Die Schwarze Fledermaus 36: Der Mann im Koffer - G.W. Jones - E-Book

Die Schwarze Fledermaus 36: Der Mann im Koffer E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Sidney Trexel ist wiederholt das Ziel von Mordanschlägen, die er wie durch ein Wunder alle überlebt. Doch stets wird dabei jemand getötet, der sich in seiner Nähe befindet.Die Polizei ist sicher, dass drei entlassene Sträflinge, die Trexel vor sieben Jahren durch eine Anzeige ins Gefängnis gebracht hat, versuchen, ihn zu töten.Staatsanwalt Tony Quinn beschäftigt sich mit diesem Fall und stößt auf unglaubliche Fakten.

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 36

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

G. W. Jones

Der Mann im Koffer

Aus dem Amerikanischenvon W. Arnemann

Das Abenteuer Der Mann im Koffer erschien im Frühjahr 1945 unter dem Titel The Marked Man in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

McGrath

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-036-9Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1. Kapitel

Sidney Trexel war fünfundvierzig, sah aber bedeutend jünger aus. Er hatte sich eine schlanke Figur bewahrt, und in seinem braunen Haar zeigte sich noch keine weiße Strähne. Er hatte ein etwas vorstehendes Kinn, das auf ein streitlustiges Wesen schließen ließ. Seinem Beruf als erfolgreicher Börsenmakler entsprechend, kleidete er sich betont sorgfältig und teuer.

Für gewöhnlich war Sidney Trexel die Ruhe selbst. Er zeigte sich stets gelassen und beherrscht.

Aber als er an diesem Tag seine Wohnung verließ, schien er am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Er blieb mehrere Minuten an der Tür stehen und beobachtete mit ängstlichem Misstrauen die Passanten, die an seinem Haus vorübergingen.

Endlich schien er sich überzeugt zu haben, dass keine unmittelbare Gefahr auf ihn lauerte.

Rasch trat er auf die Straße hinaus und schlug die Richtung nach Norden ein. An der nächsten Ecke verlangsamte er wie von ungefähr den Schritt, spähte in die Seitenstraße und ging erst weiter, als er sich auch hier von der Harmlosigkeit der Vorübergehenden überzeugt hatte.

Der Händler, bei dem er seine Zeitung zu kaufen pflegte, rief ihn an.

Trexel zuckte erschrocken zusammen, fasste sich aber rasch.

Er langte in die Tasche, holte eine Münze heraus und ließ sich eine Zeitung geben. Hastig öffnete er sie und überflog die Schlagzeilen, als suche er etwas Bestimmtes.

Der Zeitungsverkäufer wollte ein alltägliches Gespräch beginnen: „Schöner Abend, Mister Trexel, nicht?“

Trexel antwortete nicht. Er hatte seine Zeitung auf den kleinen Verkaufsstand gelegt und vertiefte sich in einen kurzen Artikel, der von der Entlassung dreier Sträflinge handelte.

Der Zeitungsverkäufer fragte neugierig: „Ist irgendwas los, Mister Trexel? Sie kommen mir so aufgeregt vor. Kann ich Ihnen helfen?“

Trexels Mundwinkel zuckten. „Ich wünschte, Sie könnten mir helfen, Joe“, murmelte er düster. „Ich wünschte, irgendwer könnte mir helfen … Übrigens ‒ Sie können doch von hier aus mein Haus sehen …“

Der Mann nickte eifrig. „Klar. Warum?“

„Haben Sie irgendwen hier herumlungern sehen?“, erkundigte sich Trexel mit unverhohlener Besorgnis.

Der andere hob die Achseln. „Ich habe nicht darauf geachtet. Nein, mir ist nichts Besonderes aufgefallen. Aber wie gesagt ‒ ich sehe nicht ständig hin.“

„Danke!“ Trexel ließ noch eine Münze auf den Verkaufsstand klirren. „Würden Sie mir den Gefallen tun und etwas darauf achten? Und wenn Sie sehen, dass sich einer hier herumtreibt und einen verdächtigen Eindruck macht, verständigen Sie mich. Es soll mir auf zwanzig Dollar nicht ankommen.“

„Zwanzig Dollar!“ Der Zeitungsverkäufer grinste breit. „Mister Trexel, von jetzt an passe ich auf wie ein Schießhund!“, beteuerte er. „Bis zwei Uhr früh, wenn ich hier Schluss mache. Die zwanzig Dollar verdiene ich mir!“

Trexel nickte düster und ging weiter.

Seine Zeitung hatte er offenbar vergessen.

Neugierig sah der Verkäufer nach, was Trexel so interessiert haben mochte. Er fand die Stelle und las den Artikel. Aber der war nicht sehr aufschlussreich:

„Die Führer der Futurist-Bewegung aus dem Gefängnis entlassen. Viele werden sich noch an den sensationellen Prozess gegen diese Bewegung erinnern, in der sich Anklänge an den Ku-Klux-Klan fanden. Diese Organisation hatte damals große Verbreitung gefunden und durch geheimnisumwitterte Zeremonien und mystischen Hokuspokus zahlreiche Anhänger angelockt. Fantastische Kleidung, die bei den Zusammenkünften getragen wurde, und mysteriöse Requisiten sorgten für den Reiz des Geheimnisvollen, der die Menge anzieht wie das Licht die Motten. In Wirklichkeit handelte es sich bei der ganzen Sache um nichts weiter als einen groß angelegten Betrug. Die ziemlich hohen Beiträge wanderten in die Taschen der Gründer und Würdenträger dieser seltsamen Bewegung.

Georg Wayne, Edmund Glover und Ted Slater, die damals wegen schweren Betrugs zu je sieben Jahren Zuchthaus verurteilt wurden, sind jetzt nach Verbüßung ihrer Strafe in Freiheit gesetzt worden. Sie versicherten, dass sie nicht die Absicht hätten, ihre Tätigkeit von damals wieder aufzunehmen.“

Der Zeitungsverkäufer schüttelte verwundert den Kopf und überlegte, was Mr Trexel an diesem Artikel so gefesselt haben mochte.

Dann zuckte er die Achseln. Die Sache ging ihn schließlich nichts an. Freilich war Mr Trexel ein guter Kunde, und er wünschte nicht, dass ihm etwas zustieße. Übrigens wollte er sich gern die versprochenen zwanzig Dollar verdienen. Und so behielt er Trexels Haus von nun an im Auge.

Sidney Trexel war inzwischen bis zu dem Laden weitergegangen, in dem er seine Zigarren zu kaufen pflegte. Auch hier war er gut bekannt.

Er holte eine dicke Brieftasche hervor und wühlte in einem Bündel Scheine, zog einen hervor und bezahlte die Zigarren, die der Verkäufer ihm über den Ladentisch hinweg zuschob.

Wie gewöhnlich öffnete er die Schachtel, prüfte die Zigarren, nickte befriedigt und reichte sie dem Verkäufer zum Einpacken.

Der Verkäufer schlug die Schachtel in braunes Pack­papier ein und bemerkte: „Was sagen Sie zu den politischen Ereignissen, Mister Trexel? Die Zeitungen …“

Aber im Gegensatz zu seinen sonstigen Gewohnheiten schien Trexel heute nicht zu einem Gespräch aufgelegt.

Er winkte ab. „Ich habe keine Zeit gehabt, an Politik zu denken. Ich war ‒ hm ‒ sehr beschäftigt. Legen Sie mir ein paar Schachteln von meiner Sorte zurück. Ich rauche in letzter Zeit sehr viel mehr als sonst.“

Er nickte kurz und trat wieder auf die Straße hinaus.

Wieder blieb er eine Weile zögernd stehen, wandte den Kopf nach der einen, dann nach der anderen Richtung, als fürchte er sich vor irgendetwas. Dann stürzte er sich ins Verkehrsgewühl wie ein verzweifelter Schwimmer.

Der Zigarrenverkäufer sah ihm verwundert nach, dann wandte er sich an den nächsten Kunden, der es nicht eilig hatte und Trexel ebenfalls mit einigem Misstrauen beobachtet hatte.

„Möchte wissen, was er hat“, sagte der Verkäufer. „So hab‘ ich Trexel noch nie gesehen.“

Der Kunde warf einen Blick durch die Glastür und sah Trexel gerade noch verschwinden. „Ist das Sidney ­Trexel, der bekannte Makler?“, fragte er. „Na, dann hat er vielleicht Ärger mit den Börsenkursen.“

Der Verkäufer schüttelte den Kopf. „Der hat noch nie mit der Wimper gezuckt, auch wenn es an der Börse drunter und drüber ging. Nein, nein, mit den Börsenkursen hat das nichts zu tun. Den drückt irgendwas anderes.“

Trexel sah auf seine Uhr und ging dann rasch auf das Garagenhochhaus zu, wo er seinen Wagen geparkt hatte.

Ein paar Minuten später fuhr er in seiner Limousine die Straße hinunter.

Es war fast acht Uhr und ziemlich dunkel. Auf den Straßen herrschte ziemlich lebhafter Verkehr: Die einen kamen vom Abendessen, die anderen wollten in die ­Theater oder Kinos.

An einer Ecke hielt Trexel.

Er blieb hinter dem Lenkrad sitzen und wartete. Dabei beobachtete er die vorüberflutende Menge aufmerksam. Aber er schien jetzt etwas weniger nervös als vorher.

Schließlich hupte er einmal kurz, öffnete die Tür und trat auf den Bürgersteig.

Ein Mann, etwa in seinem Alter, kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.

Trexel klemmte seine Zigarrenschachtel unter den Arm, um den Mann zu begrüßen.

Der Ankömmling war dunkelhaarig, gut vierzig Pfund schwerer als Trexel, aber ebenso gut gekleidet.

Trexel sagte herzlich: „Freut mich sehr, dich zu sehen, Cliff! Entschuldige, dass ich dich so formlos an diese Straßenecke bestellt habe. Für gewöhnlich halte ich meine Besprechungen nicht gerade auf diese Art ab. Aber unser Gespräch duldete keinen Aufschub. Steig in meinen Wagen, dann erzähl ich dir die ganze Geschichte.“

Trexel wandte sich wieder dem Wagen zu und machte Anstalten, einzusteigen. Dann fuhr er hastig herum.

Cliff Farradey hatte einen Schrei ausgestoßen und griff sich jetzt mit beiden Händen an die Brust. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.

Er schwankte von einer Seite zur anderen wie eine Marionette, deren Fäden gerissen sind und deren Gelenke sie noch für Sekunden aufrechthalten.

Dann gaben seine Knie nach.

Er fiel vornüber, krachte gegen den Kotflügel von Trexels Wagen und rollte schließlich über den Bürgersteig.

Cliff Farradey hatte vor Schmerz aufgeschrien. Aber Trexels Schrei war noch lauter, denn Trexel schrie vor Entsetzen und Angst. Gleichzeitig warf er sich zu Boden und kroch förmlich unter seinen eigenen Wagen.

Fußgänger hielten erschrocken an. Niemand wusste, was eigentlich geschehen war. Erregte Gruppen bildeten sich.

Dann erscholl eine befehlsgewohnte Stimme und trieb die Neugierigen zum Weitergehen an.

Ein untersetzter Mann drängte sich durch die Menge. Er trug einen steifen Hut und heftete sich im Gehen sein Polizeiabzeichen an den Mantelaufschlag.

Es war Inspektor McGrath, der zufällig Farradeys Schrei gehört hatte. Er kam gerade noch zurecht, um ihn zusammenbrechen zu sehen, und wusste sofort, was los war.

Auch zwei Polizisten und mehrere Verkehrsschutzleute kamen angelaufen; Und ein vorüberfahrender Streifenwagen hielt mit kreischenden Bremsen.

Inspektor McGrath beugte sich über Farradey, warf einen kurzen Blick auf die Wunde direkt über dem Herzen und richtete sich dann auf. Rasch erteilte er den Polizisten seine Befehle.

„Er ist erschossen worden. Sieht so aus, als wäre der Schuss von oben gekommen. Vielleicht aus einem der Fenster des Hauses dort drüben, auf der anderen Straßenseite. Riegelt den Block ab! Fordert augenblicklich einen Polizeiarzt an. Das ist Mord.“

Bei diesem Wort stöhnte Trexel auf.

McGrath sah zu dem Haus auf der anderen Straßenseite hinüber. Eines der Fenster im vierten Stock stand offen.

McGrath rief einen der Männer aus dem Streifenwagen zu sich.

„Flanagan! Nehmen Sie zwei Leute, und sehen Sie nach, was dort oben los ist. Durchsuchen Sie das ganze Haus.“

Trexel kam zitternd unter seinem Wagen hervorgekrochen und richtete sich langsam auf. Er bot einen jämmerlichen Anblick mit seinem vom Straßenschmutz besudelten Anzug und seinem aschfahlen Gesicht. Seine Hände zitterten. Er hob die in Papier verpackte Zigarrenschachtel auf, die auf den Bürgersteig gefallen war.

McGrath fragte: „Was ist los, Mann? Oder sind Sie nur ein zufälliger Passant?“

Trexel stammelte: „Ich bin ‒ der Mann, dem diese Kugel zugedacht war! Bringen Sie mich weg von hier! Vielleicht beobachten sie mich. Vielleicht versuchen Sie es lieber mal ‒ und das nächste Mal könnte es Ihnen gelingen …“

„Was ist das?“, knurrte McGrath.

Trexel umklammerte den Arm des Inspektors.

„Ich sage Ihnen ‒ eigentlich sollte jetzt ich tot oder sterbend dort liegen. Die Burschen hatten es auf mich abgesehen, nicht auf Cliff Farradey! Ich weiß nicht, wie ich mich vor ihnen retten soll …“

McGrath zog die Pistole und sah sich um.

„Steigen Sie ein!“, befahl er Trexel und kletterte dann selbst hinterher. „Und jetzt erklären Sie mir, was hier eigentlich gespielt wird. Was meinten Sie damit, als Sie sagten, dass die Kugel Ihnen galt und nicht dem anderen dort, der getötet wurde?“

Trexel schluckte. „Sie sind hinter mir her, seit sie aus dem Zuchthaus entlassen wurden. Ich wusste, dass es früher oder später so kommen musste. Ich hatte Angst, in mein Büro zu gehen. Ich hatte dringende Geschäfte mit Farradey zu besprechen. Also bat ich ihn, mich hier zu treffen. Ich hielt es für sicherer.“

„Wer ist hinter Ihnen her?“, fragte McGrath. „Und warum?“

Trexel zögerte. „Ich ‒ ich möchte eigentlich nicht jetzt und hier darüber reden, Mister ‒ eh …“

„Inspektor McGrath.“

„Inspektor. Erstens sitzt mir der Schreck noch in den Knochen. Ich kann mich nicht konzentrieren, weiß nicht einmal, was ich rede. Bedenken Sie, Inspektor ‒ die Kugel pfiff dicht an meinem Ohr vorbei. Ich sah Farradey fallen ‒ und ich wusste, dass ich gemeint war!“

„Und zweitens?“, brummte McGrath.

„Hm ‒ was ich zu sagen habe, ist streng vertraulich. Nichts gegen Sie, Inspektor, aber ich möchte meine Aussage lieber gleich an der richtigen Stelle machen. Vielleicht sollte ich mit dem Staatsanwalt reden. Oh, ich habe nicht die Absicht, etwas zurückzuhalten! Ich habe einiges zu sagen. Ich kann Ihnen sogar die Namen der Männer nennen, die mich ermorden wollten und versehentlich Farradey trafen.“

McGrath zuckte die Achseln. „Meinetwegen. Wie Sie wollen. Immerhin bin ich Polizeiinspektor und könnte Ihre Aussage entgegennehmen. Aber bitte. ‒ Hier kommt Flanagan. Sieht aus, als hätte er etwas gefunden.“

Trexel murmelte: „Hoffentlich den Mann, der den Schuss abgegeben hat. Wenn nicht, bin ich verloren.“

McGrath kurbelte das Wagenfenster herunter und lehnte sich hinaus.

Flanagan meldete: „Sie hatten recht, Inspektor. Das Zimmer, dessen Fenster offen stand, ist unbewohnt. Aber auf dem Fußboden lagen Zigarettenstummel. Und die Tür war gewaltsam geöffnet worden.“

McGrath kletterte aus dem Wagen. „Steigen Sie ein, Flanagan, und passen Sie auf den Mann auf. Jemand ist hinter ihm her. Halten Sie die Pistole bereit. Ich gehe hinüber und sehe mir mal das Zimmer an.“

McGrath begab sich sofort zu dem unbewohnten Zimmer mit dem offenen Fenster. Es war sichtlich seit längerer Zeit nicht bewohnt. Überall lag dicker Staub. Möbel enthielt es nicht.

Auf dem Fußboden lagen mehrere Zigarettenstummel verstreut ‒ zwei verschiedene Sorten. Auch Streichhölzer und eine leere Streichholzschachtel.

McGrath bückte sich und hob ein billiges Fernglas auf, das direkt unter dem Fenster lag.

Nach einigem Suchen fand er eine leere Patronenhülse, Kaliber 0,38. Nachdenklich rollte er sie zwischen seinen Fingern.

„Hier also haben sich die Killer aufgehalten“, überlegte er. „Sie müssen von Trexels Verabredung mit seinem Geschäftsfreund gewusst und ihm hier ­aufgelauert haben. Mit dem Fernglas machten sie ihn unter der Menge ausfindig. Und dann feuerten sie einen einzigen Schuss ab. Er verfehlte Trexel und traf den Falschen. Ein klarer Fall. Ich könnte ohne Weiteres selbst damit fertigwerden. Aber Trexel besteht darauf, erst vor dem Staatsanwalt seine Aussage zu machen.“

Ein Polizeisergeant des Streifenwagens bemerkte: „Wir können alles Weitere veranlassen, Inspektor. Bringen Sie ruhig Ihren Verdächtigen zum Staatsanwalt.“

„Hab‘ ich gesagt, dass Trexel verdächtig ist?“, knurrte McGrath. „Er stand gerade vor Farradey, als es passierte. Der Schuss galt ihm und nicht Farradey. Aber er muss sich in dem Augenblick bewegt haben, als der Killer abdrückte. Und so kriegte Farradey die tödliche Kugel.“

Er wandte sich zum Gehen.

„Ich schicke jemand wegen der Fingerabdrücke. Gehen Sie inzwischen so wenig wie möglich im Zimmer herum, und lassen Sie niemand herein.“

McGrath ging zum Wagen zurück.

Flanagan stieg aus, und McGrath nahm seinen Platz ein.

Trexel saß immer noch am Lenkrad und schien arg mitgenommen von dem Schock.

McGrath sagte: „Fahren Sie los, Mister Trexel. Ich bringe Sie zu Tony Quinn, Staatsanwalt für besondere Aufgaben. Hoffentlich ist Ihnen der gut genug für Ihre Aussage“, fügte er hinzu.

Trexel startete den Motor. „Ein Staatsanwalt ist so gut wie der andere. Ich werde natürlich meine Aussage machen. Und ich möchte, dass Sie dabei sind, Inspektor. Sie haben sich bisher als sehr tüchtig und tatkräftig erwiesen. Ich brauche Ihre Hilfe dringend. Ihre und die des Staatsanwalts. ‒ Aber sagen Sie: Ist Quinn nicht blind?“

McGrath brummte: „So heißt es jedenfalls.“

Trexel wandte ein: „Aber ein Blinder ‒ ich weiß nicht recht, ob der für einen solchen Fall …“

McGrath schnitt ihm das Wort ab. „Mister Trexel ‒ wenn Quinn sich Ihrer Sache annimmt, können Sie damit rechnen, dass einiges passiert! Er kann nicht sehen, das ist wahr ‒ aber dafür hat er einen unvergleichlichen Riecher für alles, was mit Verbrechen zusammenhängt.“