Die Schwarze Fledermaus 39: Verräterische Spuren - G.W. Jones - E-Book

Die Schwarze Fledermaus 39: Verräterische Spuren E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Matt Bradley ist tot. Sein Vermögen wird aufgeteilt, die Erben jubeln. Doch dann taucht ein Mann auf. Er behauptet, Bradley zu sein. Sein Gesicht ist verstümmelt, man glaubt ihm nicht. Die Schwarze Fledermaus wird in einen unglaublichen Fall verwickelt.

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 39

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

6039 – Verräterische Spuren von G. W. Jones

6040 – Regie des Todes von G. W. Jones

6041 – Wer überlebt, stirbt! von G. W. Jones

6042 – Quinn unter Verdacht von G. W. Jones

G. W. Jones

Verräterische Spuren

Aus dem Amerikanischenvon W. Arnemann

Das Abenteuer Verräterische Spuren erschien im Winter 1946 unter dem Titel Blind Man‘s Bluff in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Carol Baldwin

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-039-0Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1. Kapitel

Tony Quinn, Staatsanwalt für besondere Aufgaben, saß an seinem Schreibtisch, als seine Vorzimmersekretärin ihm einen unbekannten Besucher meldete.

„Er will seinen Namen nicht sagen, Sir“, berichtete sie aufgeregt. „Er sieht so entsetzlich aus, dass mir übel wurde! Als käme er direkt aus dem Grab! Erschrecken Sie nicht, wenn er hereinkommt!“

„Eine überflüssige Warnung, meine Liebe. Haben Sie vergessen, dass ich blind bin?“

„Verzeihung, Sir“, stotterte das Mädchen. „Soll ich ihn hereinführen?“

Quinn nickte.

Sobald das Mädchen das Zimmer verlassen hatte, wandte er sich an den schlanken, kahlköpfigen jungen Mann, der neben seinem Schreibtisch stand, und sagte rasch: „Silk, geh lieber solange ins Nebenzimmer – wie gewöhnlich. Besucher, die ihren Namen nicht nennen wollen, kommen meistens, um mir irgendein Verbrechen zu beichten. Sie sprechen leichter, wenn sie mich allein antreffen.“

„Ich weiß“, sagte Silk. „Ich lasse die Tür angelehnt. Sie haben viele Feinde, Sir. Man kann nie wissen …“

Er zog sich lautlos ins Nebenzimmer zurück.

Sofort nahmen Quinns Augen, die bisher lebhaft und klar gewesen waren, einen starren, blicklosen Ausdruck an. Es schienen die Augen eines Blinden, die sich jetzt auf die Tür richteten. Aber trotzdem nahm Quinn die Erscheinung seines Besuchers mit aller Deutlichkeit wahr. Und er musste an sich halten, um sich seine Bestürzung bei diesem Anblick nicht anmerken zu lassen.

Der Mann, der über die Schwelle trat, sah aus wie ein Gespenst, ein Alptraum, eine Ausgeburt höllischer Phantasie. Sein Gesicht war bis zur völligen Unkenntlichkeit verstümmelt, sein Kopf kahl und von Narben zerfurcht, unnatürlich und verzerrt spannte sich die vernarbte Gesichtshaut über den Knochen. In dieser Maske des Grauens funkelten kalte graue Augen, die tief in den Höhlen lagen. Der Mund war lippenlos, eine scheußlich klaffende Öffnung.

Seine Stimme klang wie eine zerkratzte Schallplatte.

„Wie gefalle ich Ihnen, Mister Quinn?“, krächzte der unheimliche Besucher. „Ein schöner Anblick, wie? Ich bin es gewohnt, dass es den Leuten bei meinem Anblick kalt über den Rücken läuft.“

Quinn lehnte sich zurück und hielt die scheinbar blinden Augen auf einen Punkt etwas links von seinem Besucher gerichtet.

„Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, sagte er ruhig. „Ich kann Sie nicht sehen. Ich bin blind.“

Der Unbekannte blinzelte ein paarmal verblüfft, bevor er begriff. Dann trat er näher und ließ sich auf einem Stuhl nieder.

Er murmelte bitter: „Danken Sie Gott, dass Sie blind sind – so bleibt Ihnen dieser grausige Anblick erspart.“

„Kommen Sie zur Sache!“, forderte Quinn ihn auf, ohne näher auf diese Anspielungen einzugehen. „Was führt Sie zu mir? Und was hat Ihr Aussehen mit dem Zweck Ihres Besuchs zu tun?“

„Sehr viel!“, knurrte der Unbekannte. „Wollen Sie nicht wissen, wo ich mir diese Fratze geholt habe? Aus Abenteuerlust hatte ich mich einer Expedition angeschlossen, die die Sitten und Gebräuche eines fast unbekannten Negerstammes erforschen wollte. Bis auf mich und einen Freund sind alle Mitglieder der Expedition umgekommen. Ich wurde von diesen Wilden gemartert und so zugerichtet, dass mir vor mir selber graut. Mein Freund wurde geblendet. Drei Jahre lang hat man uns als Gefangene in dem Kral fest­gehalten, bis uns durch einen Zufall die Flucht glückte.“

„Wie heißen Sie?“, fragte Quinn mit erwachendem Interesse.

„Matt Bradley. Ja, wir konnten dem Stamm entfliehen und die Reise nach der Heimat antreten. Wie habe ich mich darauf gefreut, meine Leute zu überraschen! Gestern trafen wir hier in der Stadt ein. Es war schon spät am Abend, und so entschlossen wir uns, die Nacht in einem Hotel zu verbringen. In der Halle traf ich einen, den ich von früher her kannte. Natürlich erkannte er mich nicht, meines veränderten Aussehens wegen. Und als ich ihm meinen Namen sagte, erklärte er mir, dass Matt Bradley vor drei Jahren gestorben und begraben worden sei. Er hielt mich für einen Betrüger.“

„Fahren Sie fort!“, forderte Quinn ihn auf, als der Mann eine Pause machte.

„Ich wartete den Morgen ab und ging zu dem Friedhof, auf dem ich angeblich begraben liegen sollte. Ich fand den Grabstein mit meinem Namen. Wer darunter begraben liegt, weiß ich nicht. Jedenfalls nicht Matt Bradley, denn der bin ich, und ich lebe. Jemand, der ein Interesse an meinem Tod hatte, muss mich für tot erklärt haben.“

„Vielleicht gab es noch einen anderen Matt Bradley?“, meinte Quinn.

„Bei der Grabstätte handelt es sich um unsere Familiengruft, in der auch meine Eltern beerdigt sind. Das scheint mir diese Möglichkeit auszuschließen. Ich habe weitere Erkundigungen eingezogen. Mein Vermögen ist unter den drei Erben aufgeteilt worden. Nie hätte ich ihnen vertrauen sollen! Jetzt leben sie in meinem Haus und geben mein Geld aus!“

„Wer sind die Erben?“, erkundigte sich Quinn.

„Da ist mein Neffe Don Thayer, ein liederlicher Herumtreiber. Ihn hasse ich ganz besonders, denn er hat mir nicht nur mein Geld, sondern auch meine Braut genommen! Er hat Wilma geheiratet, mit der ich verlobt war. Den Kerl bringe ich um!“

„Keine Dummheiten!“, warnte Quinn. „Wenn Ihre Verwandten Ihnen wirklich Unrecht getan haben, werden sie ihrer Strafe durch das Gesetz nicht entgehen. Wer sind die andern?“

„Mein Tunichtgut von Bruder, Sam Bradley, ein Säufer und Spieler. Ich habe ihn jahrelang unterstützt trotz seiner Laster. Der dritte ist mein Vetter Clint Henderson, das genaue Gegenteil von Sam. Er trinkt nicht, sieht kein Mädchen an, ist nur in seine Musik vernarrt. Mir ist er ebenso zuwider wie Sam, und sein ewiges Hämmern auf dem Klavier ist mir jahrelang auf die Nerven gegangen.“

„Wer außer den dreien könnte noch ein Interesse am Tode Matt Bradleys gehabt haben?“, fragte Quinn. Er vermied es, zu sagen an Ihrem Tod, denn noch war er durchaus nicht davon überzeugt, dass sein unheimlicher Besucher die Wahrheit sprach und tatsächlich Matt Bradley, der Totgeglaubte, war.

Ohne Zögern antwortete der Besucher: „Mein Geschäftsführer Hal Salisbury. Er hat die Leitung meiner Fabrik übernommen.“

„Gut. Das genügt“, sagte Quinn. „Hören Sie zu, Mister Bradley! Wenn Ihre Angaben der Wahrheit entsprechen, werde ich mich um die Bestrafung der Schuldigen kümmern. Bis dahin muss ich Sie bitten, sich nicht durch irgendeine Unbesonnenheit ins Unrecht zu setzen und selbst strafbar zu machen. Wenn Sie nach Hause gehen wollen, tun Sie es. Aber bewahren Sie Ihren Angehörigen gegenüber die Ruhe. Tun Sie, als wüssten Sie nichts von den Vorgängen. Vermeiden Sie jede Gewalttat – in Ihrem eigenen Interesse.“

„Meinetwegen“, knurrte Bradley. „Vielleicht haben Sie recht.“

Quinn bemerkte: „Sie sprachen von einem Freund, der mit Ihnen zurückgekommen ist – einem Blinden.“

„Ja. Ich lernte ihn bei dieser Expedition kennen. Und natürlich hat unser gemeinsames Schicksal unsere Freundschaft besiegelt. Er ist der einzige Mensch, auf den ich mich verlassen kann. Er sitzt draußen in Ihrem Wartezimmer.“

„Bitte, gehen Sie zu ihm hinaus und gedulden Sie sich eine Weile“, bat Quinn. „Ich möchte später auch Ihren Freund kennenlernen.“

„Wir haben es nicht eilig“, brummte Bradley und wandte sich zum Gehen.

Sobald er das Büro verlassen hatte, kam Silk aus dem Nebenzimmer.

„Eine recht unwahrscheinliche Geschichte“, bemerkte er mit ungläubigem Spott.

Quinn zuckte die Achseln. „Zugegeben, sie klingt phantastisch. Und doch könnte sie wahr sein. Das lässt sich leicht nachprüfen. Er sprach von seinem Neffen Don Thayer, der mit einer gewissen Wilma verheiratet ist. Carol kennt diese Wilma Thayer, ist sogar mit ihr befreundet.“

Silk pfiff durch die Zähne. „Stimmt! Ich erinnere mich, dass Carol von dieser Wilma gesprochen hat.“

„Geh und ruf Carol an!“, sagte Quinn. „Erzähl ihr die Geschichte, die wir eben gehört haben. Sag, sie soll sofort zu Wilma fahren. Ich möchte, dass sie dort ist, wenn Bradley auftaucht.“

Silk eilte davon, um den Befehl auszuführen.

*

Allein geblieben, lehnte Quinn sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und dachte über die Geschichte nach, die der Unbekannte mit dem furchtbar entstellten Gesicht ihm erzählt hatte.

Unwillkürlich tasteten Quinns Finger nach den tiefen Narben, die seine eigenen Augen umgaben.

Ja, Tony Quinn wusste, was es hieß, körperliche Qualen zu erleiden. Nie würde er den Moment vergessen, da ein überführter Verbrecher ihm im Gerichtssaal eine Flasche Säure ins Gesicht schleuderte, die seine Augen ätzte und tiefe Narben in seine Haut fraß. Er erblindete von einer Sekunde zur anderen. Obwohl er die berühmtesten Ärzte Amerikas und Europas aufsuchte, konnte ihm keiner helfen. Sein Augenlicht schien für immer verloren.

Quinn war nicht der Mann, sich geschlagen zu geben. Er versuchte, sich in der Nacht ewiger Blindheit zurechtzufinden, so gut es ging. Er erlernte die Blindenschrift, lernte es, sich mit Hilfe eines Stocks fortzubewegen. Sein Gehör und sein Tastsinn schärften sich auf ungewöhnliche Weise. Er engagierte einen vielseitigen jungen Mann, Silk Kirby, als Sekretär, Blindenführer, Fahrer und Butler. Und nachdem seine Wunden verheilt waren und er sich mit seinem Schicksal abgefunden hatte, nahm er seinen Beruf als Staatsanwalt wieder auf. Freilich hinderte ihn seine Blindheit, die Verbrecher zu bekämpfen, wie er es früher getan hatte. Er musste sich jetzt auf die Tätigkeit am Schreibtisch und im Gerichtssaal beschränken – eine Beschränkung, die seinem aktiven Wesen keine restlose Befriedigung bot.

Aber eines Tages trat eine Wendung ein, die er nicht mehr zu erhoffen gewagt hatte.

Er erhielt den Besuch eines schönen blonden Mädchens, Carol Baldwin. Carols Vater, ein Polizeisergeant in einer kleinen Stadt im Mittelwesten, lag im Sterben, von den Kugeln einer Gangsterbande tödlich getroffen. Es war sein letzter Wunsch, dem blinden Staatsanwalt Tony Quinn zu helfen, von dessen schwerem Schicksal er in den Zeitungen gelesen hatte. Er schickte seine Tochter zu Quinn, um diesem ein ungewöhnliches Angebot zu überbringen, die Netzhaut seiner Augen.

Mit Freude nahm Quinn den Vorschlag an. Er reiste mit Carol Baldwin in ihre Heimatstadt. Ein junger Arzt vollzog die schwierige Operation, die Übertragung der Netzhaut von den Augen des Sterbenden auf die des Blinden. Und die Operation glückte. Sergeant Baldwin starb – Tony Quinn aber konnte wenige Wochen später wieder sehen, und zwar besser noch als zuvor. Seine Augen waren nun von außerordentlicher Sehschärfe und obendrein nachtsichtig. So konnte er im Dunkeln fast ebenso gut sehen wie am hellen Tag.

Tony Quinn beschloss, sein neugeschenktes Augenlicht ganz in den Dienst der Aufgabe zu stellen, die von nun an sein Leben erfüllten sollte. Er sagte dem Verbrechertum den Kampf auf Leben und Tod an.

Im Hinblick auf diese Aufgabe hielt er es für ratsam, seine Heilung geheim zu halten. Für die Öffentlichkeit spielte er weiter den Blinden. Das gab ihm einen unschätzbaren Vorteil seinen Feinden gegenüber.

Seinen Kampf gegen das Verbrechen führte er nun in zweifacher Gestalt, als der blinde Staatsanwalt Tony Quinn und als die Schwarze Fledermaus, der anonyme Rächer, der Mann mit der schwarzen Maske.

Niemand außer seinen drei engsten Freunden und Mitarbeitern wusste, dass sich hinter der Maske der ­Schwarzen Fledermaus niemand anders verbarg als der Staatsanwalt Tony Quinn, der für blind und hilflos galt. Diese drei Freunde waren Silk Kirby, sein Sekretär, Butler und ständiger Begleiter, Carol Baldwin, die Tochter des verstorbenen Polizeisergeanten, mit der Quinn eine innige Liebe verband, und der ehemalige Preisboxer Butch O’Leary, ein gutmütiger und äußerst kräftiger Koloss, der Quinn mit der Anhänglichkeit eines Bernhardiners ergeben war.

Das waren die drei Verbündeten der Schwarzen ­Fledermaus. Mit ihnen zusammen hatte der Maskierte schon mehr als einen Verbrecher zur Strecke gebracht.

Obwohl die Schwarze Fledermaus der Polizei schon oft direkt in die Hände gearbeitet hatte und eindeutig Recht und Gesetz vertrat, hatte sich Inspektor McGrath in den Kopf gesetzt, die Schwarze Fledermaus, den unbekannten, maskierten Rächer, eines Tages zu entlarven. McGrath hegte schon lange den Verdacht, dass die Schwarze Fledermaus und Tony Quinn ein und dieselbe Person waren. Aber trotz aller Bemühungen war es ihm bisher nie geglückt, den Beweis dafür zu erbringen. Er gab es nicht auf – immer wieder versuchte er, Quinn Fallen zu stellen. Aber Quinn war zu geschickt, um ihm auf den Leim zu gehen.

Noch ein anderer Polizeioffizier ahnte die Identität der Schwarzen Fledermaus, Kommissar Warner, der oberste Polizeichef von Chicago. Aber im Gegensatz zu McGrath bemühte er sich nicht, dem unbekannten Feind des Verbrechertums ein Bein zu stellen. Im Gegenteil, er war sich klar darüber, wie viele Dienste die Schwarze ­Fledermaus der Polizei schon erwiesen hatte und weiterhin erweisen könnte. Und wenn ein Fall besonders schwierig war, hoffte er im Geheimen, der Mann in Schwarz würde sich in die Sache einschalten und sie zu einem guten Ende bringen.

Tony Quinn rechnete sich aus, dass Carol inzwischen Zeit genug gehabt hatte, um zu Wilma Thayer zu fahren, der früheren Braut Matt Bradleys, die einen seiner Erben geheiratet hatte.

Quinn läutete seiner Sekretärin und ließ Matt Bradley zum zweiten Mal in sein Büro bitten.

*

Tatsächlich hatte sich Carol sofort, nachdem sie Silks Anruf erhalten hatte, auf den Weg zu den Thayers gemacht, die in einem vornehmen Villenvorort wohnten.

Sie ließ ihr Taxi warten und läutete an der Gartentür.

Wilma selbst öffnete und kam ihr entgegen, um sie zu begrüßen.

„Welch eine nette Überraschung!“, rief Wilma erfreut. „Komm herein, Carol! Don ist zu Hause, aber er bastelt irgendetwas in der Garage. Clint musiziert in seinem Zimmer – wie gewöhnlich. Sam treibt sich sicher wieder in einer Bar herum – ach nein, eben fällt mir ein, dass er sich heute Morgen nicht wohl fühlte. Er hat ein paar Tablet­ten eingenommen und sich hingelegt. Jedenfalls war es recht einsam für mich, und ich freue mich sehr, dass du gekommen bist!“

„Ich war in der Nähe, und da wollte ich dir mal guten Tag sagen.“

Carol ließ die Blicke über das große, schöne Haus und den parkähnlichen Garten gleiten und fragte sich im Stillen, wie man sich hier überhaupt einsam fühlen konnte.

Wilma führte sie in das elegant eingerichtete große Wohnzimmer. Sie ließen sich in der behaglichen Sitzecke nieder, rauchten und plauderten über gemeinsame Bekannte, einen Film, den sie beide gesehen hatten, und einen gemeinsamen Theaterbesuch.

Einmal kam Clint Henderson, Matt Bradleys Vetter, der Musiker, ins Zimmer, um nach Notenblättern zu suchen. Wie gewöhnlich war er so zerstreut und ganz mit Musik beschäftigt, dass er die beiden Mädchen überhaupt nicht wahrnahm.

Bald danach kam Don Thayer, Wilmas Gatte – ein breitschultriger, gut aussehender junger Mann. Hände und Gesicht waren ölverschmiert.

Er begrüßte Carol sehr herzlich und streckte ihr die Hand hin, zog sie aber rasch wieder zurück.

„Nicht anfassen – ich bin ganz schmutzig!“, sagte er und lachte. „Ich geh’ mir rasch die Hände waschen. Wollen wir dann einen Satz Tennis spielen? Der Platz ist frisch gewalzt.“

„Großartig!“, sagte Carol und nickte.