Die schwarze Fledermaus 14: Das nasse Grab - G.W. Jones - E-Book

Die schwarze Fledermaus 14: Das nasse Grab E-Book

G. W. Jones

0,0

Beschreibung

Aus dem Amerikanischen von Swantje BaumgartIm Hafenviertel wird gestreikt, auf hoher See werden Schiffe versenkt und Matrosen kaltblütig ermordet. Wer steckt hinter diesen grauenvollen Taten? Niemand rechnet mit dem, was dann passiert.Das Abenteuer Das nasse Grab erschien im Mai 1941 unter dem Titel The Black Bat and the Red Menace in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.Die Printausgabe umfasst 216 Buchseiten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 239

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 14

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

Die Hauptfiguren des Romans:

Die Schwarze Fledermaus

Carol Baldwin

Silk Kirby

Butch O'Leary

Inspector McGrath

G. W. Jones

Das nasse Grab

Aus dem Amerikanischenvon Swantje Baumgart

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannFachberatung: Dr. Nicolaus MathiesIllustrationen: Dorothea MathiesTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-014-7

Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

G. Wayman Jones – hinter diesem Pseudonym verbirgt sich meistens der amerikanische Autor Norman A. Daniels, so auch beim vorliegenden Roman.

Daniels wurde am 3. Juni 1905 in Connecticut geboren, brach sein Studium aus finanziellen Gründen ab und begann 1931 eine beispiellos produktive Karriere als Autor. Allein in den folgenden drei Jahrzehnten veröffentlichte er über 2.000 Geschichten: Comics, Bücher, Radio­hörspiele, aber vor allen Kriminal- und Superheldenromane. Für den Chicagoer Verlag Thrilling Publications erschuf er die Figur der Schwarzen Fledermaus und verfasste einen Großteil ihrer 62 Abenteuer, die zwischen 1939 und 1952 in den USA erschienen. Daniels starb am 19. Juli 1995 im Alter von 90 Jahren in Kalifornien.

Das Abenteuer Das nasse Grab erschien im Mai 1941 unter dem Titel The Black Bat and the Red Menace in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 - Mord segelt über das Meer
Kapitel 2 - Kreuzfahrt
Kapitel 3 - Der lange Arm des Todes
Kapitel 4 - Die Jagd beginnt
Kapitel 5 - Im Hafenviertel
Kapitel 6 - Treffpunkt
Kapitel 7 - Folterlichter
Kapitel 8 - Bund des Hasses
Kapitel 9 - Das Friedensbündnis
Kapitel 10 - McGrath greift zu
Kapitel 11 - Hinters Licht geführt
Kapitel 12 - Anführer unbekannt
Kapitel 13 - Streik!
Kapitel 14 - Mordpläne
Kapitel 15 - Ohne Gewalt
Kapitel 16 - Jagdausflug
Kapitel 17 - Der Gefangene der Fledermaus
Kapitel 18 - Vorspiel zum Mord
Kapitel 19 - Seebestattung
Kapitel 20 - Das Gesicht des Mannes in Schwarz
Kapitel 21 - Die sanfte Tigerin
Kapitel 22 - Die Wahrheit kommt ans Licht
Kapitel 1 - Mord segelt über das Meer

Der siebentausend Tonnen-Frachter Amber Cross stampfte, beladen mit Erz aus Südamerika, gemütlich dahin. Doch an Bord war es nicht so ruhig wie das Wetter. Intrigen, Mordgerüchte und Hass verbreiteten sich in Windeseile.

Mehr als die Hälfte der Besatzung ging missmutig ihren jeweiligen Tätigkeiten nach. Der Captain, geboren und aufgewachsen auf dem Meer, lief auf der Brücke umher, wobei er sich über den Vulkan, der unter den Decks brodelte, völlig im Klaren war. Drei Männer befanden sich auf der Brigg, Männer, die verlangten, mit den Offizieren zu essen, obwohl den Offizieren und den Männern das gleiche Essen gereicht wurde. Das bereitete dem Kapitän Sorge.

Der stämmige Frank Adams mit dem kühlen Blick wusste über all das Bescheid. Er sorgte sich weniger um sich selbst, sondern vielmehr um seinen jüngeren Bruder Joey, der als assistierender Funker an Bord war. Frank Adams stieg langsam die Niedergangsleiter hinauf und zum Funkraum. Er berührte etwas Feuchtes und sah, dass seine Hand blutverschmiert war. Stirnrunzelnd ging er weiter, während seine Gedanken um Joey kreisten.

Joey hatte sich immer am meisten für den Funkverkehr interessiert, und er hatte monatelang versucht, Arbeit auf einem Schiff zu finden, ehe er schließlich diesen Job bekam. Nun hatte er ihn, und Frank Adams war zutiefst besorgt über seinen kleinen Bruder inmitten dieses Hexenkessels voller Hass. Joey hatte kaum das körperliche ­Stehvermögen, um sich zu behaupten, wenn die menschliche Bombe wie erwartet hochgehen und sie alle bis zum Himmel schießen würde. Joey war knapp eins siebzig groß und wog nicht einmal 54 Kilo, und obwohl die Sonne auf dem Meer seiner Haut eine dunklere Farbe gegeben hatte, sah er weiterhin nicht besonders gesund aus.

Als Frank Adams den Funkraum erreicht hatte, schloss er die Tür und die Luke.

„Joey“, sagte er. „Auf diesem Kahn wird bald einiges los sein. Der erste Steuermann hat sich seit einer Stunde nicht mehr blicken lassen. Auf der Niedergangsleiter habe ich gerade Blut gefunden. Um den Steuermann hat sich jemand gekümmert, in Ordnung. Jetzt hör mir zu. Du und ich, wir hatten unsere Auseinandersetzungen über die Gewerkschaft, der ich mich angeschlossen habe, und in gewisser Weise hattest du vielleicht recht. Ich hätte mehr Fragen stellen sollen, dann hätte ich vermutlich mehr von dem erfahren, was ich jetzt weiß. Dass es eine ausländische Gruppe gibt, die sich in unsere Gewerkschaft eingeschlichen hat und nun mit allen Mitteln versucht, sie zu kontrollieren. Aber der wichtigste Punkt ist, wir sind jetzt auf diesem Kahn, der von diesem Haufen Ausländer praktisch gelenkt wird, und wir sind in Gefahr. So wie jeder gute Mann der Gewerkschaft bald in Gefahr sein wird, wenn er sich von diesen Teufeln nicht herumkommandieren lässt. Und noch schlimmer ist, dass die Männer von der Gewerkschaft zu oft gar keine Chance haben, wenn sie mit denen nicht mitspielen und die infernalischen Ausländer in der Überzahl sind, was auf diesem Frachter der Fall ist. Ich hab das schon oft gesehen, Joey, Männer, die los­segeln und niemals zurückkehren, weil der Frachter, auf dem sie segelten, versenkt wurde. In letzter Zeit verschwinden viel Frachter.“

*

Joey legte seine Kopfhörer auf den Tisch und wandte sich auf seinem Drehstuhl um.

„Das ist der Hauptgrund, warum ich mich geweigert habe, deiner Gewerkschaft beizutreten, Frank“, sagte er ernst. „Ich hatte gute Gründe, mehr über diese Männer in Erfahrung zu bringen, die versuchen, sie zu übernehmen. Kommunisten, roter als der Umhang eines Matadors, haben mit all dem angefangen. Und nun sind die Nazis und die Faschisten zu ihnen gestoßen, und wenn die Männer der amerikanischen Gewerkschaft nicht vernünftig werden und sie rausschmeißen, dann werden sie die gesamte Gewerkschaft der Seefahrt leiten, bevor irgendjemand merkt, was passiert. Ich weiß mehr als vorher über diese Jungs, die die guten Amerikaner gleich ins Meer werfen wollen. Ich weiß das von meinem Boss. Er ist so rot wie Rote Beete. Liest nur die Theorien von Lenin und die Flugblätter, die von diesen durchgeknallten Trotteln ausgegeben werden, die die Welt gemäß einem Plan führen wollen, der noch verrückter ist als sie selbst.“

Frank ging zur Tür und warf einen hastigen Blick nach draußen. Er wusste, dass an Bord mehr spioniert als geschlafen wurde.

„Gut“, sagte er schnell. „Ich habe meine Gewerkschaftskarte bekommen. Und diese Ratten, die vorhaben, auf diesem Schiff die Hölle losbrechen zu lassen, wie sie es schon auf anderen Kähnen getan haben, wissen nicht, ob ich für oder gegen sie bin. So klug war ich zumindest, da ich bis zu unserer Abfahrt nicht wusste, ob wir mit einem Haufen Kommunisten, Nazis oder Faschisten segeln, oder mit Amerikanern. Das war reiner Selbstschutz, weil ... Na ja, ich weiß von mindestens fünf Frachtern, die in den letzten sechs Monaten untergegangen sind. Und jedes Mal ist ein Drittel der Mannschaft mit dem Schiff untergegangen. Diejenigen, die gerettet wurden, gehörten zu diesem radikalen Haufen. Für mich heißt das, dass die Männer von der amerikanischen Gewerkschaft, die petzen könnten, einfach umgebracht wurden.“

Joey schloss die Augen. „Ich schätze, dann bin ich jetzt dran zu gehen“, sagte er mit ruhiger Resignation. „Ich gehöre nicht mal zur Gewerkschaft. Ich bin vermutlich der Erste, der einen draufkriegt. Frank, was glaubst du, wann die Bombe hochgehen soll?“

„Heute Nacht. Wir segeln auf der üblichen Route, ein Rettungsschiff wird also nicht weit sein. Darauf achten diese Ratten immer. Aber Joey, sie werden dich nicht kriegen. Überlass das mir.“

Joey seufzte. „Und ich dachte, ich wollte nichts auf der Welt lieber als Funker sein und zur See fahren. Schiffe sind nichts mehr für echte Amerikaner, Frank. Die sind voll von Abschaum und Lumpenpack. Ausländer, die eingeschleust wurden und alles auf ihre Weise regeln wollen, selbst wenn sie dafür morden, meutern und ihre Schiffe versenken müssen. Ich habe keine Ahnung, was dahintersteckt. Klar, vielleicht denken diese Trottel, dass sie ein neues Zeitalter in der ganzen Welt ins Leben rufen wollen, und führen all das gemäß ihren irren Ideen durch, wie sie sagen. Aber wenn sie weiterhin Menschen umbringen und Schiffe versenken, dann werden nicht genug übrig bleiben, um ihre goldenen Theorien zu beweisen.“

Frank Adams antwortete mit wenigen Worten. „Okay, Kleiner. Ich hab dir das hier vorher nicht gesagt, aber das hier wird ein Entscheidungskampf. Wenn du hier rauskommst und ich nicht, dann schrei es von den Dächern. Sie versuchen, die Vereinigten Staaten an der Wiederbewaffnung zu hindern. Sie helfen Hitler und seinen Gefolgsleuten. Denn wenn er gewinnt, wird die Welt vor die Hunde gehen, und es wird für den Kommunismus und die Achsenmächte viel leichter sein, sie zu übernehmen. Die Befehle kommen direkt aus Moskau und Berlin. Ebenso das Geld, mit dem dieses Teufelswerk finanziert wird. Die See ist nicht bereit für anständige Männer, solange diese Geier darüber kreisen. Jüngere Brüder hören nie auf ihre älteren Brüder, und genauso hätten wir auf Mark hören sollen. Er hatte recht mit dem, was er über die ganze Sache sagte, dass wir uns vor solchen Vögeln in Acht nehmen sollten. Jetzt nimm du dich in Acht, Kleiner. Ich gehe an Deck, um zu sehen, woher der Wind weht.“

Als Frank die Funkkabine verließ, stolzierte ein stämmiger, o-beiniger Matrose auf ihn zu.

„Ich mache einen Kontrollgang“, sagte er. „Wie ich höre, bist du einer von uns, Kumpel. Ist das richtig?“

Frank nickte, und der Matrose senkte seine Stimme.

„Heute Abend, gleich nach Einbruch der Dunkelheit. Rettungsboot Drei, und kein Wort!“

*

Frank ging nach unten. Er inspizierte mehrere Kajüten. In der des zweiten Steuermannes sah es aus, als hätte hier ein heftiger Kampf stattgefunden. In einer Ecke sah er eine verschlossene Truhe und brach sie hastig auf. Im Innern fand er, wonach er gesucht hatte: Eine schwere, geladene Automatik. Er steckte sie unter seinen Gürtel und zog seinen Pullover darüber.

Als der Mond aufging, hörte Frank einen Schrei und mehrere Schüsse. Er rannte an Deck. Der Kapitän hockte zusammengesunken an der Reling, die Augen bereits glasig. Zwei spöttisch lächelnde Männer standen vor ihm, beide hielten rauchende Waffen in der Hand. In der Nähe standen weitere Männer. Frank griff nach seiner eigenen Waffe, doch schnell wurde ihm klar, dass er nicht dreiviertel der Mannschaft würde bekämpfen können. Er hatte bereits herausgefunden, dass die Ausländer absolut in der Überzahl waren.

Widerwillig wich er zurück, doch in den nächsten Minuten beobachtete er weitere ähnliche Szenen. Männer wurden ohne Skrupel niedergeschossen oder mit Schlägen bewusstlos geschlagen, die Schädel spalten konnten.

Es gelang Frank, den Männern auszuweichen, die mit dieser schmutzigen Arbeit betraut waren, indem er sich in die Schatten duckte, während er gleichzeitig wieder zur Funkkabine eilte.

Noch bevor er die Leiter erreichte, wurde Frank gegen die Reling geworfen, weil das Schiff plötzlich Schlagseite bekam. Er konnte das Knacken des gefunkten SOS hören, doch es war nicht Joey, der es sendete. Joey funkte schneller. Wo war Joey?

Wie als Antwort wurde die Tür zum Funkraum aufgestoßen, und Joey wankte hinaus. Blut lief über sein Gesicht, und auch sein Hemd war blutgetränkt.

Der offizielle Funker verließ sein Armaturenbrett für einen Augenblick, trat hinaus aufs Deck und starrte dem davontaumelnden Joey nach. Er hob eine Waffe und zielte.

Frank Adams feuerte aus der Hüfte, zweimal. Der Funker brach lautlos zusammen. Frank wusste, dass man ihn gesehen hatte, wusste um die Konsequenzen, doch er wusste auch, dass das Schiff schnell sinken würde. Er hielt Joey schützend fest und rannte das sich neigende Deck entlang zum Rettungsboot Drei, hob seinen schlaffen und halb bewusstlosen Bruder hinüber und kletterte dann selbst hinein. Während er Joey zum Heck zerrte und sich neben den jungen Funker hockte, richtete er seine Waffe auf die Crewmitglieder, die das Boot herabließen.

„Boot aussetzen!“, schrie Frank kämpferisch. „Oder wollt ihr lieber an Bord bleiben und mit diesen armen Teufeln untergehen, die ihr erschlagen oder erschossen habt?“

„Hör mal, Frank“, protestierte einer der Männer weinerlich. „Du bist einer von uns. Du weißt, was wir getan haben, war für die Sache. Es gibt keinen Grund für dich, jetzt so auszurasten. Wir haben sowieso nur drei Rettungsboote. Die anderen sind zerstört worden, für den Fall, dass ein paar von den Jungs nicht tot sind. Acht von uns müssen mit dir in das Boot.“

„Dann steigt ein“, knurrte Frank. „Auch wenn ich nicht weiß, warum ich mich um Ratten kümmern sollte, die ihr eigenes Schiff versenken. Steigt ein, aber vorher legt ihr eure Waffen ab. Wenn ein Mann eine Waffe auf dieses Boot mitbringt, knalle ich euch alle ab, also helft mir!“

Der Frachter neigte sich gefährlich und begann, mit dem Bug voraus zu sinken. Zum Diskutieren war keine Zeit. Die anderen beiden Rettungsboote waren bereits fort. Die Männer, die in diesem Boot mitfahren sollten, warfen ihre Waffen ins Meer und ließen sich hastig an den Seilen hinab.

*

Frank ruderte nicht. Das überließ er den Mördern. In seiner Sorge um seinen Bruder hatte er nicht einmal Zeit, ihnen seine absolute Verachtung zu zeigen. Joey war schwer verletzt. Wenn sie nicht schnell Hilfe fanden, würde er vielleicht sterben. Franks Augen waren schmal, der Kiefer vorgeschoben, und seine Stimme klang spröde, als er sprach.

„Ich weiß genau, dass wir bald ein Rettungsschiff finden werden. Das SOS wurde gesendet, bevor sich das Schiff zu neigen begann. Aber wenn wir erst mal auf dem Rettungsschiff sind ... Hört ihr? Dann lasst ihr uns in Ruhe! Sagt das auch den anderen. Ich weiß, dass ihr meinen Bruder gerne kaltmachen würdet, weil er ein echter Amerikaner ist, der der ganzen Welt sagen wird, was ihr seefahrenden Wölfe getan habt. Nun, ihr habt einen schweren Fehler begangen. Ich bin eingetragenes Mitglied der Independent Maritime Alliance, aber ich gehöre nicht zu eurem Haufen, die sie auch versenken wollen. Ich bin keiner von euch Kommunisten, die mit Nazispionen gemeinsame Sache machen! Trotzdem weiß ich, was ihr vorhabt. Ihr versucht, die gesamte Handelsflotte der Vereinigten Staaten zu zerstören! Ihr hofft, allen Passagierlinien das Rückgrat zu brechen. Material, das zur Verteidigung der Vereinigten Staaten benötigt wird, wurde versenkt. So wie das Erz, das auf unserem Schiff war. Diese roten Tentakel haben nach Frankreich gegriffen, nach Spanien, nach China! Was kommt dabei heraus? Chaos! Hunger und Zerstörung! Und nun versucht ihr, die größte Nation zu erwürgen, die derzeit auf der Erde existiert. Nun, das schafft ihr nicht, versteht ihr das? Niemand schafft das! Ihr könnt mich und meinen Bruder umbringen, aber wir sind nur zwei von Millionen und Abermillionen!“

„Gut gesprochen“, sagte einer der Männer stirnrunzelnd. „Sehr gut, Freundchen, aber das ist auch dein Todesurteil. Niemand, der weiß, was unsere Gruppe vorhat, verlässt uns ... und überlebt.“

Frank lachte kalt. „Nein? Nun, dann sieh dir die zwei genau an, die genau das tun werden. Ich werde es tun und mein Bruder auch. Da ich diese Waffe habe, wirst du es nicht wagen, mich anzugreifen. Wenn wir an Land sind, werde ich die Dinge regeln, so dass ich niemals belästigt werde. Die Gewerkschaft wird sich freuen, ein paar Dinge zu erfahren, in denen die Bosse sich verbeißen können, soweit es euch betrifft. Ich bin nicht ganz der Dummkopf, für den ihr Vögel mich haltet. Und jetzt fangt an zu rudern, und kommt nicht in Schussweite der anderen Rettungsboote.“

Kapitel 2 - Kreuzfahrt

Auf dem Weg von den Bermuda-Inseln nach New York segelte das Linienschiff durch die ruhige, vom Mondlicht überflutete See. Das einzige Zugeständnis des Kapitäns an den Krieg in Europa bestand in amerikanischen Flaggen, die auf die Seiten des Schiffes gemalt worden waren, und in Suchscheinwerfern, die darüber glitten.

Das Abendessen war gerade vorbei. Ein Tanzorchester spielte lautstark Swingmusik, und die Bar war gut besetzt.

Um diese Uhrzeit hielten sich nur wenige Leute auf den Decks auf. Ein Mann schritt langsam über das Achterdeck, während er sich mit einer Hand fest an die Reling klammerte. In der anderen Hand hatte er einen Stock, den er nach vorn ausgestreckt hielt, so, als erwarte er, auf ein unsichtbares Hindernis zu stoßen. Er war groß, von ­kräftiger Erscheinung und sicher einst ein gutaussehender Mann gewesen. Nun waren seine Züge von tiefen, glänzenden Narben entstellt. Er trug eine dunkle Sonnenbrille, und die Narben verliefen größtenteils um die Augen.

Er packte die Reling, wandte sich langsam zu dem schäumenden Kielwasser des Schiffes um und schien in die Dunkelheit hinaus zu starren. Ein weiterer Mann, der gerade spazieren ging, blieb plötzlich neben ihm an der Reling stehen, ein Mann Mitte vierzig, sorgfältig gekleidet, ein wenig pompös.

Während er langsam an seiner teuren Zigarre zog, betrachtete er den Mann mit der dunklen Sonnenbrille. Auf seinem Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck. Für gewöhnlich schloss man auf einem Schiff schnell Bekanntschaften, doch dieser Mann mit dem vernarbten Gesicht schien nicht besonders darauf erpicht, neue Freunde zu finden.

„Ich ... äh, hoffe, sie genießen die Fahrt“, sagte der pompöse Mann nun.

Der andere Mann zuckte zusammen, als habe er sich erschreckt. Dann lächelte er milde.

„Das tue ich, selbstverständlich. Es ist friedlich hier, nicht wahr? Man würde niemals denken, dass derselbe Mond, der hier auf uns niederscheint, auch Tod und Zerstörung drüben in Europa beleuchtet.“

Der Mann mit der Zigarre streckte seine Hand aus. „Mein Name ist Gibbons, Brad Gibbons. Sie haben vielleicht schon von mir gehört. Ich bin in der Rüstungsindustrie; Granaten, Schusswaffen, Handgranaten. Natürlich hat der Krieg meinem Geschäft nicht geschadet, aber ich würde lieber Fahrräder herstellen, so wie ich es vor Jahren getan habe.“

Der Mann mit der dunklen Sonnenbrille schenkte der ausgestreckten Hand keine Beachtung. Gibbons lief rot an.

„Ent... entschuldigen Sie“, sagte er. „Ich weiß, dass viele Leute einen Händler des Todes, wie man mich nennt, verabscheuen. Und doch dachte ich ...“

Der andere Mann wandte sich zu Gibbons um. „Sie haben mir Ihre Hand angeboten, nicht wahr? Ich bin der, der sich entschuldigen sollte. Sehen Sie, ich wusste das nicht. Ich bin blind.“

Gibbons schürzte die Lippen, und er begann zu sprechen. „Tut mir schrecklich leid. Aber Sie hier allein ... Gibt es irgendetwas, was ich tun kann?“

„Nein.“ Der blinde Mann lächelte. „Und entschuldigen Sie sich nicht. Mein Assistent sollte jeden Augenblick hier sein. Er wird sich um alles kümmern. Trotzdem danke ... Ich bin Tony Quinn aus New York.“

Gibbons sprach ein paar hastige Worte, dann wandte er sich um und verschwand in einem Niedergang.

Beinahe augenblicklich erschien Silk Kirby, Tony Qinns Diener, Assistent und Freund, an Deck.

„Ich hatte ein wenig Gesellschaft, während du unten warst“, sagte Quinn leise. „Ein Rüstungsproduzent namens Gibbons. Einer von den großen Jungs. Ich frage mich, wie er die Zeit für einen Urlaub findet, angesichts der momentanen Bedingungen. Ich denke, wir gehen ein wenig über das Deck, Silk. Du nimmst besser meinen Arm.“

Sie schlenderten langsam dahin, und als sie den Funk­raum passierten, öffnete sich die Tür, und ein Steward kam herausgerannt. Er sprintete das Deck entlang, wobei er in einer Hand einen Umschlag festhielt.

„Etwas ist geschehen, Silk“, kommentierte Tony Quinn. „Wenn du einen Steward so schnell laufen siehst, dann kannst du darauf wetten, dass die Angelegenheit dringend ist. Er kam aus dem Funkraum, was meine Annahme bestätigen könnte, dass Ärger bevorsteht. Lass uns wieder nach achtern gehen. Vielleicht passiert doch noch etwas, was die Monotonie der Fahrt unterbricht.“

Silk warf Quinn einen neugierigen Blick zu. Er sprach mit leiser Stimme.

„Verzeihung, Sir, es scheint, als wären Sie beinahe sicher, dass etwas geschehen wird. Mir ist auch aufgefallen, dass wir diese Fahrt ziemlich unerwartet angetreten haben. Wissen Sie, dass es irgendwo knallen wird, Sir?“

Quinn lachte leise. „Nein, Silk, ich bin überhaupt nicht sicher. Mir ist jedoch aufgefallen, dass in letzter Zeit einige Schiffe gesunken sind, und sie alle waren an der Beförderung von Materialien beteiligt, die zur Verteidigung benötigt werden. Sie alle sind nahe unserer momentanen Route gesunken. Aus einer reinen Intuition heraus dachte ich mir, dass wir diese kleine Fahrt unternehmen, denn im Augenblick befinden sich mehrere Frachter in der näheren Umgebung, die der Linie gehören, die all diese Verluste erlitten hat. Und wenn der Grund für diese Untergänge zufällig Sabotage sein sollte, dann tragen wir unseren Teil dazu bei, jegliche Verbindungen zwischen den Spionen zusammenbrechen zu lassen, die daran arbeiten, unsere Frachtschifffahrt zu ruinieren.“

Sie näherten sich gerade dem hinteren Teil der Funkerkabine, als ein barhäuptiger junger Mann im Smoking um die Ecke stürmte und Tony Quinn über den Haufen rannte. In einem Gewirr aus Armen und Beinen gingen beide zu Boden. Der junge Mann rappelte sich auf, strich sein glattes, blondes Haar zurück, sah Quinn finster an und machte eine wütende Bemerkung. Plötzlich packte ihn eine Hand am Kragen und riss ihn herum. Silks Augen waren schmal, und er wurde zornig.

„Es ist gefährlich, so um die Ecken zu rennen, du Schwachkopf!“, explodierte Silk. „Dieser Mann, den du umgerannt hast, ist blind. Und du stehst da und beschimpfst ihn.“

Der blonde junge Mann befreite sich aus Silks Griff, legte seinen Handballen auf Silks Brust und stieß ihn fort. Silk stolperte über Quinns Beine und fiel selbst zu Boden. Der junge Mann rannte fort und auf die Brücke zu.

Tony Quinns leises Lachen unterbrach Silks wütendes Gezeter.

„In den letzten paar Stunden sagtest du zehnmal, dass du verrückt wirst, wenn nichts geschieht, Silk“, bemerkte Quinn. „Jetzt geht es los, und bisher ... hast du dich nicht besonders gut angestellt. Hilf mir auf. Weißt du ...“ Mit Silks Hilfe kam Quinn wieder auf die Füße. „Es kommt mir seltsam vor, dass unser blonder, junger Freund es so eilig hat, diesen rasenden Steward einzuholen. Wenn er das gehofft hatte, dann haben wir es erfolgreich verhindert. Lass uns nach achtern gehen.“

Während sie weiter das Deck entlang gingen, strich Quinn über seinen Ärmel, und dann, als er sicher war, dass niemand zusah, nahm er ein blondes Haar auf. Es war kaum hell genug an Deck, um irgendetwas von der Dicke eines Haares zu untersuchen, doch Tony Quinn hob die getönte Brille für einen Moment an, dann verstaute er das einzelne Haar sorgfältig in einem Umschlag in seiner Tasche. Ein kurzer Blick auf das Haar hatte sein Interesse geweckt, denn Tony Quinn war nicht blind, obwohl seine Darstellung eines blinden Mannes absolut fehlerlos war. Es gab jedoch gute Gründe für diese Tarnung, und Tony Quinn hatte lange geübt, denn einst war er monatelang tatsächlich blind gewesen.

„Unser eiliger junger Freund, Silk“, sagte Quinn mit leiser Stimme, „hat blondierte Haare. „Das habe ich entdeckt, als eines seiner Haare in dem Tumult an meinem Mantel hängen blieb. Eigentlich hat er ziemlich dunkles Haar, und er wird bald nachbleichen müssen. Frauen bleichen sich oft das Haar, aber Männer ... Ein Mann tut das nur, wenn er sein wahres Aussehen verdecken will. Vielleicht köchelt an Bord ein hübsches kleines Komplott vor sich hin.“

Quinn warf einen Blick nach oben und stieß Silk an.

„Sieh dir die Schlote an. Wir haben den Kurs geändert. Die Richtung des Rauches hat sich von Süden nach Westen geändert. Außerdem fahren wir mit voller Kraft. Etwas wird passieren, Silk!“

*

Eine ganze Stunde lang fuhr das Schiff direkt Richtung Europa, anstatt der Küstenlinie zu folgen. Und aus irgendeinem Grund, den nur sie selbst genau kannten, hatten die Offiziere des Schiffes die Passagiere nicht darüber informiert, dass sie vom Kurs abgewichen waren.

Dann begann ein großes Suchlicht, sich zu bewegen und glitt eine Meile voraus über das Wasser. Matrosen stiegen in drei Rettungsboote. Weitere standen mit Rettungsgürteln und Seilen bereit. Der Proviantmeister eilte in den Saal und hängte eine Bekanntmachung auf, mit der die Passagiere darüber informiert wurden, dass ein amerikanischer Frachter nach Hilfe gefunkt hatte. Augenblicklich strömten alle an Deck.

„Unser Schiff hat einen SOS-Ruf beantwortet“, sagte Quinn leise. „Und ja ... dort an Steuerbord. Ich kann ein Schiff sehen ... ein Frachter, glaube ich. Das Heck steigt, dann geht es endgültig unter! Ich hoffe nur, dass die Mannschaft von Bord gekommen ist. Ja ... sie sind in den Rettungsbooten!“

Silk dagegen konnte nichts sehen, bis der Strahl des Suchscheinwerfers auf dem sinkenden Schiff verweilte. Tony Quinns Augen, die einst blind gewesen waren, hatten eine beeindruckende Fertigkeit erlangt, als er sein Augenlicht zurückerhalten hatte. Er konnte in der Dunkelheit so gut sehen wie ein durchschnittlicher Mensch bei hellem Tageslicht. Er konnte sogar Farben unterscheiden, wodurch er auch den Unterschied in der Schattierung des einzelnen Haares hatte erkennen können.

Die Überlebenden des Frachters ruderten in ihren Rettungsbooten wie verrückt auf das Linienschiff zu. Leitern wurden heruntergelassen. Matrosen standen bereit. Die erste Bootsladung stieg über die Reling, die Männer wurden schnell in warme Decken gewickelt, und Brandy wurde ihnen gereicht.

Dann wurde auch das letzte Boot entladen. Quinn und Silk, die sich über die Reling beugten, erkannten das Glitzern einer Waffe. Ein großer, kräftiger junger Mann stand aufrecht in dem Rettungsboot, legte die Hände um seinen Mund und schrie nach einem Seil. Ein Mann stieg hinab, und er band es um die leblose Gestalt eines anderen Passagiers in dem Rettungsboot. Dieser Passagier wurde schnell hinaufgezogen, und der bewaffnete Mann stieg über ein Fallreep hinterher. An Deck eilte er zu dem verletzten Mann und blieb mit finsterem Gesicht stehen.

„Dass eines klar ist“, rief er mit heiserer Stimme. „Ich kümmere mich um meinen kleinen Bruder, und keiner außer dem Arzt wird ihn sehen oder mit ihm sprechen. Er ist schwer verletzt, und glaubt mir, das war kein Unfall. Wenn Joey irgendetwas passiert, werde ich singen wie ein Papagei!“

„Der meint‘s ernst, Silk“, sagte Tony Quinn überrascht. „Und er hat diese Worte an seine eigene Mannschaft gerichtet. Schau ... drüben, links von dir. Das ist Brad ­Gibbons, der Rüstungsproduzent. Er sieht sich das alles an, und er wirkt ein wenig zwielichtig. Unser falscher blonder Freund daneben sieht so aus, als hätte er gerade einen Schuss Essig bekommen ... pur. Silk, hier ist viel mehr, als man mit bloßem Auge erkennen kann. Lauf ein wenig herum, und halte Augen und Ohren offen. Wir treffen uns genau hier in einer halben Stunde wieder.“

Während er mit seinem Stock tastete, ging Tony Quinn direkt auf die Gruppe geretteter Matrosen zu, die leise miteinander sprachen und sich verstohlen umschauten. Quinns Gehör, das seit der Zeit seiner Blindheit doppelt so empfindlich war, kam ihm jetzt wieder gut zupass. Er konnte Worte verstehen, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren.

„den Großen Hans hat‘s erwischt, als er das letzte Flutventil rausgeschlagen hat. Die Ladung kam ins Rutschen, und er steckte fest.“

Ein weiterer Mann sprach in einem heiseren Flüsterton. „Hör auf, über solche Dinge zu sprechen. Willst du, dass es jemand erfährt? Wir sind sie losgeworden, so wie wir sie loswerden sollten. Alle, bis auf diese zwei Brüder, und auch die kriegen noch, was sie verdienen. Und jetzt halt den Schnabel.“

*

Silk bekam ebenfalls ein paar Informationen.

„Ich würde sagen, Sir“, informierte er Tony Quinn, als er zurückkehrte, „der Frachter wurde versenkt. Ein amerikanisches Schiff, brachte Erz aus Südamerika nach New York. Gehörte zur Flotte der North Freighting Line. Die Mannschaft ist der finsterste Haufen von ausländischen Herumtreibern, den ich jemals gesehen habe. Ich konnte aufschnappen, dass der Kapitän des Schiffs an die Eigner gefunkt hat, dass das Schiff untergegangen sei und dass elf Mitglieder der Mannschaft verloren sind und einundzwanzig gerettet wurden. Aber keines dieser Rettungsboote war voll, Sir, und ein untergehendes Schiff fällt nicht auseinander und tötet die Mannschaft – nicht elf Mann. Mir scheint, als wisse der Kerl, dessen Bruder verletzt wurde, etwas, und das setzt er gegen die anderen aus der Mannschaft ein, damit sie seinen Bruder in Ruhe lassen. Vielleicht sollten wir die Kabine im Augen behalten, die man ihm zugewiesen hat.“

Quinn starrte geradeaus, den Kopf erhoben und bewegungslos, so wie es Blinde tun.