Die schwarze Fledermaus 10: Der Sieg der Schwarzen Fledermaus - G.W. Jones - E-Book

Die schwarze Fledermaus 10: Der Sieg der Schwarzen Fledermaus E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Eine ungewöhnliche Einbruchserie erschüttert die gehobenen Kreise Chicagos. Auffällig dabei ist, dass alle Einbrecher bereits wissen, wann die Polizei am Tatort erscheint. Und dass alle einen Buckel haben ...Die Printausgabe umfasst 204 Buchseiten.

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 10

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

Die Hauptfiguren des Romans:

Die Schwarze Fledermaus

Carol Baldwin

Silk Kirby

Butch O'Leary

Inspector McGrath

G. W. Jones

Der Sieg derSchwarzen Fledermaus

Aus dem Amerikanischenvon Harald Gehlen

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag, www.blitz-verlag.de, in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt bis zu einer Höhe von 23 %.© 2017 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannFachberatung: Dr. Nicolaus MathiesIllustrationen: Dorothea MathiesTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenwww.BLITZ-Verlag.deISBN 978-3-95719-010-9

G. Wayman Jones – hinter diesem Pseudonym verbirgt sich meistens der amerikanische Autor Norman A. Daniels, so auch beim vorliegenden Roman.

Daniels wurde am 3. Juni 1905 in Connecticut geboren, brach sein Studium aus finanziellen Gründen ab und begann 1931 eine beispiellos produktive Karriere als Autor. Allein in den folgenden drei Jahrzehnten veröffentlichte er über 2.000 Geschichten: Comics, Bücher, Radio­hörspiele, aber vor allen Kriminal- und Superheldenromane. Für den Chicagoer Verlag Thrilling Publications erschuf er die Figur der Schwarzen Fledermaus und verfasste einen Großteil ihrer 62 ­Abenteuer, die zwischen 1939 und 1952 in den USA erschienen. Daniels starb am 19. Juli 1995 im Alter von 90 Jahren in Kalifornien.

Das Abenteuer Sieg der Schwarzen Fledermaus erschien im September 1940 unter dem Titel The Black Bat‘s Triumph in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 - Bucklige Killer
Kapitel 2 - Der Blinde ist keine große Hilfe
Kapitel 3 - Die Todesfalle
Kapitel 4 - Pistolenfeuer
Kapitel 5 - Sturz in die Ewigkeit
Kapitel 6 - Ein Aktionsplan wird geschmiedet
Kapitel 7 - Tödliche Überraschung
Kapitel 8 - Ein gespenstischer Befehl
Kapitel 9 - Die Schwarze Fledermaus eilt zur Rettung
Kapitel 10 - Der Tod muss warten
Kapitel 11 - Zur Untätigkeit verdammt
Kapitel 12 - Rettung bei Tageslicht
Kapitel 13 - Dr. Nordens geheimnisvolle Machenschaften
Kapitel 14 - Die verschwundenen Männer
Kapitel 15 - Dem Tod von der Schippe
Kapitel 16 - Ein Geheimnis aus Bahawal
Kapitel 17 - Geschickte Finger
Kapitel 18 - Ein Geschenk für McGrath
Kapitel 19 - Die Schwingen des Gesetzes
Kapitel 20 - McGrath hört Stimmen
Kapitel 21 - Die Fledermaus bricht ein
Kapitel 22 - Die Schwarze Fledermaus rechnet ab
BLITZ-Vorschau:
Kapitel 1 - Bucklige Killer

Es war weit nach Mitternacht. Peitschender Regen trommelte gegen die Fenster von Grant Hollis’ vornehmem Herrenhaus. Im Haus flackerte das Kaminfeuer fröhlich vor sich hin und Hollis hatte es sich in einem gemütlichen Sessel bequem gemacht. Er war ein Mann um die fünfzig und wirkte zwischen all den Jagdtrophäen an den Wänden gut aufgehoben.

Ein Grizzlybär aus Alaska, ein Leopard aus dem afrikanischen Dschungel, ein riesiger Elchkopf, ein gigantischer Eber aus Indien.

Grant Hollis war sein Leben lang gereist und dabei zahllosen Überraschungen begegnet, aber keine davon war annähernd so ungeheuerlich wie das, was ihm gerade durch den Kopf ging.

Er nahm den Regen vor dem Fenster schon gar nicht mehr wahr, hätte aber sicher im Traum nicht gedacht, dass in dieser ungemütlichen Nacht ein paar seltsame Gestalten um sein Haus schlichen. Und doch, hätte in diesem Moment ein Beobachter mit guten Augen die Rückseite von Hollis’ Haus beobachtet, ihm wären zwei unheimlich aussehende Gestalten aufgefallen, die von einem pitschnassen Busch zum nächsten flitzten, ohne dabei den Schutz der Dunkelheit aufzugeben.

Hätte dieser Beobachter die beiden im Profil betrachtet, wäre ihm ein überraschendes Detail aufgefallen: Beide Gestalten hatten einen Buckel. Sie trugen Hüte mit breiten Krempen, von denen der Regen in Bächen herunterfloss. Ihre Gesichter wurden durch schwarze Schals verdeckt, die sie eng um ihre Köpfe gewickelt hatten und hinter denen nur ihre listigen Augenpaare hervorschauten.

Einer der beiden gab seinem Kumpan Zeichen, in Deckung zu bleiben. Dann schlich er näher ans Haus heran, kletterte auf eine niedrige Brüstung und bewegte sich vorsichtig seitwärts, bis er durch die Terrassentür gucken konnte. Seine behandschuhten Finger tasteten nach der Klinke, aber die Tür war verriegelt.

Seine Hand fuhr in seine Hosentasche, fand ein schlankes Werkzeug darin und steckte dies so vorsichtig ins Schloss, dass der Mann am Kamin keinen Schimmer haben konnte von der nahenden Gefahr. Das leise Klicken wurde vom prasselnden Regen verschluckt. Aus dem Dunkeln näherte sich der zweite Bucklige, mit gezogener Waffe.

Hollis fühlte den kalten Windhauch an seinem Hinterkopf und nahm das Geräusch des Regens nun stärker als zuvor wahr. Schnell erhob er sich und wandte sich der Terrassentür zu.

Dann blieb er stehen. Seine Augen verengten sich zu dünnen Schlitzen, seine Lippen verhärteten sich. Hollis war kein Feigling. Sogar diese beiden unheimlichen Gestalten, die ihm mit gezogenen Waffen gegenüberstanden, ließen sein Herz nur leicht schneller schlagen.

„Einbrecher, eh“, sagte er kalt. „Okay, was wollen Sie?“

„Setzen Sie sich“, befahl einer der Männer barsch. „Seien Sie klug und Ihnen passiert nichts. Wenn Sie irgendwelche Tricks versuchen, blasen wir Ihnen die Birne weg.“

Hollis wich langsam zurück, vorbei an zwei oder drei Sesseln, bis er am Drehstuhl hinter seinem Schreibtisch angekommen war. Wenn die beiden ihn an einen Stuhl fesseln sollten, sollte es dieser sein. In Hollis’ Kopf arbeitete es blitzschnell. Ihm war nicht entgangen, dass beide Eindringlinge einen Buckel hatten und er kalkulierte mit kühlem Kopf, dass gleich zwei Einbrecher mit einem solchen Gebrechen einen fast zu großen Zufall darstellten. Vor allem, da es sich um einen so offensichtlichen Makel handelte.

Sie benutzten die seidenen Bänder, mit denen die Vorhänge arretiert werden, um ihn zu fesseln, und leisteten dabei ganze Arbeit. Einen Knebel verpassten sie ihm nicht. Einer der Einbrecher berührte mit der Mündung seiner Waffe Hollis’ Schläfe.

„Verraten Sie uns die Kombination Ihres Safes, Bruder, und wo er sich versteckt.“

Hollis verriet ihnen die Kombination und zeigte in die Richtung, wo sie den Safe finden würden. Er sah ihnen beim Öffnen zu, wie sie den Schrank ausräumten und einen samtenen Sack mit Aktienscheinen, Bargeld und Schmuck füllten.

Die gesamte Beute belief sich wahrscheinlich auf 10.000 Dollar, alles versichert. Hollis beging nicht den Fehler, zu versuchen, nach Hilfe zu rufen. Etwas am Auftreten der beiden Männer verriet ihm, dass er es mit geborenen Killern zu tun hatte, mit nicht einmal einem Quäntchen Erbarmen hinter ihrem vermummten Äußeren.

„Hier muss noch mehr zu holen sein“, sagte einer der beiden. „Lass uns das ganze Haus durchsuchen. Pass auf, dass der Typ gut verschnürt ist.“

Hollis hätte den beiden bestätigen können, dass sie ihn perfekt verschnürt hatten. Aber sie überprüften seine Fesseln sowieso, und als sie sich von deren festem Sitz überzeugt hatten, nahmen sie die erste Etage des Hauses in Augenschein, auf der Suche nach noch mehr Beute. Nach einigen Minuten kehrten sie zurück, mit wertvollen Souvenirs in den Händen, die Hollis von seinen Reisen mitgebracht hatte. Er zuckte zusammen, als die Andenken im Samtsack verschwanden.

Daraufhin machten sich beide Männer auf den Weg in den ersten Stock. Sie schienen sich ihrer Sache so sicher zu sein, dass Hollis klar wurde, dass sie sich sein Haus nicht zufällig ausgesucht hatten. Die beiden wussten genau, dass an diesem Abend keine Diener da waren und Hollis sich alleine im Haus aufhielt. Dieser Raub war genau geplant. Er hörte ihre Schritte im Flur der oberen Etage und wartete keine Sekunde länger.

Er drehte seinen Stuhl, bis seine Hände die oberste Schublade des Schreibtisches erreichen konnten. Er zog die Schublade leise auf. Ein Telefon kam zum Vorschein. Als pingeliger Mensch hasste Hollis es, wenn das Telefon auf seinem Schreibtisch herumstand, und hatte es deshalb in die Schublade eingebaut. Er lehnte sich mit dem Stuhl nach vorne und nahm einen Bleistift mit den Zähnen auf. Dann lehnte er sich wieder zurück, bewegte sich mit dem Drehstuhl in Richtung Telefon und balancierte den Bleistift in die Löcher der Wählscheibe.

Er hatte das Gerät bereits aus seiner Halterung entfernt und drückte es nun gegen die Seitenwand der Schublade. Es war schmerzhaft, die Fesseln waren eng und er musste seinen ganzen Körper dagegen anspannen, wobei die Blutzufuhr zu seinen Gliedern abgeschnitten wurde.

Er wählte die letzte Nummer und vernahm eine Stimme durch den Hörer:

„Polizeihauptquartier.“

„Geben Sie mir Commissioner Warner, schnell“, flüsterte Hollis.

Er hörte ein Klicken und dann war Commissioner Warner an der Strippe.

„Hier spricht Grant Hollis“, flüsterte das Einbruchsopfer. „Zwei bewaffnete Diebe sind in mein Haus eingedrungen. Schicken Sie Hilfe, aber bitte leise. Die beiden wissen nichts von dem Anruf. Ihre Männer können mein Haus umstellen und sie dingfest machen, wenn sie rauskommen. Beeilen Sie sich!“

„Ich schicke Ihnen die Funkstreife mit ausgeschalteten Sirenen“, teilte Warner mit. „Halten Sie durch, Hollis. Hilfe wird in vier bis fünf Minuten eintreffen.“

Grant Hollis entfuhr ein langer Seufzer der Erleichterung. Da hörte er, wie die Männer die Treppe runterkamen. Er schob die oberste Schublade zurück, bis sie nur noch zwei, drei Zentimeter offenstand. Als die Diebe ins Zimmer zurückkehrten, saß er aufrecht im Stuhl und beäugte die beiden mit offener Verachtung.

„Sie sind ein kluger Kerl“, sagte einer der Buckligen. „Also, haben Sie noch irgendwo Knete im Haus – oder Schmuck? Verdammt, Mister, Sie sind doch komplett versichert. Sie können uns das Leben wirklich erleichtern, damit wir es Ihnen auch leichter machen. Sie haben doch nichts zu verlieren, daher ...“

Plötzlich blieben beide Einbrecher wie angewurzelt stehen, als hätte ihnen jemand ein unsichtbares Zeichen gegeben. Für eine geschlagene halbe Minute bewegten sie sich nicht. Dann stieß einer der beiden einen Fluch aus.

„Sie haben also die Bullen gewarnt, heh? Die schicken Hilfe, nicht wahr? Nun denn, Mister, das bedeutet Gute Nacht für Sie.“

Der zweite Bucklige eilte zur Couch, ergriff ein dickes Kissen und drückte seine Waffe tief hinein. Hollis’ Augen weiteten sich vor Schrecken, als der Killer auf ihn zu trat und das Kissen an seinen Kopf drückte. Durch den Stoff hindurch konnte er die Mündung der Waffe spüren und wusste, was die beiden vorhatten. Das Kissen sollte den Lärm des Schusses dämpfen. Hollis bäumte sich entsetzt auf.

„Das ist Mord! Dafür werdet ihr hingerichtet, ihr Idioten! Wenn ihr jetzt abhaut, könnt ihr euch noch retten.“

„Wir haben noch zwei Minuten, bevor die Funkstreife hier ist“, schnauzte einer der Männer. „Sie werden nur noch Ihre Leiche finden. Verstehen Sie, wir machen das nicht nur, weil Sie die Bullen alarmiert haben. Wir hatten das sowieso vor. Mach’s gut, Trottel.“

Hollis schrie noch ein letztes Wort:

„Kranz!“

Dann ging die Waffe los. Hollis hörte den Schuss gar nicht mehr, die Kugel hatte bereits seine Sinne ausgeschaltet, bevor das Donnern der Kanone seine Trommelfelle zerplatzen ließ. Der Mörder trat zurück und warf das Kissen auf den Boden. Sein Komplize ergriff noch schnell mehrere wertvolle Einrichtungsgegenstände und verstaute sie im Samtsack. Dann warf er ihn sich auf den Rücken und die beiden Männer rannten zur Tür.

Sie sprangen über das niedrige Geländer und versuchten, mit schnellen Schritten das Anwesen hinter sich zu lassen. Das Scheinwerferlicht eines Streifenwagens bewegte sich um die Ecke und hüllte die beiden Gestalten in einen hellen Schein. Ein Schuss fiel. Die beiden Buckligen wirbelten herum, zielten mit ihren eigenen Waffen und bedachten die Funkstreife mit einem tödlichen Bleihagel.

Ein Mann schrie. Die Tür des Polizeiautos öffnete sich. Ein uniformierter Polizist sprang heraus und richtete seine Waffe auf die Diebe. Er kam noch dazu, zwei Schüsse abzufeuern, bis ein ganzer Batzen überraschend gut gezielten Bleis seine Brust perforierte. Sein Körper erschlaffte und fiel in die vom Regen angeschwollene Gosse.

Für ein paar Sekunden herrschte betroffenes Schweigen. Dann schrillte eine Polizeipfeife durch die Stille und jemand bellte Befehle für einen schnellen Angriff auf die beiden Killer.

Lieutenant McGrath, klein, untersetzt, glatzköpfig und pitschnass, leitete den Einsatz. Er gab seine Befehle und eilte daraufhin ins Haus. McGrath verzog das Gesicht beim Anblick dessen, was er auf dem Drehstuhl vorfand. Seine Augen entdeckten die halb offene Schublade und das Telefon darin. Er nahm den Hörer und stellte fest, dass Commissioner Warner immer noch in der Leitung war.

„Hollis ist tot, Sir“, berichtete McGrath. „Schuss in den Kopf von zwei miesen, kaltblütigen Mördern, während er an seinen Stuhl gefesselt war. Aber die kriegen wir. Ich habe jede Menge Männer um den Häuserblock herum postiert und Sergeant Wolfe gibt Anweisungen über das Funkgerät in seinem Wagen. Funkstreifen kommen aus allen Richtungen dazu. Wir haben die beiden Täter gesehen – beide hatten Buckel. Ja, ich sagte: Buckel. Zwei unserer Männer sind verletzt, einer ziemlich schwer.“

McGrath legte auf und begab sich zurück nach draußen in den Regen, um weitere Anweisungen zu geben. Aber eine halbe Stunde später musste er feststellen, dass die beiden Killer seinem Einsatzkommando entkommen und geflüchtet waren. Eine weitere halbe Stunde verbrachte er damit, das Haus zu durchsuchen, fand jedoch nichts. Die Spurensicherung untersuchte die naheliegenden Stellen im Haus, aber entdeckte keine auffälligen Fingerabdrücke.

McGrath dämmerte der Gedanke, dass die beiden Mörder genauso clever wie skrupellos vorgegangen waren. Seine einzige Chance bestand darin, zu überprüfen, was gestohlen worden war und alle Pfandhäuser und Hehler zu überwachen.

In diesem Moment kehrten zwei von Hollis’ Dienern zurück. Nachdem sie sich vom Schock erholt hatten, ihren Arbeitgeber tot vorzufinden, fingen sie an zu reden. ­Mc­Grath erstellte eine Liste der Sachen, die fehlten.

„Beute im Gesamtwert von zwölf Riesen“, rechnete er laut vor.

Kapitel 2 - Der Blinde ist keine große Hilfe

Am frühen Abend des nächsten Tages parkte Commissioner Warner sein Auto vor einem großen Haus, das von der Straße durch eine hohe, majestätische Baumreihe und clever gepflanzte Sträucher abgeschirmt wurde. Am Tor war ein Namensschild aus Messing befestigt. Darauf stand:

Tony Quinn

Warner öffnete das Tor und schritt einen Pfad entlang, bis er die Eingangstür erreichte. Er klingelte und rasch wurde die Tür geöffnet, von einem schlanken, beinahe glatzköpfigen Mann, der Warner kritisch beäugte. Norton Kirby, besser bekannt als Silk, war Tony Quinns Butler, Kammerdiener und schlicht Mädchen für alles. Einst stand er im Konflikt mit dem Gesetz und betrachtete alle Gesetzeshüter mit einem Rest dieser alten Feindseligkeit.

„Guten Abend, Silk“, sagte der Commissioner freundlich. „Ich hoffe, Tony ist zuhause?“

Silk ließ ein ehrliches Lächeln aufblitzen. Er mochte diesen angenehmen, freundlichen Polizeibeamten.

„Ja, Sir, und ich bin mir fast sicher, dass er sich sehr über Ihren Besuch freut. Für einen Blinden ist das Leben oft sehr langweilig.“

Warner nickte und trat in die weiträumige Bibliothek. Er konnte den Rücken eines großen, komfortablen Sessels erkennen und eine Rauchsäule, die langsam über dem Sitzmöbel aufstieg. Eine sanfte Stimme begrüßte ihn.

„Kommen Sie rein, Commissioner. Ich freue mich über Ihre Gesellschaft.“

Warner nahm sich einen Sessel und für einen Moment starrte er schweigend die Person an, die da am Kamin saß. Er erblickte einen gut gebauten Mann, in zerknitterte Tweedhosen und ein Smokingjackett gekleidet. Der Mann hatte eine gut gestopfte Pfeife zwischen den Zähnen und hielt den Blick in die lodernden Flammen des Kamins gerichtet, ohne mit der Wimper zu zucken.

Flammen hatten keine Bedeutung für diesen Mann, dessen Augen die komplette Regungslosigkeit eines vollkommen blinden Menschen besaßen. Sein Gesicht, direkt unter den Augen, war grauenhaft entstellt und die Narben auf seiner Haut glänzten im Widerschein des Feuers, bis sich das Gesicht Commissioner Warners durch den Anblick zu einer Grimasse verzog.

Er wusste, wie Tony Quinn erblindet war. Quinn war einst ein überzeugter, entschlossener Staatsanwalt, der das Verbrechen mit allen Mitteln bekämpfte. Doch dann hatten Gangster eines Tages mitten in einer Gerichtsverhandlung versucht, Beweismittel mit Hilfe von Säure zu zerstören. Quinn wollte das verhindern und bekam einen Teil der Säure ab, mitten ins Gesicht. Die Verätzungen reichten tief und die besten Augenärzte der Welt stempelten Tony Quinn zu einem hoffnungslosen Fall ab.

Er musste aus dem Dienst ausscheiden und wurde zum Einsiedler. Durch seinen Reichtum unabhängig, konnte er sich ein sehr komfortables Leben leisten, aber seine toten Augen und sein entstelltes Gesicht zeigten seither die Bitterkeit eines Mannes, der bereits in frühen Jahren vom Leben besiegt worden war.

Commissioner Warner versorgte sich selbst mit einer Pfeife voll Quinns aromatischem Tabak, steckte sie sich an und lehnte sich im Sessel zurück.

„Tony, ich stecke mal wieder in einer Sackgasse fest. Es hilft mir sehr, wenn ich solche Fälle mit Ihnen besprechen kann. Ihre juristische Erfahrung nützt mir enorm und ich weiß, dass ich Ihnen vertrauen kann. Sie haben sicher vom Mord an Grant Hollis in der vergangenen Nacht gelesen?“

Quinn nickte. „Silk hat mir davon aus der Zeitung vorgelesen. Hollis war ein guter Mann. Ich hoffe, Sie schnappen die Teufel, die ihn umgebracht haben. Aber warum ist der Fall so etwas Besonderes? Nach dem, was ich gehört habe, hat Hollis versucht, Sie zu verständigen und die Männer haben ihn deswegen umgelegt. Sie haben sein Haus ausgeraubt. Das ist doch nichts Außergewöhnliches.“

„Da liegen Sie falsch“, sagte Warner angespannt. „Hollis hat mich angerufen. Ich habe Streifenwagen rausgeschickt und Anweisung gegeben, sich besonders leise dem Haus zu nähern und es zu umstellen. Die Verbindung zwischen meinem und Hollis’ Telefon blieb offen. So konnte ich hören, wie die beiden Räuber sich unterhielten. Und dann sagten die beiden ihm plötzlich, dass sie darüber Bescheid wissen, dass er die Polizei alarmiert hat und Streifenwagen auf dem Weg sind. Wenn Hollis recht hatte, konnten sie davon gar nichts wissen. Und trotzdem wussten sie es – und nicht nur das. Sie wussten sogar, wie viel Zeit ihnen blieb, bis die Streifenwagen eintreffen würden.

Einer von ihnen sagte zu Hollis, dass er nicht nur deshalb sterben muss, weil er die Polizei gewarnt hat. Für seinen Tod gab es wohl einen anderen Grund, den er aber nicht nannte. Und dann schrie Hollis noch ein letztes Wort und dabei habe ich mich auch nicht verhört.

Er schrie dieses eine Wort – Kranz. Ich habe in Hollis’ Freundeskreis geforscht, aber ich kann niemanden finden, der so heißt. Auch in unseren Akten ist kein Gauner mit diesem Namen verzeichnet.“

Tony Quinn zog langsam an seiner Pfeife.

„Und da ist noch was, Commissioner. Das höre ich am Tonfall Ihrer Stimme. Blinde können sich auf ihre verbleibenden Sinne besonders gut verlassen, wie Sie wissen, und meine Ohren sind besonders gut.“

„Daran müssen Sie mich nicht erinnern“, sagte Warner. „Das habe ich schon am eigenen Leibe feststellen dürfen. Ja, Sie haben recht, Tony: Da ist noch was.

Vor neunzig Minuten sind die Mörder bei Robert Kilpatrick, dem Bankier, aufgetaucht. Sie haben ihn gefesselt, sein Haus ausgeräumt, bis einer seiner Diener überraschend nach Hause kam. Zufällig warf der Diener einen Blick durchs Fenster, bevor er das Haus betrat, sah den gefesselten Hausherrn und eilte zum nächsten Telefon, um das Hauptquartier anzurufen.

Als meine Männer eintrafen, war Kilpatrick tot, die Mörder verschwunden und 7.000 Dollar in Edelsteinen, Bargeld und Einrichtungsgegenständen geklaut. Die Männer haben Hals über Kopf das Haus verlassen, ohne den Job zu Ende zu bringen, und dabei ein teures Silberservice aus Kilpatricks Besitz einfach zurückgelassen. Irgendwie waren sie gewarnt, dass die Polizei im Anmarsch war. Wie in Gottes Namen konnten sie in beiden Fällen davon wissen?“

„Woher wissen Sie, dass es sich um das gleiche Diebespaar handelte?“, fragte Quinn ruhig.

An der Oberfläche ließ er sich keinerlei Emotionen anmerken, aber in ihm drin brodelte es. Um die beiden Morde rankte sich ein Geheimnis. Wie hatten die beiden Killer von der Gefahr erfahren? Dahinter musste ein brillantes Gehirn stecken, ein kluger Kopf, der seine Agenten steuerte und vor einer Gefangennahme beschützte.

„Das ist leicht“, antwortete Warner. „In beiden Fällen wurden die Mörder gesehen. Sie waren ähnlich gekleidet und alle hatten einen Buckel. Und das ist noch nicht alles. Fünf weitere Häuser wurden diese Nacht ausgeraubt. In zwei Fällen wurden die Räuber gesehen. Es waren Bucklige.“

Quinn schürzte seine Lippen und pfiff leise.

„Das klingt interessant. Natürlich haben sie keine Hinweise zurückgelassen. Aber, Commissioner, wie kann ich Ihnen helfen? Ich bin blind! So hilflos wie ein zehn Minuten altes Kätzchen. Sparen Sie sich Ihre Antwort. Ich kenne den Grund. Sie sind so freundlich, mich zu besuchen, damit ich etwas habe, über das ich nachdenken kann.

Bei vergangenen Fällen habe ich ein paar Ideen beisteuern können, größtenteils, weil ich nichts anderes zu tun habe, als darüber zu brüten. Aber diesmal ist es anders. Diesmal muss man zur Lösung des Falles aktiv werden und ich, nun ja, bin dazu nicht in der Lage.“

„Ja, ich weiß.“ Warner paffte gedankenverloren an seiner Pfeife. „Dies ist einer der Fälle, bei dem ich mir die Hilfe der Schwarzen Fledermaus wünschen würde. Lachen Sie nicht. Ich weiß, Lieutenant McGrath glaubt, dass Sie die Schwarze Fledermaus sind. Ich weiß, Sie gehen davon aus, dass ich das Gleiche denke. Vielleicht tue ich das, vielleicht auch nicht. Das macht keinen Unterschied.

Ich mache nur einer sehr vagen Hoffnung Luft. Obwohl die Schwarze Fledermaus Methoden anwendet, die nicht ganz mit dem Gesetz dieses Landes im Einklang sind, so gibt es doch Zeiten, in denen diese Art von Einsatz benötigt wird.

Verdammt, Tony, wenn ich sicher wäre, dass Sie die Schwarze Fledermaus sind, ich würde Sie bitten, sich darum zu kümmern und den Fall auf Ihre Weise zu lösen. Aber ich bin mir eben nicht sicher. Es ist nur eine Hoffnung, und zwar eine verzweifelte, denn wie um alles in der Welt könnten Sie die Schwarze Fledermaus sein? Ich habe doch mitbekommen, wie viele Untersuchungen Sie hinter sich haben. Jeder Arzt hat Sie als hoffnungslosen Fall diagnostiziert und als komplett blind. Lieutenant McGrath hat das überprüft, bis die Ärzte von seinen Besuchen komplett genervt waren.“

Quinn warf seinen Kopf zurück und lachte laut auf.

„Armer McGrath. Er hat immer mal wieder versucht, mich auszutricksen. Ich konnte es nicht sehen, aber fühlen. Einmal hat er ein Streichholz entzündet und es so nah an meine Augen gehalten, dass er beinahe meine Nasenspitze angekokelt hat.

Nein, Commissioner, Sie liegen falsch. Wie Sie schon sagten, ich kann nicht die Schwarze Fledermaus sein, auch wenn ich meine Seele verkaufen würde, um in seiner Haut zu stecken – oder in seinem Umhang. Möchten Sie einen Drink?“

Warner stand auf. „Nein danke. Ein Päckchen Aspirin wäre mir jetzt viel lieber als Alkohol. Danke trotzdem, Tony. Ich werfe heute noch mal einen letzten Blick auf die Häuser der beiden ermordeten Männer. Dann werde ich die Wachen abziehen, die ich da platziert habe. Ihre Anwesenheit dort macht keinen Sinn, wenn es nicht mal den Hauch einer Spur gibt. Danke nochmals.“

Silk beobachtete den Commissioner, bis er weggefahren war. Dann eilte er in die Bibliothek und zog hastig die Vorhänge vor die Fenster. Tony Quinn hatte sich nicht bewegt, aber sein Gesicht hatte sich verändert. Seine toten Augen waren plötzlich voller Leben.

„Diesmal wollte er Sie reinlegen, Sir“, sagte Silk.

„Nein, Silk. Warner vermutet, ich sei die Schwarze Fledermaus, aber er hat genauso wenige Beweise dafür wie Lieutenant McGrath. Und trotzdem möchte Warner, dass die Schwarze Fledermaus sich in den Fall einmischt. Er hat versucht, die Geschichte besonders spannend zu erzählen, damit, falls ich die Schwarze Fledermaus bin, im ganz großen Stil in den Fall einsteige – und genau das werde ich auch tun.

Diese Morde könnten von einem Verbrecherring begangen worden sein, aber das glaube ich nicht. Sie waren kaltblütig und vorsätzlich so geplant. Bedenken Sie, bei fünf anderen Diebstählen wurde niemand getötet. Hollis und Kilpatrick mussten nicht sterben, einfach nur, weil die Polizei unterwegs war. Für die Mörder sollte jede Sekunde gezählt haben, die sie zur Flucht hätten nutzen können. Lange genug zu bleiben, um einen Mord zu begehen, ist der Beweis, dass es von vornherein so geplant war.

Mich interessiert, wie sie um alles in der Welt wissen konnten, dass die Polizei auf dem Weg war? Und warum haben die Mörder allesamt Buckel? Menschen, die auf diese Art entstellt sind, sind normalerweise kränklich und schwach. Nur sehr wenige haben das Zeug zu ruchlosen Killern oder auch nur Dieben. Silk, wenn Warner die Schwarze Fledermaus auf den Fall neugierig machen wollte, ist ihm das absolut gelungen. Rufen Sie Butch und Carol an. Lassen Sie sie rüberkommen, sofort. Wir legen los, solange die Fährte noch frisch ist.“

Silk nickte eifrig.

Er war mehr als heiß darauf, seinen scharfen Verstand zu nutzen, um den Mördern auf die Schliche zu kommen. Silk war einst ein Schwindler und später sogar ein Dieb. Seitdem er Quinns Leben gerettet hatte, indem er seine eigene Freiheit aufs Spiel setzte, waren die beiden zu engen Freunden und Verbündeten geworden.

Als er Carol Baldwins Nummer wählte, dachte er an die Zeit zurück, als Tony Quinn wirklich blind war. Und dann kam sie, blond und bezaubernd, mit der einzigen Lösung, ihm sein Augenlicht wiederzugeben. Ihr Vater war ein Ordnungshüter und starb an der Kugel eines Schurken. Er vermachte seine Augen an Tony Quinn, damit der Kampf gegen das Verbrechen weitergehen konnte.

Ein geschickter und kaum bekannter Landarzt hatte die Operation durchgeführt und Tony Quinn konnte wieder sehen. Eine Operation, die komplett geheim gehalten wurde.

Neben Carol und Silk wusste nur eine weitere Person, dass Tony Quinn sehen konnte und die Schwarze Fledermaus war. Dieser Mann war Jack O’Leary, besser bekannt als Butch, aufgrund seiner enormen Größe. Er war kein Schnelldenker, aber absolut loyal, und wenn die Fledermaus Muskelkraft benötigte, war Butch ein wirklich nützlicher Verbündeter.

Dreißig Minuten später waren alle vier in Tony Quinns Labor zusammengekommen, das geschickt hinter den Wänden seines Arbeitszimmers versteckt war. Hier stand Quinn jedes wissenschaftliche Gerät zur Verbrechensbekämpfung zur Verfügung. Große Wälzer über Verbrechenspsychologie, Toxikologie, mikroskopische Analyse und die nötige Ausrüstung, um das gebündelte Wissen dann auch in die Praxis umsetzen zu können und Schurken damit das Handwerk zu legen.

Quinn saß neben Carol und hielt eine ihrer Hände in seinen eigenen. Ein Gefühl, das über Freundschaft hinausging, hatte sich zwischen den beiden entwickelt. Aber nun waren alle gespannt, was Quinn zu berichten hatte.

„Wir müssen hart und schnell zuschlagen. Silk, Sie müssen hier bleiben und die Verbindung zu uns halten. Entschuldigen Sie, aber Sie müssen von hier aus meine Anweisungen empfangen und weitergeben, wenn ich Hilfe brauche. Carol, du beginnst sofort mit deinen Ermittlungen bezüglich Grant Hollis und Robert Kilpatrick.

Tauch ein in die Leben der beiden, sprich mit Menschen, die etwas über Freunde und Feinde der beiden zu berichten wissen, ihren Frauen. Wer profitiert vom Tod der beiden? Halte dich nur von ihren Häusern fern, da werde ich Untersuchungen anstellen. Commissioner Warner hat der Schwarzen Fledermaus freundlicherweise eine offene Einladung ausgesprochen, beide Häuser nach Spuren zu durchsuchen. Er sagte mir, dass er alle Wachen abziehen möchte. Untersuche dann die anderen fünf Opfer. Die Namen findest du in den Zeitungen.“

„Was ist mit mir, Boss?“ Butchs donnernde Stimme mischte sich ein. „Darf ich jemanden was auf die Schnauze geben?“

„Vielleicht.“ Quinn grinste. „Eigentlich kann ich es sogar garantieren. Hören Sie sich trotzdem erst mal in der Unterwelt um. Schauen Sie, ob Sie etwas über zwei bucklige Gauner herausfinden können, die sich gut miteinander verstehen. Hören Sie sich um, was über die beiden Morde erzählt wird – und halten Sie sich Ärger vom Leib.“