Lassiter 2663 - Des Romero - E-Book

Lassiter 2663 E-Book

Des Romero

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Beschreibung

Der Staub der Straße hinterließ bei jedem Atemzug einen faden Geschmack im Mund und trocknete die Kehle aus. Lassiter würde sich erst einmal ordentlich den Hals durchspülen müssen, ehe er seinen Weg nach Abilene fortsetzte. Und dieses Kaff namens Red Junction kam ihm gerade richtig.
Der Mann der Brigade Sieben war sicher, dass es auf keiner Karte zu finden war. Ebenso zeigten sich auch keine Menschen auf der Durchgangsstraße, lediglich ein ausdrucksloses Gesicht hinter einem Fenstervorhang.
Lassiter hatte Zweifel, ob es in dieser aus windschiefen Gebäuden bestehenden Siedlung überhaupt einen Saloon gab. Er bemerkte jedoch schnell, dass dies sein kleinstes Problem war!


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Inhalt

Cover

Der Kartenhai aus Abilene

Vorschau

Impressum

Der Kartenhai aus Abilene

von Des Romero

Der Staub der Straße hinterließ bei jedem Atemzug einen faden Geschmack im Mund und trocknete die Kehle aus. Lassiter würde sich erst einmal ordentlich den Hals durchspülen müssen, ehe er seinen Weg nach Abilene fortsetzte. Und dieses Kaff namens Red Junction kam ihm gerade richtig.

Der Mann der Brigade Sieben war sicher, dass es auf keiner Karte zu finden war. Ebenso zeigten sich auch keine Menschen auf der Durchgangsstraße, lediglich ein ausdrucksloses Gesicht hinter einem Fenstervorhang.

Lassiter hatte Zweifel, ob es in dieser aus windschiefen Gebäuden bestehenden Siedlung überhaupt einen Saloon gab. Er bemerkte jedoch schnell, dass dies sein kleinstes Problem war!

Wie auf ein geheimes Kommando hin traten sie plötzlich aus dem Eingang eines Hauses hervor – acht Männer, deren Gesinnung es nicht zu sein schien, Lassiter willkommen zu heißen. Jedenfalls spiegelten ihre Mienen diesen Eindruck wider.

Lassiter wandte sich den Gestalten zu, von denen eine vortrat und sich grinsend mitten auf der Straße aufbaute. Ein hinterhältiges Grinsen zierte das Gesicht des Mannes. Was er zu sagen hatte, verstärkte diese Wahrnehmung noch. »Gibt es einen besonderen Grund, der Sie nach Red Junction geführt hat, Mister?«, fragte er.

»Es lag auf meinem Weg«, gab der Brigade-Agent zur Antwort, »und ich wollte etwas trinken.«

Das Grinsen seines Gegenübers verstärkte sich. »Bei uns gibt es nichts zu trinken.«

»Drei Häuser weiter habe ich einen Saloon gesehen.«

»Geschlossen!« Der heitere Ausdruck auf den Zügen des Kerls war schlagartig verschwunden. »Am besten, Sie machen sich wieder auf den Weg. Fünfzehn Meilen südöstlich können Sie sich in Cedar Hill volllaufen lassen.«

Lassiter schaute von dem Sprecher hinüber zum Boardwalk, auf dem sieben Kerle nur darauf zu warten schienen, dass ihr Anführer ihnen ein Zeichen zum Angriff gab. Ein paar von ihnen lehnten an einem Hitchrack, dem Rest war die körperliche Anspannung deutlich anzusehen. »Ich werde gehen«, erklärte Lassiter freundlich, »nachdem ich etwas getrunken habe...«

Zwei Sekunden später wurde Lassiter von einem harten Gegenstand am Hinterkopf getroffen und geriet ins Wanken. Er sah einen faustgroßen Stein zu Boden fallen und kämpfte gegen Schwindel und eine beginnende Ohnmacht an. Wertvolle Augenblicke verstrichen, die seine Gegner nicht ungenutzt ließen.

Kräftige Arme zerrten an Lassiter und rissen ihn aus dem Sattel. Heftig krachte er auf seinen Rücken und spürte gleichzeitig Stiefeltritte in seinen Rippen. Dann folgten Faustschläge in sein Gesicht, bis die Meute sich abreagiert hatte und ihn im Staub der Straße liegen ließ.

Minuten vergingen, ehe sich Lassiter wieder aufrichten konnte. Sein Grauschimmel stand noch an Ort und Stelle und hatte sich kaum um einen Inch bewegt. Dafür hatte man sich an Lassiters Ausrüstung zu schaffen gemacht. Die Sattelgurte waren durchschnitten und der Kolben seiner Winchester abgeschlagen.

Angeschlagen führte Lassiter sein Pferd ans Ende der Straße und leinte es vor dem Saloon an. Dann betrat er den Schankraum, in dem gähnende Leere herrschte, und tippte zum Gruß an seinen Stetson, als er den Barkeeper bemerkte.

»Meine Güte!«, rief der. »Sie sehen furchtbar aus!«

»Ich dachte, Sie hätten geschlossen«, erwiderte Lassiter. »Das sagte man mir jedenfalls.«

»Demnach – und Ihrem Aussehen nach zu urteilen – haben Sie wohl schon Bekanntschaft mit Henderson und seinen Spießgesellen gemacht.«

Lassiter grinste schief. »Der Beginn einer innigen Freundschaft ist es nicht gewesen.«

»Ich heiße Baxter«, sagte der Schankwirt. »Ronald Baxter. Aber Sie können mich Ron nennen. Ich schütte Ihnen mal einen doppelten Whisky ein. Den können Sie jetzt sicher gebrauchen.« Er kippte ein Glas voll und schob es Lassiter über den Tresen. »Die Jungs sind ein bisschen eigenwillig. Da läuft so ein Ding mit Waffenlieferungen nach Mexiko. Aber etwas Genaues weiß ich auch nicht.«

»Und da haben die Jungs wohl gedacht, ich wäre ein Ranger, der ihnen auf den Zahn fühlen will«, schloss Lassiter.

Baxter wiegte seinen Kopf. »Kann schon sein. Henderson ist generell misstrauisch. Fremde in seiner Stadt kann er nicht ausstehen.«

»In seiner Stadt...?«, hakte Lassiter nach.

Der Barkeeper zeigte ein undurchsichtiges Lächeln. »Red Junction ist praktisch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Es gibt keinen Mayor und keinen Sheriff – und noch weniger gibt es irgendwelche hochgestellten Leute, die sich um die Vorgänge in diesem Nest kümmern. Henderson hat alles an sich gerissen. Er hält sich für den Big Boss. Deswegen haben sich schon alle Händler und die meisten Bewohner abgesetzt.«

Lassiter stürzte den Inhalt seines Glases in einem Zug die Kehle hinunter. »Gibt es noch einen Sattler in dieser Einöde?«, fragte er.

»Keine Chance! Ich glaube noch nicht mal, dass wir einen gehabt haben.«

Der Mann der Brigade Sieben zog seinen Remington aus dem Holster und prüfte die Patronenkammern. »Sind nur sechs«, sagte er nachdenklich. »Aber mit Henderson sind es acht.«

Ronald Baxter schaute betroffen drein. »Was... was haben Sie vor? Überlegen Sie sich genau, was Sie jetzt tun.«

»Ich mache Schadensersatzansprüche geltend«, entgegnete Lassiter. »Irgendwer wird mir den Sattel und die Winchester ersetzen müssen.«

Hastig schenkte Baxter nach. »Trinken Sie noch einen, Mister! Und wenn Sie schlau sind, suchen Sie das Weite!«

Lassiter nippte an dem Glas, stürzte den Whisky anschließend hinunter und knallte einen Dollar auf den Tresen. »Ich gehe mal rüber zu Henderson«, raunte er. »Bestimmt kann er mir bei meinen Problemen helfen...«

Gelassen wanderte Lassiter hinüber zu jenem Gebäude, in dem das »Willkommenskomitee« untergekommen war. Ohne anzuklopfen betrat er das Wohnhaus und fand sich in einem verlassenen Wohnraum wieder. Durch eine Glasfensterfront konnte er jedoch in den Nebenraum blicken und sah die Männer um einen Tisch versammelt. Rasch aber wurden sie auf Lassiter aufmerksam, sodass sich Henderson erhob und durch die teilverglaste Tür in den Vorraum trat.

»Mit Ihnen habe ich nun wirklich nicht gerechnet«, meinte der Gangster. »Eigentlich war ich der Ansicht, Sie wären bereits meilenweit entfernt.«

Lassiter schmunzelte. »So kann man sich täuschen. Es gibt da nämlich ein paar Dinge, über die wir uns unterhalten sollten.«

»Als da wären?«

»Nun ja, ich will mich gar nicht über den groben Empfang in Ihrem kleinen Städtchen beschweren«, begann Lassiter. »Vermutlich haben Sie Ihre Gründe, misstrauisch zu sein. Allerdings hat meine Ausrüstung Schaden genommen, und ich denke, dass Sie mir diesbezüglich entgegenkommen sollten.«

Rau lachte Henderson auf und drehte sich seinen Leuten zu. »Habt ihr das gehört? Der Bursche erwartet doch tatsächlich eine Entschädigung!«

Fast gleichzeitig erhoben sich die Männer am Tisch und stimmten in das Lachen ihres Anführers ein. Dabei lagen ihre Hände auf den Revolvern im Holster oder schwebten knapp darüber.

Henderson drehte sich wieder herum und fixierte Lassiter. »Ich denke, Sie haben sich vergeblich bemüht«, sagte er spöttisch. »Machen Sie's wie die Rothäute, und reiten Sie ohne Sattel. Ihr Zaumzeug ist ja immer noch in einwandfreiem Zustand.«

»Und mein Gewehr? Es wurde vorsätzlich unbrauchbar gemacht.«

Bedächtig kam Henderson zwei Schritte näher. Seine Hand glitt hinab zum Holster. »Ich fürchte, da kann ich Ihnen auch nicht helfen. Sie haben ja alle meine Empfehlungen in den Wind geschlagen.«

Lassiter ließ sich nicht beirren. »Leider muss ich darauf bestehen«, raunte er, »vollwertigen Ersatz zu erhalten...«

Blitzschnell zog Henderson seinen Revolver – aber nicht schnell genug für Lassiter! Der Remington spuckte Blei und fegte Henderson von den Beinen. Sofort warf sich Lassiter nach vorn und entwand dem Getroffenen die Waffe, während die Kugeln aus dem angrenzenden Raum Glasscheiben durchschlugen und über seinen Kopf hinwegfegten.

Rücklings lag Lassiter auf dem Boden und feuerte beidhändig. Seine Gegner fielen wie die Fliegen, bis der gegnerische Beschuss erstarb und nur noch gequältes Röcheln sowie jammernde Schmerzenslaute zu hören waren.

Flink lud Lassiter nach und tastete sich vor in den Nebenraum. »Das hättet ihr euch ersparen können«, sagte er. »War es das wirklich wert, für ein paar Dollars ins Gras zu beißen?« Er ging zu einem Waffenschrank und holte eine Rifle hervor, begutachtete sie und schulterte die Waffe. Dann ging er zurück zu Henderson, der verkrümmt auf den Dielen lag und unkontrolliert zuckte. »Ich hatte einen langen Ritt hinter mir und wollte nur etwas trinken. Und weil Sie mir das nicht zugestehen wollten, ertrinken Sie jetzt an Ihrem eigenen Blut...«

»Fahr zur Hölle, du Bastard!«, stieß der Sterbende ächzend aus.

»Mag sein, dass es so kommt«, gab der Mann der Brigade Sieben zurück, »aber ganz sicher nicht heute.« Er wandte sich ab und verließ das Gebäude. Reue empfand er nicht, aber auch keine Genugtuung. Was diesen Kerlen widerfahren war, hatten sie sich einzig sich selbst zuzuschreiben. Es hätte nicht auf diese Weise enden müssen, doch der Stein war ins Rollen geraten und nicht mehr aufzuhalten gewesen.

Im Saloon von Ronald Baxter gönnte sich Lassiter noch einen Drink, ehe er sich auf seinen Grauschimmel schwang und seine Reise fortsetzte. Seine neue Mission hat bereits mit Stolpersteinen begonnen. Sollte es sich um unheilvolle Vorzeichen handeln, wollte er erst gar nicht erfahren, was ihn im weiteren Verlauf erwartete.

Die Welt hatte sich verändert. Von einem Tag auf den anderen. Niemand konnte das so gut erkennen wie Lisa Pernell. Seit Tagen schon wartete sie auf ein Lebenszeichen ihrer Tochter, doch dieses war bis zur gegenwärtigen Stunde ausgeblieben. Rosalie blieb verschwunden – und Lisa wusste instinktiv, dass sie nicht mehr zurückkehren würde.

Die junge Frau schwang sich auf ihren Einspänner und machte sich auf den Weg nach Abilene. Wie eine Furie stürmte sie das Sheriff's Office und konfrontierte den Sternträger mit ihren Befürchtungen. Der aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schaute nur kurz über den Rand seiner Zeitung hinweg. »Ihrer eigenen Erzählung zufolge haben Sie sich eine Menge Zeit gelassen, dem Verschwinden Ihrer Tochter nachzugehen. Warum beschweren Sie sich erst jetzt bei mir? Erst einmal habe ich zu wenige Leute, um einen Suchtrupp zu entsenden. Und zweitens habe ich nicht das geringste Interesse, einer Göre nachzujagen, die womöglich mit ihrem Liebhaber stiften gegangen ist, ohne der Mutter Bescheid zu sagen.«

Für Lisa Pernell waren das bloße Ausreden. »Ich habe gute Gründe anzunehmen, dass Rosalie etwas zugestoßen ist. Und Sie kennen sie ebenso gut wie ich!«

Entnervt winkte der Sheriff ab. »Kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit diesen hanebüchenen Gerüchten, die die Zeitungsschmierer verbreiten! Die leben doch davon, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen.«

»Und die berichten alle das Gleiche?«, stieß Lisa aufgeregt aus. »Dass Kinder und junge Frauen im gesamten Umkreis verschwinden? Die besorgten Eltern aus dem Umland haben die Zeitungen sich gleich mit ausgedacht, ja?«

Der Sheriff machte eine säuerliche Miene. »Wie dem auch sei, kann ich mich nicht darum kümmern. Außerdem verschwinde ich für die nächsten Wochen nach Missouri, wo ich ganz entspannt mit meinem Bruder zum Fischen gehe und den Dreck dieser Stadt einfach hinter mir lasse. Sie können sich ja an die Rangers wenden. Die sind ohnehin ganz scharf drauf, irgendwelchen Kriminellen den Hintern aufzureißen.«

Lisa Pernell machte eine abfällige Geste und schüttelte ihren Kopf. Sogleich machte sie kehrt und trat wieder hinaus auf die Straße.

An wen sollte sie sich nur wenden? Wer würde ihr helfen oder ihr zumindest Glauben schenken? Die Rangers hatte sie sich bereits aus dem Kopf geschlagen, denn sie erwartete von ihnen dieselbe Arroganz, die auch schon der Sheriff an den Tag gelegt hatte.

Vielleicht war es sinnvoll, mit jenen Eltern Kontakt aufzunehmen, über die bereits in der Tagespresse berichtet worden war. Wenn sich Betroffene zusammenschlossen, konnten sie unter Umständen mehr erreichen als die Hüter des Gesetzes.

Doch es gab einen Mann, der gegebenenfalls mehr über den Verbleib der Vermissten wusste. Ein Mann, der stadtbekannt war und seine Finger in allen möglichen Geschäften haben sollte. Und wenn Rosalies Verschwinden einen kriminellen Hintergrund hatte, mochte er es sein, der Lisa Pernell auf die richtige Fährte brachte.

Der Name dieses Mannes war Liam Grant. Und er wurde nicht wegen seines Revolvers gefürchtet, sondern für sein Spiel am Pokertisch. Daher würde es recht einfach sein, ihn zu finden, da er sich in den Saloons von Abilene herumtrieb.

Dies war der zündende Gedanke, der Lisa antrieb. Es war eine Chance – wenn auch eine winzig kleine –, die Spur ihrer Tochter aufzunehmen.

Lisa lief sich regelrecht die Sohlen ihrer Schuhe ab, ehe sie im Westen der Stadt schließlich fündig wurde. Der Gesuchte saß mit sechs weiteren Männern an einem Tisch und nahm seine Mitspieler aus. Die junge Rothaarige wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen und auch keine Aufmerksamkeit erregen, sodass sie allein an einem kleinen Tisch Platz nahm und geduldig wartete, bis die Pokerpartie für eine Pause unterbrochen wurde. Sogleich stand sie auf und ging hinüber zum Tresen, an dem Liam Grant lehnte und an seinem Whiskyglas nippte.

»Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie anspreche«, machte Lisa Pernell auf sich aufmerksam. »Ich würde mit Ihnen gerne ein paar private Worte wechseln.«

»Sie kennen mich?«, erkundigte sich Grant höflich. »Dann sind Sie mir gegenüber im Vorteil.«

Rasch stellte sich Lisa vor und fuhr fort: »Man sagt, Sie seien ein Mann, der seine Augen und Ohren überall hat. Sie hätten von Angelegenheiten Kenntnis, die den meisten entgehen...«

Argwöhnisch verengte Liam Grant seine Lider. »Worauf genau wollen Sie hinaus, Miss?«, fragte er.

Sie erklärte ihm den Sachverhalt und nahm angenehm berührt zur Kenntnis, dass Grant ihr aufmerksam zuhörte. Allerdings konnte Lisa nicht von seiner Mimik auf seine Gedanken schließen. Diese aber teilte Grant ihr unverblümt mit. »Ich habe keine Ahnung, was Sie von mir erwarten, Lady«, knurrte er. »Aber allem Anschein nach verwechseln Sie mich mit einem Ganoven, der kriminelle Kreise sein Zuhause nennt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nicht mehr belästigen würden, denn dann sähe ich mich gezwungen, meine gute Kinderstube zu vergessen.«

Lisa Pernell war wie vor den Kopf gestoßen. »Aber... ich habe Sie doch nur gefragt, ob...«

»Schweigen Sie!«, fuhr Liam Grant ihr über den Mund. »Ich muss mich auf die nächste Pokerrunde einstimmen! Sie stören meine Konzentration!«

Er wollte sich abwenden, doch Lisa hielt ihn zurück, indem sie an seinem Jackettärmel zerrte. Ruppig befreite sich Grant aus dem zaghaften Griff und schwang seine Rechte in die Höhe, als wollte er in der nächsten Sekunde auf die Rothaarige einschlagen.

»Halt!«, klang plötzlich eine schallende Stimme auf. »Falls Sie Prügel austeilen wollen, versuchen Sie es doch lieber einmal mit mir!«

Liam Grant erstarrte in der Bewegung; Lisa Pernells Kopf ruckte herum. Und sie sah einen hochgewachsenen, kräftig wirkenden Mann, der zwar keine Schönheit darstellte, aber dessen Anblick sie auf eine Weise berührte, wie sie es schon lange nicht mehr empfunden hatte.

Jede Bewegung des Grauschimmels schlug ungefiltert durch und schmerzte an Stellen, mit denen man nicht unbedingt prahlte. Lassiter war froh, als er über die Stadtgrenze von Abilene hinwegritt, um sich ein wenig Erholung gönnen zu können. Schnell hatte er ein Hotel gefunden und sein Pferd in einem Mietstall untergebracht. Den Abend würde er im nächsten Saloon verbringen und sich erst am kommenden Tag seinem Auftrag widmen.

Kaum trottete er durch die Eingangstür in den Schankraum, war es ihm, als hätte er mal wieder genau den richtigen Zeitpunkt abgepasst, um sich Ärger zu verschaffen. Dieser geschniegelte Kerl, der gegenüber einer jungen rothaarigen Lady seine Hand hob, forderte Lassiter geradezu heraus, sich einzumischen. Und er sprach aus, was sein Gerechtigkeitssinn ihm einflüsterte.

Sogleich ruckte der Kopf des Rüpels herum. »Gehört das Girl zu Ihnen?«, blaffte der Mann. »Passen Sie in Zukunft besser auf sie auf. Das junge Ding hat das Talent, sich ungewollt in Schwierigkeiten zu bringen.« Damit war die Sache für ihn erledigt, und er setzte sich zu einer Gruppe kartenspielender Männer.