Die schwarze Fledermaus 30: Fabrik des Todes - G.W. Jones - E-Book

Die schwarze Fledermaus 30: Fabrik des Todes E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Tony Quinn legt sich mit den gefährlichsten Verbrechern in seiner bisherigen Laufbahn an. Eine Bande von Schmugglern verändert den gesamten Güterverkehr der Vereinigten Staaten.

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 30

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

G. W. Jones

Fabrik des Todes

Aus dem Amerikanischenvon Dr. Frank Roßnagel

Das Abenteuer Fabrik des Todes erschien im Winter 1944 unter dem Titel Markets of Treason in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Die Schwarze Fledermaus

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2020 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-030-7Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Kapitel 1 – Die Rückkehr des Terrors

Eine Funkstreife der Polizei fuhr langsam auf den Eingang eines großen Hauses zu, vor dem Taxis gut gekleidete Menschen aussteigen ließen. Die meisten waren Menschen, die man kannte. Die meisten der Frauen waren weniger bekannt und schienen ein wenig zu aufdringlich gekleidet und geschminkt. Einige der Männer verbargen ihre Gesichter und vermieden es, in die Richtung des Streifenwagens zu blicken.

„Was soll das alles, Casey?“, fragte der eine Beamte den anderen.

„Reggie Archer gibt eine Party“, sagte der Fahrer. „Die ganz Großen sollen daran teilnehmen, aber ich wette, ein paar davon tauchen nicht auf. Nicht nach dem, was Archer getan hat. Kannst du dir eine Ratte vorstellen, die so tief sinkt, dass sie einen Job bei der Regierung annimmt und dann Gefallen verkauft?“

Der andere Beamte kicherte. „Ich sag dir nur eins. Sie erscheinen nicht in protzigen Limousinen. Das Benzin wurde rationiert. Hey! Schau dir die beiden Vögel an! Die benehmen sich, als seien sie letzte Woche aus dem Knast ausgebüxt. Kann nicht einmal ihre Nasen sehen.“

Casey fuhr aus der Parkbucht. „Mach dir keine Gedanken! Archer passt zurzeit auf, was er tut. Schwört sogar, er habe sich geändert, und diese Veranstaltung ist seine erste Geste des Bedauerns. Aber ich mag die Luft hier nicht. Lass uns abhauen!“

*

Im Innern des großen Hauses begrüßte der schlanke, elegante Reggie Archer seine Gäste, die meisten davon mit Namen. Er hatte eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich Namen zu merken. Aber ein paar – vielleicht ein Dutzend – waren da, die gänzlich fremd zu sein schienen. Archer begrüßte auch diese sehr freundlich, und sie mischten sich unter die anderen Gäste. Ein Teil der Gäste durchquerte den großen Saal und gelangte in den Garten. Die Männer, die Archer nicht kannte, folgten ihnen in den Garten, einer nach dem anderen. Sie schritten gemächlich über die Gartenwege und waren bald darauf verschwunden.

Einer der Letzten, der verschwand, war ein hässlicher, brutaler Typ mit einer krummen Nase. Als er einen der Wege entlangging, hielt er den Blick ständig auf den Boden gerichtet. Dann erblickte er am Fuß eines Baumes ein Stück Papier, das offenbar von einem der Gäste achtlos weggeworfen worden war. Das Papier war zu einem Pfeil zusammengeknüllt worden, der nach links wies. Er wandte sich nach links, ging noch ein Stückchen und fand ein weiteres Stück Papier. Sie wurden für ihn zu Richtungsweisern und führten ihn weg von dem Anwesen.

„Bleib stehen, Kumpel!“, sagte jemand.

Der Schläger blieb sofort stehen. Eine Taschenlampe wurde für einen kurzen Augenblick eingeschaltet.

„In Ordnung!“, sagte jemand. „Es ist Pixie Pax. Geh weiter, Pixie! Gleich vor dir findest du eine Autowerkstatt. Das Treffen findet in dem Raum darüber statt. Aber kannst du mir verraten, warum man dich eingeladen hat?“

„War ich nicht ein großer Fisch, vor nicht zu langer Zeit?“, fragte Pixie wütend.

„Klar!“, sagte der Mann in der Dunkelheit. „Du hast eine Zeit lang einen tollen Schnapsladen gehabt und eine Menge Zaster gemacht. Aber heute haben wir andere Zeiten. Du schießt heute keine Leute mehr über den Haufen, nur weil du sie nicht magst. Man hat Samthandschuhe an, Pixie, aber es gibt kein Paar Samthandschuhe, das an deine Keulen von Händen passt.“

Pixie murmelte etwas vor sich hin und ging auf die Autowerkstatt zu. Eine der großen Türen stand offen. Pixie schob sich durch und stieg ins zweite Stockwerk hinauf, zu einer Art Spielezimmer, wo ein gutes Dutzend Männer wartete und sich unbehaglich fühlte in ihren gestärkten Hemden und Fliegen.

„Schließ die Tür, Pixie!“, befahl ein stämmiger Typ, der vor der Gruppe stand. „Und mach das nächste Treffen ein bisschen einfacher! Wir müssen zurück zur Party, bevor man uns vermisst.“

„In Ordnung, Fraser!“, sagte Pixie und schloss die Tür.

Fraser bat etwas steif um Ruhe und begann, zu reden. „Alle von euch wissen, warum wir hier sind. Wir konnten uns nicht in der Öffentlichkeit treffen, aber dieses Freudenfest hier bot uns die Gelegenheit, uns zu sehen. Jeder mit den passenden Klamotten und einer ­Eintrittskarte durfte rein. Niemand wird uns vermissen, weil uns niemand kennt. Die Bullen haben uns so lange beobachtet, dass wir vorsichtig sein müssen. Früher haben wir die Bullen bestochen, damit sie wegschauen, doch diese Zeiten sind vorbei.“

„Und vielleicht wissen wir das nicht“, seufzte ein Mann.

„Halt die Klappe!“, fuhr ihn Fraser an. „Wir haben alle gut verdient während der Prohibition, aber seitdem versuchen wir, über die Runden zu kommen. Jetzt liegt etwas in der Luft, Jungs. Die Leute wollten die Prohibition nicht, deshalb haben sie unseren Schnaps gekauft – zu horrenden Preisen. Nun, auch heute gibt es viele Dinge, die die Menschen haben wollen und für die sie bezahlen. Kaffee, Benzin, Butter, Fleisch, Konserven. Und eine Menge anderer Dinge. Was haben Sie, Russ Bowman?“

Bowman, dessen Haar an den Schläfen grau war, begann, zu sprechen. „Wir bekommen richtig Ärger, wenn mir mit Schwarzmarktoperationen anfangen, Fraser. Dieses Mal würden die Leute nicht auf unserer Seite sein.“

„Oh ja, Sie waren schon immer ein Schwarzseher“, verspottete Fraser ihn. „Hört zu! Die Leute kaufen alles, was rationiert ist – so wie sie Schnaps kauften.“

„Aber jetzt ist Krieg, Fraser“, erinnerte ihn Russ Bowman. „Wenn wir den nicht gewinnen, werden sogar Halunken wie wir zusammen mit dem Rest ausgelöscht.“

Fraser schnippte mit den Fingern, und zwei Männer eilten zu ihm. Er sprach flüsternd mit ihnen. Dann gingen die beiden auf Bowman zu und ergriffen seine Arme. Er wurde durchsucht und dann gegen die Wand gedrückt, mit einer Pistole in seine Hüfte gepresst.

Fraser verzog das Gesicht. „Wir dachten, Sie sind ein anständiger Typ, Bowman. Aber Sie sind eine Ratte, und wir wissen, wie man mit Ratten umgeht. Passt auf ihn auf, Jungs!“

Fraser wandte sich wieder den anderen zu und erzählte ihnen von den Erfolgsmöglichkeiten kleiner Schwarzer Märkte und wie eine kleine Gruppe von Experten im Beschaffen illegaler Waren ein Vermögen verdienen konnte. „Und nicht nur das“, erzählte Fraser weiter. „Wir haben eine große Nummer hinter uns. So groß, dass niemand von euch sie je sehen wird. Aber der Mann weiß, was los ist, und befehligt uns. Dieses Mal tun wir uns zusammen und bekriegen uns nicht gegenseitig. In dieser Sache steckt mehr Knete, als mit Schnaps je zu holen war. Das war’s! Mit Ausnahme von Russ Bowman. Ich weiß nicht, was ich mit ihm tun soll.“

„Nicht?“, erklang eine Stimme von außerhalb der geschlossenen Tür. „Ich weiß es. Er ist schwach. Töte ihn, Fraser!“

Russ Bowman bewegte sich nicht, aber er wusste, er hatte eben sein Todesurteil vernommen – in Gestalt der Stimme der großen Nummer, mit der Fraser geprahlt hatte.

„Das war der Typ, von dem ich euch erzählt habe“, sagte Fraser. „Denkt an ihn, wenn ihr jemals weich ­werdet! Pixie, du bleibst hier! Der Rest von euch geht am besten zurück zur Party und amüsiert sich dort noch ein bisschen. Dann schnappt euch eure Damen und haut ab!“

Sie gingen einer nach dem anderen hinaus und zurück zur Party, während Pixie Pax mit einem an einen Wolf erinnernden Lächeln auf Befehle wartete.

„Du warst sehr gut darin, Leute loszuwerden, ohne dass die Polizei dahinterkam, ob es Selbstmord, Mord oder ein Unfall war“, sagte Fraser. „Ich überlasse Bowman dir.“

Pixie schnitt eine Grimasse. „Na klar! Ich hasse Ratten. Jungs, knebelt ihn! Wir bringen ihn zu sich nach Hause, ins 22. Stockwerk, und überlegen, was wir mit ihm tun.“

Sie brachten Bowman zu einem wartenden Taxi. Kurz darauf hielt das Taxi am Wareneingang eines hohen Gebäudes an. Sie schoben Bowman in einen Fahrstuhl, und nur wenige Augenblicke später öffnete Pixie die Tür zu dessen Wohnung. Er nahm ihm den Knebel ab und stieß Bowman zum Sims eines offenen Fensters. „Und jetzt überlegen wir, wie die Polizei nie spitzkriegt, dass Bowman gestoßen wurde.“ Pixie rieb sich die Hände. „Irgendwelche Vorschläge, Bowman? Du warst doch immer ein ziemlich cleverer Kerl.“

Bowman war bleich. Er hatte keine Chance, und er wusste es. Pixie war ein Teufel, wenn es ans Töten ging. „Ich habe keine Vorschläge“, sagte Bowman sanft. „Aber ich habe etwas zu sagen. Es könnte sich für euch Schufte lohnen, mir zuzuhören.“

„Klar!“ Pixie grinste. „Eine letzte Rede, was? Aber die nützt dir nichts mehr, Russ. Es steht zu viel auf dem Spiel, um einer Ratte zu trauen.“

„Hör zu!“, sagte Bowman mit fester Stimme. „Ich kann euch nicht davon abhalten, mich zu töten. Mord hat in den alten Tagen des Schmuggels Menschen wie dir immer Spaß gemacht, Pixie, genauso wie Geld verdienen. Aber ihr Typen hattet nie Grips im Hirn. Nicht einmal Fraser, obwohl er glatt und gefährlich. Ihr scheint nicht zu merken, dass die Dinge sich geändert haben. Es ist nicht mehr wie in der Prohibition. Ja, es gibt Menschen, die verrückte Summen bezahlen für rationierte Waren. Sie denken eher an eine Kanne Kaffee als an Soldaten, die sterben, damit Abschaum wie ihr – und ich, ja – leben kann.“

„War’s das?“, fragte Pixie.

„Nicht ganz. Die Chancen stehen gegen euch. Und ihr könnt mit Maschinenpistolen, Totschlägern und Schlagringen nichts dagegen ausrichten. Es gibt eine Geheimwaffe in den Händen von Männern, die gegen Verräter wie euch kämpfen. Und unbekannte Männer, die sie führen. Wartet ab! Ich weiß, wovon ich rede.“

Pixie grinste spöttisch. „Kommen wir wieder zum Geschäft! Wie bringen wir dieses Großmaul zum Schweigen? Gründlich, meine ich. Passt auf ihn auf, während ich darüber nachdenke!“ Pixie holte eine Schachtel Zigaretten aus seiner Tasche und ging an Bowman vorbei. Da fiel die Schachtel zu Boden. Pixie bückte sich, als wolle er sie aufheben. Er wandte sich um, ergriff Bowmans Beine, hob ihn hoch und stieß ihn über den Fenstersims. Er ließ los, und Russ Bowman flog durch die Luft. Ein durchdringender Schrei entrang sich seinen Lippen.

„Raus hier!“, rief Pixie, und alle drei Mörder eilten aus der Wohnung, nicht ohne die Fingerabdrücke vom Türknauf zu wischen. Unten angekommen, schlenderten Pixie und seine beiden Begleiter davon. Er stolzierte regelrecht, weil ihn die Menschen in seinem Smoking anstarrten. Pixie wusste nicht, wie komisch ein Gorilla in Abendgarderobe aussah. Dann zog Pixie die buschigen Augenbrauen zusammen, bis sie eine durchzogene Linie auf seiner Stirn bildeten. „Ich frage mich, was Bowman gemeint hat mit einer Geheimwaffe und Typen, die wir nicht kennen und die sie gegen uns benutzen könnten. Ich ... Hey, denkst du, er meinte die Schwarze Fledermaus? Jungs, wenn die Schwarze Fledermaus je herausfindet, dass wir Bowman um die Ecke gebracht haben, wird sie uns jagen. Sie ist schlimmer als die Bullen und die Typen vom FBI. Bowman muss die Schwarze Fledermaus gemeint haben, und wenn die eine Geheimwaffe hat ...“ Er vergaß, zu stolzieren.

Kapitel 2 – Die Rationierungsbehörde

Ganz offensichtlich war der Bürger dieser Vereinigten Staaten ziemlich wütend, der die Tür der Rationierungsbehörde Nummer 11 aufriss. Er ging auf eine Angestellte zu, die ihn anlächelte und ihm zu verstehen gab, dass sie ihm zu Diensten sei.

„Mein Name ist Green“, fuhr er sie an. „Amos Green. Irgendein blöder Ermittler der O. P. A. hat mir mein Rationenbuch für Benzin abgenommen und gesagt, ich solle mich hier melden, wenn ich es zurückhaben wolle. Ich protestiere gegen solche rücksichtslosen Methoden. Gegen wen kämpft dieses Land? Gegen Hitler? Oder gegen seine eigenen Bürger? Das will ich jetzt wissen.“

Die Angestellte zeigte auf eine geschlossene Tür. „Sie können Ihre Beschwerde gerne an den Herrn dort drinnen richten. Sein Name ist Quinn. Ich bin mir sicher, Sie werden fair behandelt.“

Green betrat schnell den Raum und erblickte einen Mann von ungefähr dreißig Jahren, der hinter einem Schreibtisch saß. Er wäre ein Mann gewesen, dessen Erscheinung unauffällig gewesen wäre, gäbe es da nicht die tiefen Narben um seine Augen.

„Sind Sie Quinn?“, wollte Green wissen.

„Ja“, antwortete Tony Quinn. „Bitte setzen Sie sich, Mr. Green. Ich kenne Ihren Namen. Die Übertragung vom anderen Zimmer hat gut geklappt. Ihre Rationierungskarte für Benzin wurde also eingezogen. Unter welchen Umständen?“

„Ich musste zu meinem Zahnarzt. Als ich wieder ging, war da dieser Ermittler. Seit wann kann ein Schnüffler bestimmen, ob ein Mann sein Auto fahren darf oder nicht? Ich ...“

„Aber Mr. Green, Sie waren nicht bei Ihrem Zahnarzt. Der Arzt, dessen Namen Sie angaben, hat noch nie von Ihnen gehört. Ich denke, Sie kamen aus einem Haus, in dem ganz schön Glücksspiel betrieben wird. Stimmt das nicht?“

Green blieb die Luft weg. „Sie meinen, dieser Ermittler hat Steuergelder vergeudet, um meine Aussage zu überprüfen? Das ist ja ein Ding! Die Bullen sind da, um uns zu schützen, nicht, um uns nachzuschnüffeln.“

„Sie haben Benzin verfahren, um einen Ort aufzusuchen und zu spielen, Mr. Green“, sagte Quinn. „In der Zeitung von heute Morgen steht ein Artikel über einen unserer Tanker, der von einem U-Boot versenkt wurde. Mehr als dreißig Männer waren gezwungen, durch Wasser zu schwimmen, das von brennendem Treibstoff bedeckt war. Sechs überlebten. Die anderen, nun, sie sind Helden – aber tote Helden. Und wissen Sie, warum?“

Green scharrte nervös mit den Füßen und antwortete nicht.

„Diese Männer starben, weil sie Benzin hierher bringen wollten, das wichtige Industriezweige dringend benötigen für Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge. Nicht für Männer, die damit von einer Spielhölle zur nächsten fahren.“

„Die haben recht, natürlich“, gab Green reumütig zu. „Aber ich muss jetzt wieder zur Arbeit. Ich zeige Ihnen meine Papiere. Ich arbeite für den Krieg.“

Quinn lächelte. „Ich glaube Ihnen. Ich bin nämlich blind.“

Green drehte seine Papiere in den Händen. „Oh, meine Güte! Das habe ich nicht gemerkt. Ich ...“

„Alles in Ordnung!“, sagte Quinn. „Aber noch einmal zu Ihrem Fall. Sie können auch mit dem Bus zur Arbeit fahren. Vielleicht ein bisschen überfüllt, aber Armeefahrzeuge sind ebenfalls überfüllt. Aber das sind Schützengräben auch, und ein Panzer ist auch nicht gerade ein Pullman. Ich schlage vor, Sie probieren es ohne Auto, außer es handelt sich um echte Notfälle, Mr. Green, oder?“

Green runzelte die Stirn. „Aber Mr. Quinn. Ich kann mir Benzin kaufen. So viel ich will, und ich brauche dazu keine Karten.“

„Wo?“, fragte Quinn schnell.

„Nun, das sage ich nicht. Ich habe noch nie für mich gekauft, aber ich kenne Leute, die das tun. Für vierzig Cent pro Gallone. Manchmal ein wenig mehr. Wenn ich dorthin komme und Benzin kaufen kann, warum sollte es mir etwas ausmachen, wenn Sie mich davon abhalten, das Zeug legal zu kaufen?“

Quinn legte sanft die Fingerspitzen aneinander. „Aber das macht Ihnen etwas aus, Mr. Green. Auch dieses Benzin hat vielleicht den Menschen das Leben gekostet, die es hierher gebracht haben. Auf einem Schwarzmarkt einzukaufen, enthebt Sie nicht Ihrer Verantwortung. Die Gauner, die es dort verkaufen, produzieren es aber nicht hier.“

Green seufzte. „Ich denke, ich kann nicht mit Ihnen streiten. Das Beste wäre, mein Auto entweder stillzulegen oder es zu verkaufen. Mr. Quinn, ich werde nicht mehr mit Benzin fahren, das Menschen das Leben ­gekostet hat. Danke, dass Sie mich darüber aufgeklärt haben. Sie können diese Zuteilungskarte zerreißen.“

Als Green hinausging, fuhr sich Tony Quinn mit den Händen durch die Haare und seufzte. Green war keine Ausnahme. Den ganzen Tag über herrschte in den Büros der Zuteilungsbehörde ein ständiges Kommen und Gehen. Menschen erzählten mehr oder weniger die gleichen Geschichten. Manchmal prahlten sie sogar damit, Waren auf dem Schwarzen Markt zu bekommen. Manche zeigte sich sehr kooperationsbereit und verständnisvoll. Aber der Schwarze Markt existierte und wuchs zusehends.

„Silk!“, rief Quinn.

Eine Seitentür öffnete sich, und ein schlanker Mann mit Glatze erschien, der sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze bewegte. „Ich hab’s gehört, Mr. Quinn!“, sagte Kirby. „Der Kerl gehört eigentlich ins Gefängnis dafür.“

„Nein, nein, Silk. Er hatte es nur nicht ganz begriffen, dass es notwendig ist, manche Waren zu rationieren. Er kann keinen Schaden anrichten, aber der Schwarze Markt, von dem er sprach, kann es. Hol bitte das Auto! Ich gehe heute Abend früh nach Hause.“

Niemand stellte Quinns Notwendigkeit eines Autos infrage. Blinde können sich nicht so leicht bewegen wie Menschen, die sehen können. Des Weiteren verrichtete er kriegswichtige Arbeit. Silk fuhr Quinn nach Hause und hielt vor einem großen Haus an, das eingezäunt in einem sehr gepflegten Anwesen stand. Saubere Gewächse und Bäume schmückten einen Ort, dem man ansah, dass er einem Menschen mit Wohlstand gehörte. Quinn galt als reicher Mann, und er leitete eine gut gehende Anwaltskanzlei. Silk half ihm beim Aussteigen und geleitete ihn durch das Eingangstor und über einen Weg zur Veranda hinauf. Das Innere des Hauses lag in Dunkelheit, als Silk die Tür öffnete. Aber Tony Quinn schritt durch die Tür, ohne sich irgendwo zu stoßen. Er ließ seinen Gehstock auf einen Stuhl fallen, legte seinen Hut obendrauf und ging in sein Arbeitszimmer, wo er sich hinsetzte und seine Pfeife zur Hand nahm.

Silk machte Lichter an. Dann ließ er die Jalousien herunter und stand erwartungsvoll neben Tony Quinn.

„Ich weiß, was du denkst.“ Quinn lächelte. „Wir sollten wegen dieses Schwarzen Marktes etwas unternehmen. Und das werden wir auch.“

Tony Quinns ansonsten leere und blicklose Augen waren jetzt lebendig und ernst. Quinn war nicht blind. Aber das wussten nur drei Menschen. Er war blind gewesen. Der Vorfall, der ihn hatte erblinden lassen, war geschehen, als Tony Quinn Bezirksstaatsanwalt gewesen war. Gauner, die er angeklagt hatte, hatten versucht, Beweismittel gegen sie zu zerstören, indem sie eine ätzende Säure darüber schütteten. Einen Teil der Säure hatte Quinn direkt ins Gesicht bekommen. Das hatte auch die hässlichen Narben verursacht. Er war danach sofort erblindet. Dann waren Wochen gefolgt voller Hoffnungslosigkeit, in denen er einen Chirurgen nach dem anderen aufgesucht hatte, nur um immer wieder zu hören zu bekommen, dass es keine Möglichkeit gebe, sein ­Augenlicht ­wiederherzustellen. Während der schmerzvollen Monate danach hatte Tony Quinn geduldig versucht, seine anderen Sinne zu trainieren. Sein Gehör hatte sich weit über das eines normalen Menschen hinaus entwickelt. Sein Tastsinn wurde außergewöhnlich. Aber er war noch immer verzweifelt, denn er war jung und gesund, und nichts konnte das Sehen ersetzen.

Silk war während dieser Krise immer bei Quinn gewesen. Silk war immer bei Tony Quinn gewesen, seit jenem Abend, als er versucht hatte, Quinn auszurauben. Aber stattdessen hatte er Quinn zugehört, als dieser seine Argumente vortrug, und war sofort von einem Gauner zu Quinns Freund geworden. Bis heute war er einer von Quinns engsten Vertrauten. Quinn war hoffnungslos versunken in seiner Blindheit, bis ihn eines Abends eine junge Dame besucht hatte. Ihr Name war Carol Baldwin, und sie hatte ein seltsames Anliegen mitgebracht. Ihr Vater, ein Polizeibeamter, hatte im Sterben gelegen, weil er von Verbrechern angeschossen und schwer verletzt worden war. Er hatte eine Chance gesehen, noch einmal Gutes zu tun vor seinem Tod. Er hatte Tony Quinn ausgesucht, von seinem Angebot zu profitieren, weil dessen Ruhm als Anwalt weitreichend war.