschmeckt, aber weil frische Pilze mit drin waren, habe ich den Rest davon nicht aufgehoben, schließlich soll man die nicht wieder aufwärmen. Wenig später war mir dann auch schlecht, und ich musste mich übergeben. Vielleicht liegt mal wieder ein Magen-Darm-Infekt in der Luft habe ich erst gedacht, zumal es Sven ja auch nicht so gut ging.

Aber als dann auch noch die Sache mit der Waschmaschine passierte, wurde ich langsam aber hellhörig. Denn bis zu dem Tag, als Sven ausnahmsweise einmal selbst seine Arbeitsklamotten einstecken wollte, hat sie immer reibungslos funktioniert. Danach sollte sie urplötzlich ihren Geist aufgegeben haben? Jedenfalls bestellte Sven den Reparaturdienst, und als ich dann zwei Tage später meine Seidenblusen waschen musste, wäre ich fast an einem Stromschlag drauf gegangen, als ich sie anmachen wollte. Angeblich konnte die Firma keinen Schaden feststellen, als der Monteur erneut kam. Tja, was sollte ich da machen? Bewiesen werden konnte nichts mehr, außerdem lief die Maschine auch wieder einwandfrei, meine Blusen waren jedenfalls blitzsauber, als sie aus der Maschine kamen. Sven meinte, ich hätte mir das alles nur eingebildet, habe ich aber bestimmt nicht, das weiß ich ganz genau! Warum will mir, einer ganz normalen Hausfrau, jemand ans Leder? Bei mir gibt’s doch nichts zu holen. Vielleicht hat Sven doch ein Geheimnis, dem ich auf die Spur kommen sollte, wie Anette vorgeschlagen hat. Sie meint, ich sollte einen Privatdetektiv anheuern um das zu klären, aber von welchem Geld denn? Vom Firmenkonto, das merkt Sven doch sofort und um etwas unbemerkt beiseite zu schaffen, dazu hat es bei uns noch nie gereicht.

Sven

Mannomann, langsam wird meine Zeit wirklich knapp. Noch hat Eva nicht geschnallt, dass tatsächlich ich es bin, der sie loswerden will, nein muss! Aber mir bleibt tatsächlich keine andere Wahl, wenn ich die Lebensversicherung kassieren will. Aber anders geht es nicht, ich will doch mit Nadine neu anfangen, und dafür brauche ich das Geld ganz dringend. Außerdem wird sich die Schwangerschaft von Nadine nicht mehr lange verheimlichen lassen. Nur gut, dass Eva immer noch so arglos ist. Als wir damals die auf Gegenseitigkeit abgeschlossene Lebensversicherung gemacht haben, dachte ich ja vor allem daran Eva abzusichern, falls mir etwas passiert. Schon seit einiger Zeit läuft die Firma aber nicht mehr so gut, und ich habe daran gedacht, die Versicherung wieder aufzulösen, um die Beiträge zu sparen. Bei der Gelegenheit habe ich dann auch Nadine, sie ist meine neue und absolut superattraktive Sachbearbeiterin, bei der „Sei ohne Sorgen Versicherungs - AG“, kennengelernt. Wenn man so will, war das doppeltes Pech für Eva! In Nadine habe ich mich Hals über Kopf verliebt, und sie hat mich erst auf den Gedanken gebracht, dass ich, wenn Eva etwas zustoßen sollte, schließlich ihr Erbe sein werde, jedenfalls wenn man mir nicht nachweisen kann, dass ich dahinter stecke. Nadine ist clever, sie war es schließlich auch, die diesen Kerl aufgetrieben hat, damit er die Drecksarbeit für uns erledigt. Meine dilettantischen Versuche, Eva um die Ecke zu bringen, sind ja kläglich gescheitert. Und auch als Nadine es am U-Bahnhof noch einmal versucht hat, ist nichts passiert. Es ist kaum zu fassen, aber Eva hat tatsächlich wirklich bisher immer unverschämtes Glück gehabt!

Oleg

Dieser Auftrag macht mir wirklich Kopfschmerzen! Eine Frau habe ich noch nie getötet – wollte ich eigentlich auch nie, aber Geld ist Geld und ich habe momentan einen kleinen Engpass. Vielleicht sollte ich das verflixte Glücksspiel in Zukunft doch lieber aufgeben und um die Casinos in der Region einen Bogen machen. Mein Opfer ist ja nicht unattraktiv, da wird es mir nicht schwer fallen, mich an sie ran zu machen. Es lässt sich da bestimmt etwas arrangieren um sie kennenzulernen. Über ihre Lebensumstände muss ich mich sowieso informieren, das macht vieles leichter. Wo und wann man sie am besten trifft, da kann ich ansetzen.

Eva

Ich kann es immer noch nicht fassen – ich, die biedere Eva, habe einen netten Mann kennengelernt, einfach so im Supermarkt. Er hatte gerade an der Fleischtheke ein Wrap gekauft und ist gestolpert, hat mich angerempelt, und mir bei der Gelegenheit den schönen, neuen Pullover beschmutzt. Als Wiedergutmachung wollte er mich unbedingt auf einen Kaffee einladen. Ich hatte Zeit und habe angenommen, warum auch nicht? Er ist ein sehr netter Mann, wenn auch etwas ungeschickt, der Oleg. Er hat mich gefragt, ob ich hier immer einkaufe und auch, ob er mich wiedersehen darf. Ehe ich richtig darüber nachdenken konnte, hatte ich schon ja gesagt. Noch ist alles ganz harmlos, aber ob ich es Sven erzähle, das weiß ich trotzdem nicht.

Oleg

Nein, diesen Engel kann ich nicht umbringen! Nur gut, dass ich vorher noch einige Nachforschungen angestellt habe, war eigentlich kinderleicht. Es ist mal wieder die alte Geschichte. Ein Mann liebt inzwischen eine andere Frau, und jetzt bekommt die angeblich ein Kind von ihm, deshalb ist ihm seine Alte im Weg. Außerdem ist da noch die hohe Lebensversicherung, die er bei der Gelegenheit gern kassieren möchte. Infam ist das, da habe ich eine viel bessere Idee! Nur meinen Engel, den kann ich vorher nicht einweihen, das würde sie nicht verkraften. Aber ich wollte mich doch schon lange zur Ruhe setzen, weil der Job mir langsam immer mehr zu schaffen macht. Wenn ich es geschickt anstelle und meine Ersparnisse, die ich fest angelegt habe, und noch dazu die Summe der Lebensversicherung von Eva, dann müsste es reichen – für uns beide.

Zwölf Wochen später.

Eva

Vor Kurzem stand ich noch am offenen Grab von Sven und Nadine. Ein schrecklicher Unfall, so hieß es im Polizeibericht. Wieso Sven überhaupt zusammen mit Nadine unterwegs war, das weiß angeblich niemand der Kollegen aus der Schreinerei. Eine Kundin hat man vermutet, aber die Polizei hat festgestellt, dass sie seine Geliebte war, das war ein Schock für mich! Ich wusste ja auch nicht, dass sie schwanger war. Obwohl, das erklärt im Nachhinein vieles, aber das behalte ich lieber für mich. Ich habe zunächst einmal versucht, mir im Büro etwas Durchblick zu verschaffen, dabei habe ich auch die Akte mit der Lebensversicherung gefunden. Hat er sie doch abgeschlossen, gegen meinen Willen, der Schlawiner! Nun ja, um ehrlich zu sein, jetzt bin ich doch froh darüber. Es ist eine hohe Summe, die mir dadurch in den Schoß fällt, und wenn ich die Schreinerei verkaufe, dann bin ich dadurch unabhängig. Außerdem habe ich ja seit Kurzem einen netten Freund, den Oleg. Mal sehen, was daraus wird. Aber dem binde ich bestimmt nicht alle Einzelheiten auf die Nase – von Männern mache ich mich nicht mehr abhängig – nie mehr!

Mord im Milieu

Ich gehe anschaffen, na und? Das ist das älteste Gewerbe der Welt, und daran ist für mich absolut nichts Anrüchiges! Manchmal macht mir mein Job sogar Spaß, ob Sie´s glauben oder nicht.

Zum Beispiel, wenn da so ein junger Mann mit einem knackigen Hintern kommt.

Manche wollen auch einfach nur mal reden, von ihrer schlechten Ehe oder den Sorgen mit den Kindern. Was ich da schon alles zu hören bekommen habe, das können Sie sich kaum vorstellen!

Aber ich bin verschwiegen wie ein Grab. Schließlich gehört das zu meinem Job; und noch leichter und angenehmer kann ich mein Geld ja überhaupt nicht verdienen.

Außerdem bin ich gut darin, was ich tue, das wird mir immer wieder bestätigt! Ich komme ganz gut zurecht.

Wenn ich genug beiseite gelegt habe, vielleicht, wenn ich so um die vierzig bin, dann höre ich auf und mache etwas ganz anderes. Was genau, das steht allerdings noch nicht fest. Bis dahin sind es ja auch noch etliche Jahre.

Mein Name ist übrigens Yvonne. Nein, das ist natürlich nicht mein richtiger Name, was denken Sie denn? Den weiß keiner hier und damit rücke ich auch nicht raus, sorry – da gibt`s keine Ausnahme, auch nicht für Dich, mein Schatz!

Meine beste Freundin ist Chantal, eigentlich heißt sie Erika, aber auch das verrate ich nur, weil alle ihren richtigen Namen inzwischen sowieso schon aus der Zeitung kennen. Erika, alias Chantal ist nämlich umgebracht worden, und das war für uns alle ein Riesenschock!

Für mich vor allem. Seitdem geht die Angst hier um auf dem Kiez. Der Fall wird in der Presse natürlich breitgetreten, aber das geht wohl nicht anders; ist aber nicht gut für`s Geschäft.

Keiner von uns hat nur den leisesten Schimmer was sich da abgespielt haben könnte, und die Polizei hält sich auch ziemlich bedeckt.

Wenn Sie mich fragen, dann tappen die ebenso im Dunkeln wie wir anderen. Mir, als Erikas bester Freundin, haben sie eine Menge Fragen gestellt, aber geholfen hat das bisher auch noch nichts. Ach Erika, ich vermisse Dich so!

Deinen Hund, den Jerry, den habe ich jetzt endgültig bei mir behalten, sonst wäre er ins Tierheim gewandert. Aber das konnte ich doch nicht zulassen! Das war mein letzter Freundschaftsdienst für Erika. Außerdem ist er wirklich ein anhängliches Kerlchen, und ich habe ihn schon immer gern gehabt. Ab und zu ist er sowieso schon mal für ein paar Tage bei mir gewesen, auch in der Zeit als es passiert ist.

Sonst hätte er Erika bestimmt verteidigt, da bin ich mir sicher! Er ist eine ganz treue Seele, der Jerry. Eine Zeitlang habe ich mir ohnehin überlegt, mir einen eigenen Hund anzuschaffen, aber das ist bisher immer verblieben. Das ist ja jetzt auch gut so. Eines steht fest, ohne Jerry gehe ich nirgendwo mehr hin!

Vielleicht wäre ihr wirklich nichts passiert, wenn sie Jerry an ihrer Seite gehabt hätte; aber Jerry gehörte in ihr Privatleben, zu Erika, nicht zu Chantal, das hat sie oft genug gesagt.

Erika war immer sehr romantisch. Sie hatte tatsächlich noch den Traum von dem Ritter hoch zu Ross und in schimmernder Rüstung, der sie hier herausholen sollte.

Tja, der ist ja nun ausgeträumt. Stattdessen hat sie ihren Mörder getroffen, das fiese Schwein! Er hat sie einfach so von hinten niedergeschlagen, und Erika war hoffentlich wirklich sofort tot, wie die Kommissare meinen. Es muss ein sehr heftiger Schlag gewesen sein, aber wenn dem so war, dann hat sie wenigstens nicht leiden müssen.

Das haben sie mir versichert, die Männer von der Kripo. Hoffentlich wollten sie mich nicht nur beruhigen mit dieser Annahme, wer weiß das schon so genau?

Unser Beruf birgt nun mal gewisse Risiken. Beklaut worden bin ich auch schon mal von einem Freier, aber solche Fälle sind eher selten, und die paar Scheinchen, die hatte ich schnell wieder rein geholt.

Ich habe ja auch ein paar großzügige Freunde, die geben immer einen Schein extra, sozusagen als Trinkgeld. Außerdem haben wir alle mehrere Stammkunden.

Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass einer von denen das war, aber ich habe mir fest vorgenommen, die Augen offen zu halten – in alle Richtungen. Das bin ich Erika einfach schuldig!

Jetzt hat der Mörder wieder zugeschlagen, und es hat Diana erwischt.

Genau wie bei Erika ein Schlag auf den Kopf und das war`s! Natürlich gibt es wieder niemanden, der was bemerkt oder gesehen hat.

Aber eine Parallele gibt es doch. Beide hatten zum Tatzeitpunkt eine rote Perücke auf. Ob das eine Rolle spielt? Möglich wäre es ja.

Wir haben inzwischen alle noch mehr Angst, und es gibt kaum noch eine, die mit roten Haaren loszieht. Die Polizei hat sogar schon einmal einen Lockvogel eingesetzt, aber darauf ist der Mörder nicht reingefallen – leider! Die hatten wohl die gleiche Idee wie ich.

Wie auch bei Erika hat der Täter bei Diana nichts mitgehen lassen, obwohl ein relativ teures Armband in ihrem Appartement rum lag. Das hatte ein Stammfreier ihr verehrt. Also scheidet Raubmord wohl aus.