Lassiter 2746 - Des Romero - E-Book

Lassiter 2746 E-Book

Des Romero

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Beschreibung

"Verdammte Scheiße!", kreischte der Fremde und knickte in den Knien ein, die Rechte auf eine blutende Wunde zwischen Rippen und Hüfte gepresst. "Warum haben Sie auf mich geschossen?" Ein Gent in tadellosem Anzug, der so gar nicht in die raue Wildnis passen wollte, ging neben dem Verletzten in die Hocke. "Wissen Sie, ich habe eine weite Reise hinter mir auf der Suche nach meinem gestohlenen Eigentum. Ich vermute, Sie kennen den Mann, der es mir entwendet hat." "Ich weiß gar nichts!", krächzte der Verwundete. "Bringen Sie mich zu einem Arzt!" Der Anzugträger holte eine Zigarette hervor und steckte sie auf ein Mundstück aus Elfenbein. "Sie sind wenig nützlich", murmelte er. "Haben Sie wenigstens Feuer?" Mit schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte der Angeschossene den Kopf. Ein mildes Lächeln erschien auf den Zügen des Gents. "Wozu brauche ich Sie dann noch?" Er drückte erneut ab.


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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Ein durchtriebenes Pärchen

Vorschau

Impressum

Eindurchtriebenes Pärchen

von Des Romero

»Verdammte Scheiße!«, kreischte der Fremde und knickte in den Knien ein, die Rechte auf eine blutende Wunde zwischen Rippen und Hüfte gepresst. »Warum haben Sie auf mich geschossen?«

Ein Gent in tadellosem Anzug, der so gar nicht in die raue Wildnis passen wollte, ging neben dem Verletzten in die Hocke. »Wissen Sie, ich habe eine weite Reise hinter mir auf der Suche nach meinem gestohlenen Eigentum. Ich vermute, Sie kennen den Mann, der es mir entwendet hat.«

»Ich weiß gar nichts!«, krächzte der Verwundete. »Bringen Sie mich zu einem Arzt!«

Der Anzugträger holte eine Zigarette hervor und steckte sie auf ein Mundstück aus Elfenbein. »Sie sind wenig nützlich«, murmelte er. »Haben Sie wenigstens Feuer?«

Mit schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte der Angeschossene den Kopf. Ein mildes Lächeln erschien auf den Zügen des Gents. »Wozu brauche ich Sie dann noch?« Er drückte erneut ab.

Eine Woche zuvor

Der Gasthof war gut besucht. Es wurde ohne Unterlass gegessen und getrunken. Wie aufgescheuchte Hühner wieselten die Kellner von Tisch zu Tisch, um den Wünschen der Gäste nachzukommen.

»Ein Bier!«, rief Corben Gilbert und reckte seinen Arm in die Höhe. Als er sah, dass einer der Kellner ihm zunickte, machte er sich über die Reste seines Steaks her.

»Du schlingst wie ein Bluthund«, meinte Yvette Tautou und verzog ihre Lippen. »Dein Mund ist wie ein Wäschesack, in den du alles reinstopfst, was ihm zu nahe kommt.«

»Reg dich ab, Herzchen«, erwiderte Gilbert kauend. »Heute lassen wir es uns gutgehen. Keiner weiß, was morgen ist.«

Die junge Französin verdrehte die Augen und schob den Teller mit den Resten ihrer Mahlzeit über den Tisch. »Das kannst du dir auch noch reinwürgen. Ich kriege nämlich keinen Bissen mehr runter, wenn ich dir zusehe.«

Mit einem Augenzwinkern nahm Corben Gilbert das Angebot an und schaufelte alles bis auf den letzten Krümel in sich hinein. Dann lehnte er sich zurück und rülpste laut.

»Geht's denn noch ekliger?«, beschwerte sich Yvette. »In meinem Land hätte man dich für diese Unart öffentlich an den Pranger gestellt!«

»Ist doch nicht das erste Mal«, hielt Gilbert dagegen. »Irgendwo muss die Luft doch raus. Bei dir geht's wahrscheinlich in die andere Richtung.«

Pikiert tupfte Yvette mit einer Serviette über ihre Lippen, knüllte sie zusammen und legte sie auf einen der Teller. »Dazu werde ich mich nicht mit der kleinsten Silbe äußern«, sagte sie und blickte aus dem Fenster des Gasthofs hinaus auf die Straße. Ohne ihren Partner anzusehen, fuhr sie fort: »Wie soll es denn jetzt weitergehen? Nehmen wir weiterhin betrunkene Spieler aus und plündern die Kassen von kleinen Grocery Stores? Oder wollen wir es mit einer Bank versuchen, damit wir mal mehr als hundert Dollar in der Tasche haben?«

Eine Weile schien Corben Gilbert nachzudenken und sich seine Antwort genau zurechtzulegen. Schließlich meinte er: »Du hast schon recht, dass wir mit den kleinen Überfällen nicht viel verdienen. Mir schmeckt das auch nicht, aber von Banken sollten wir die Finger lassen. Die haben mittlerweile Tresore, an denen du dir selbst mit Dynamit die Zähne ausbeißt. Und die Angestellten wissen nicht mal die Kombination. Die kannst du foltern und töten, aber die haben einfach keinen Schimmer.«

»Ich will auf keinen Fall einen umbringen!«, versetzte Yvette Tautou. »Sogar in den kleinen Läden wird es immer schwieriger. Die verteidigen ihre Kasse bis zum Letzten. Irgendwann werden wir keine Wahl mehr haben, als uns mit der Waffe zur Wehr zu setzen. Das macht mir Angst.«

»Glaubst du, mir geht es anders?«, stieß Gilbert aus. »Es ist eine Sache, jemanden zu bestehlen, eine ganz andere aber, jemand umzubringen. Die Sternträger würden uns quer durchs Land hetzen. Und wenn die es nicht tun, sind da noch die Männer von Pinkerton. Ich habe da wirklich schlimme Dinge gehört. Die verhandeln gar nicht lange und stellen ihre Fragen erst, wenn du durchlöchert im Dreck liegst.«

Yvette Tautou blieb für geraume Zeit stumm und nippte nur hin und wieder mal an ihrem Weinglas. Sie kannte Corben Gilbert jedoch lange genug, um die Nuancen in seinen Gesichtszügen zu lesen. Und da war irgendwas in seinem Ausdruck, das sie zu einer Frage veranlasste. »Was hast du ausgeheckt? Sag's schon! Du weißt, dass du vor mir nichts verbergen kannst.«

Gilbert grinste schmal. »Erinnerst du dich noch an den Kerl im Saloon in Jefferson?«, fragte er.

»Du meinst diesen abgehalfterten Seemann von der Ostküste?«

»Genau den!«, bestätigte Gilbert. »Man kann darüber diskutieren, wie glaubwürdig er ist, aber diese eine Sache, von der er berichtet hat, hat mich neugierig gemacht.«

Wieder verzog Yvette ihren Mund, um ihren Unmut zu äußern. »Schön, dass ich jetzt auch mal erfahre, was ihr zwei Turteltäubchen so gequatscht habt.«

Gilbert winkte ab. »Ich habe ihm ja anfangs auch nicht geglaubt, dachte, das ist einer, der sich wichtigmachen will. Aber ich habe immer wieder über seine Aussagen nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, der Angelegenheit eine Chance zu geben ...«

»Welche Angelegenheit?«

Dankend nahm Corben Gilbert vom Kellner sein Bier entgegen, nahm einen großen Schluck und erzählte: »Der Typ hat wohl schon die ganze Welt bereist und war zuletzt in Nordafrika. Die Engländer graben dort wohl Diamanten aus und verschiffen sie auf ihre Insel ...«

»Ich kann die Affen nicht leiden!«, stieß Yvette gedämpft aus.

»Keiner kann sie leiden«, zischte Gilbert, »aber darum geht's auch gar nicht! Da muss wohl ein Amerikaner gewesen sein, der ihnen eine Ladung Diamanten abgeknöpft hat. Keine Ahnung wie, aber er hat's getan. Er hat alles auf sein Schiff verfrachtet und zur Ostküste gebracht. Und dieser Diamantentransport ist nun in unserem Land unterwegs, um ihn an der Westküste erneut zu verladen und irgendwo nach Südamerika zu bringen.«

Yvette schüttelte ihren Kopf. »Diese Informationen nützen uns doch nichts! Falls du vorhast, die Diamanten abzugreifen, müsstest du doch zuerst einmal wissen, wo sie sich befinden. Und das Gespräch mit dem Seemann liegt schon einige Tage zurück.«

»Darauf will ich doch hinaus!«, beharrte Corben Gilbert. »Bei der Einfuhr der Diamanten gibt es einige Hürden, die genommen werden wollen. Das kann sich einige Tage hinziehen. Aber der Dieb – er soll wohl Forsythe oder so ähnlich heißen – hat bereits eine Route durch die Staaten geplant. Und nach allem, was der Matrose in Jefferson berichtet hat, könnte der Transport schon bald in Colorado ankommen.«

»Und du willst, dass wir uns auf die Lauer legen?«, fragte Yvette mit leisem Spott. »Du weißt aber schon, wie groß Colorado ist, oder?«

Gilbert stürzte sein Bier hinunter und knallte das Glas auf den Tisch. »Maxwell«, sagte er. »Der Durchgangsort heißt Maxwell.«

»Und wenn das nicht stimmt?«, gab die Französin zu bedenken. »Oder wenn die Ladung bereits lange vorher durchgereicht wurde?«

Gilbert ließ sich nicht beirren. »Für uns macht es keinen Unterschied, Babe! Wir reiten die paar Meilen bis Maxwell und warten ab. Sollten wir Pech haben, vertrödeln wir ein paar Tage unserer Zeit. Sollte die Ladung aber durchkommen, ist das die größte Chance unseres Lebens!«

»Na ja«, meinte Yvette. »Unser Einsatz hält sich in Grenzen. Versuchen könnten wir es.«

»Das ist mein Mädchen!«, stieß Corben Gilbert aus und schlug mit der flachen Hand begeistert auf die Tischplatte. »Mit ein bisschen Glück haben wir für den Rest unseres Lebens ausgesorgt und lassen uns an irgendeinem Strand tief im Süden die Sonne auf den Bauch scheinen!«

Das Städtchen bestand aus einer Handvoll Wohnhäuser, einer Menge verfallener Gebäude, einem Grocery Store und einer Postkutschenstation. Lassiter war sicher, sich in dem richtigen Kaff zu befinden, konnte sich aber kaum vorstellen, hier irgendwo seine Kontaktperson zu treffen.

Da sich niemand auf der Straße befand, betrat der Mann der Brigade Sieben den kleinen Gemischtwarenladen und wandte sich an den Mann hinter dem Tresen. »Verzeihen Sie bitte, ich suche eine Person namens Bill Wesker. Kennen Sie ihn? Und wenn ja: Wo kann ich ihn finden?«

Für ein, zwei Sekunden schaute der Ladenbesitzer Lassiter eindringlich an, dann zerrte er sich seine Schürze vom Leib und rannte zur Tür. »Folgen Sie mir! Ich bringe Sie zu Wesker!«

Lassiter heftete sich an die Fersen des Mannes, der hinüber zur Postkutschenstation eilte. Er polterte durch die Tür, schnappte sich eine schwarze Weste, die an einem Haken hing und setzte sich eine Schirmkappe mit der Aufschrift »Station Clerk« auf. Auch hier verschwand er hinter einer Theke, straffte sich und stützte sich mit den Händen auf der Holzplatte ab. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er mit heiterer Miene.

»Sie wollten mich zu Bill Wesker bringen«, knurrte Lassiter. »Schon vergessen?«

Die Miene des Mannes hellte sich weiter auf. »Sie stehen ihm gegenüber! Ich bin es selbst! Und ich vermute mal, dass Sie Mr. Latimer sind.«

»Lassiter«, korrigierte der Brigade-Agent. »Sie sollen einige Unterlagen aus Washington für mich bereithalten.«

»Das tue ich!«, bestätigte Wesker. »Wissen Sie, ich bin noch nicht lange dabei, und trotzdem habe ich schon jetzt das Gefühl, Teil von etwas besonders Wichtigem zu sein. Wie Sie sich denken können, ist in diesem Nest nicht viel los. Da ist man für jede Abwechslung dankbar.«

»Die Dokumente!«, erwiderte Lassiter gedehnt. »Wo haben Sie sie?«

Wesker schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn und rollte mit den Augen. »Ach, richtig! Wo bin ich nur wieder mit meinen Gedanken? Man wird wohl träge, wenn man immer im selben Trott ist. Davon kann ich Ihnen ein unrühmliches Liedchen singen. Ganz so schlimm wie beim alten Ben ist es allerdings noch nicht. Der hat inzwischen sogar seinen Familiennamen vergessen. Die paar Leute, die noch hier wohnen, reden ihn ja auch nur beim Vornamen an. Ich habe mir jedoch geschworen, meine geistige Agilität bis ins hohe Alter zu bewahren.«

Mühsam beherrscht schnaufte Lassiter. »Sie könnten Ihre Agilität unter Beweis stellen«, meinte er, »indem Sie mir endlich die Unterlagen vorlegen.«

Flugs holte Bill Wesker unter der Theke eine Kladde hervor, die von zwei Schnüren zusammengehalten wurde. »Ich habe nicht mal einen winzigen Blick riskiert«, teilte er mit. »In dieser Hinsicht kann man sich auf mich verlassen. Vertrauliche Nachrichten sind tabu, selbst wenn mir in der Station keiner auf die Finger schaut. Da habe ich eiserne Regeln! Es gibt schon genügend Misstrauen und Unehrlichkeit in der Welt. Mit meinem Verhalten muss ich dazu nicht auch noch beitragen.«

Lassiter hatte nur mit halbem Ohr hingehört, löste die Verschnürung der Kladde und holte mehrere Blätter Papier daraus hervor. Rasch überflog er die Seiten, während Wesker fröhlich vor sich hin plapperte.

»Alles im Lot, Mr. Lassiter?«, erkundigte sich Bill Wesker. »Ich erkenne eine leichte Irritation auf Ihren Zügen.«

Die kam nicht von ungefähr. »Dieser Auftrag ist in jeder Hinsicht mehr als ungewöhnlich«, brummte Lassiter im Selbstgespräch vor sich hin. »Eigentlich ruft man mich nicht, um Detektivarbeit zu leisten ...«

»Ich verstehe schon!«, ließ sich Wesker vernehmen. »Für gewöhnlich sind Sie ein Mann der Tat, einer, der die Dinge ins Rollen bringt. Und ganz sicher regeln Sie viele Ihrer Konflikte mit den Fäusten und Ihrem Revolver. Betrachten Sie es einfach als Herausforderung, Gewalt durch Grips zu ersetzen. Nicht alles lässt sich mit Schlägen und einer Kugel aus der Welt schaffen. Daran sollten Sie immer denken!«

»Vielen – Dank – für – den – Hinweis«, entgegnete Lassiter langsam und betont. Er steckte die Blätter zurück in die Kladde und klemmte sie sich unter den Arm.

»Falls Sie heute nicht mehr weiter wollen«, meldete sich Bill Wesker erneut zu Wort, »hätte ich eine Unterkunft für Sie. Sie ist ziemlich klein, aber gemütlich. Und ein paar Dollar nebenbei könnte ich schon gebrauchen. Sicherlich können Sie sich vorstellen, dass der Umsatz in meinem Store nicht gerade üppig ist.«

Noch einmal drehte Lassiter sich herum, als er schon an der Tür stand. »Gleiches gilt wohl auch für die Postkutschenstation, richtig?«, fragte er.

»Sie sind ein Mann mit hohem Verständnis für die Bedürfnisse einfacher Bürger«, lobte Wesker. »Diese Station wurde von der Wells Fargo schon lange aufgegeben. Ich habe sie inoffiziell wiedereröffnet. Und einmal alle zwei Monate weicht die Postkutsche ein paar Meilen von ihrer gewohnten Route ab, um ein paar Briefe einzusammeln. Manchmal auch ein kleines Paket. Aber auch nur, wenn der Neffe vom alten Ben auf dem Bock sitzt.«

Lassiter hatte genug gehört, tippte grüßend an die Krempe seines Stetsons und wandte sich zum Gehen. Diamanten, ging es ihm durch den Kopf. Engländer, Forsythe ...

Noch wusste er nicht, was er von seinem neuen Auftrag halten sollte. Irgendeinem Briten waren in Afrika Diamanten abhandengekommen, die ihren Weg an die Ostküste der Vereinigten Staaten gefunden hatten. Offenbar hatte ein Kerl namens Frank W. Forsythe interveniert und wollte die Beute im Süden außer Landes schaffen. Da Forsythe kein gänzlich Unbekannter war, hatte die Brigade ihn so gut es ging observieren lassen. Fest stand, dass die gestohlenen Diamanten ihren Weg durch Colorado nehmen würden. Mögliche Durchfahrtsorte hatte man Lassiter mitgeteilt.

Dennoch war es wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen, was man auch in Washington wusste. Die Erfolgsaussichten waren nicht hoch. Dass die Brigade Sieben trotzdem auf einer Verfolgung des Transports beharrte, lag einzig daran, dass man politischen Konflikten mit England aus dem Weg gehen wollte. Was man in den afrikanischen Kolonien vorfand, gehörte der Krone. Und die nahm es übel, wenn man sie bestahl.

Lassiter hatte keine Ahnung, welcher Ort der günstigste war, um mit seiner Suche zu beginnen. Er nahm erneut seine Unterlagen zur Hand, betrachtete die Zeilen mit den Namen der Ortschaften und schloss danach die Augen. Sein rechter Zeigefinger kreiste durch die Luft, um anschließend auf das Blatt hinabzustechen.

»Gilligans End«, las er vor. Laut Beschreibung sollte sie etwa siebzig Meilen südöstlich von Aurora in den Plains liegen. Von Lassiters jetzigem Standpunkt aus waren das immerhin noch anderthalb Tagesritte. Und das auch nur, wenn er den Ort auf Anhieb fand und nicht erst in der Gegend herumirren musste. Die Ortschaft nämlich war ihm völlig unbekannt.

Forsch ritt Lassiter voran, frischte in einem auf dem Weg liegenden Städtchen seine Vorräte auf und schonte weder sich noch seinen Grauschimmel. Er übernachtete in einer felsenzerklüfteten Landschaft, gönnte sich nur wenige Stunden Schlaf und war lange vor Sonnenaufgang schon wieder unterwegs.

Es war ein zermürbender Ritt für Mensch und Tier, doch der Grauschimmel verrichtete seinen Dienst mit der Präzision und Ausdauer eines Uhrwerks. Mehrmals musste Lassiter in der ländlichen Gegend nach dem Weg fragen, bis er seinem Ziel ganz nahe war. Und es begab sich einer jener Zufälle, die der Mann der Brigade Sieben bestenfalls aus romantisierten Darstellungen in Schundromanen kannte.

Mitten in der Wüstenei aus knorrigen Bäumen und roten Felsen stieß er auf einen Wagen, dem ein Achsbruch zum Verhängnis geworden war. Das Zugpferd lag regungslos im Staub, und nur hin und wieder sah man aus der Nähe ein Blinzeln seiner Lider. Der Wagenführer saß rücklings an ein Rad gelehnt und wirkte mehr tot als lebendig.

Als Lassiter vor ihm hielt, reckte er kraftlos und zitternd einen Arm in die Höhe. »Wasser ...«, röchelte er. »Bitte ... Wasser ...«

Lassiter schwang sich aus dem Sattel, nahm seinen Schlauchbeutel zur Hand und kniete sich neben den Entkräfteten. Er betupfte die Lippen des Mannes mit Wasser und flößte ihm vorsichtig einige Schlucke ein. »Trinken Sie nicht zu hastig, sonst speien Sie die Flüssigkeit gleich wieder aus.«

Mehrere Minuten nahm sich Lassiter Zeit, den Fremden wieder halbwegs aufzupäppeln. »Was ist geschehen?«, fragte der Brigade-Agent. »Wie sind Sie in diese Lage geraten?«

Es dauerte eine Weile, bis der Mann antworten konnte. Seine Zunge hatte sich gegen den Gaumen gepresst, und beim Öffnen des Mundes zog sie lange, klebrige Speichelfäden. »Überfall ...«, sagte er stockend. »Zwei Personen. Ein Mann und eine Frau.«

»Wann war das?«, wollte Lassiter wissen.

»Vor ... zwei Tagen. Glaube ich. Mein ... mein Zeitgefühl ist dahin. Der Gaul ist mir durchgegangen und hat den Wagen an einem Felsvorsprung zerschmettert. Dabei ist er gestürzt und hat sich den Schädel eingeschlagen. Ich bin vom Bock geflogen und habe mir mehrere Rippen gebrochen.«

»Strengen Sie sich nicht an!«, wies Lassiter den Verletzten zurecht. »Ich bringe Sie in die nächste Stadt, wo man Sie verarzten wird.«