Die schwarze Fledermaus 57: Die verschwundene Million - G.W. Jones - E-Book

Die schwarze Fledermaus 57: Die verschwundene Million E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Ein Mann beschuldigt sich selbst bei Staatsanwalt Tony Quinn, eine Million Dollar widerrechtlich in seinen Besitz gebracht zu haben. Quinn zweifelt die Geschichte des Mannes an. Plötzlich wird der Mann durch eine Machete getötet. Die angeblich unterschlagene Million bleibt ebenfalls rätselhaft.

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IN DIESER SERIE BISHER ERSCHIENEN:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

6039 – Verräterische Spuren von G. W. Jones

6040 – Regie des Todes von G. W. Jones

6041 – Wer überlebt, stirbt! von G. W. Jones

6042 – Quinn unter Verdacht von G. W. Jones

6043 – Wölfe jagen im Rudel von G. W. Jones

6044 – Das Versteck am See von G. W. Jones

6045 – Johnny Hampelmann von G. W. Jones

6046 – Der Todeskandidat von G. W. Jones

6047 – Der vergessene Mord von G. W. Jones

6048 – In der Stadt lauert der Tod von G. W. Jones

6049 – Die Giftschlange von G. W. Jones

6050 – Geister der Vergangenheit von G. W. Jones

6051 – Der Mordmacher von G. W. Jones

6052 – Die Lügenmörder von G. W. Jones

6053 – Stadt aus Hass von G. W. Jones

6054 – Mord im Rathaus von G. W. Jones

6055 – Der sterbende Millionär von G. W. Jones

6056 – Die Bande der jungen Mörder von G. W. Jones

6057 – Die verschwundene Million von G. W. Jones

6058 – Die Dokumente des Selbstmörders von G. W. Jones

DIE VERSCHWUNDENE MILLION

DIE SCHWARZE FLEDERMAUS

BUCH 57

G. W. JONES

Übersetzt vonW. ARNEMANN

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

Copyright © 2023 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati, Mario Heyer

Logo: Mark Freier

Illustration: Ralph Kretschmann

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten.

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-5690-5

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INHALT

Einführung

1. Ein Mann bekennt sich schuldig

2. Das Alibi des Toten

3. Mann in Schwarz

4. Schwache Drinks und starke Männer

5. Die heimliche Spielhölle

6. Eine gut verwahrte Leiche

7. Flucht aus der Falle

8. Schutzhaft

9. Der Mann mit der Machete

10. Der Vermisste

11. Suche nach einem toten Mann

12. Die Grube

13. Eine undurchsichtige junge Dame

14. Die Hauptverdächtigen

15. Falle auf dem Dach

16. Carol geht in die Falle

17. Ein Drink für Quinn

18. Das Killerschiff

19. Das Alibi der Schwarzen Fledermaus

EINFÜHRUNG

Das Abenteuer Die verschwundene Million erschien im Sommer 1949 unter dem Titel The missing Millionin dem amerikanischen ­Magazin Black Book ­Detective.

Tony Quinn

1

EIN MANN BEKENNT SICH SCHULDIG

Er ließ den Suchscheinwerfer des Cadillac über die Hausfront gleiten, um die Hausnummer zu suchen. Und dann brauchte er die Nummer nicht mehr, denn der Scheinwerfer strahlte das Namensschild an.

Er las laut: „Anthony Quinn!“

Es klang halb wie ein Stoßgebet, halb wie ein Fluch. Er hielt den Wagen an, blieb aber noch sitzen und zündete sich eine Zigarette an. Wieder und wieder überdachte er seine Lage, die ganze Entwicklung von Anfang an bis zu der jetzigen Krise. Es gab keinen Ausweg. Und er hatte schon immer gewusst, dass es keinen Ausweg geben würde.

Rex Duncan warf mit einer heftigen Bewegung die Zigarette aus dem Fenster. Er sah ihr nach, wie sie in hohem Bogen durch die Nacht flog und aufglühte, beim Auffallen auf den Gehsteig Funken sprühte und schließlich verlosch. Ja, so war es auch mit ihm gewesen. Eine steile Karriere, höher und immer höher ‒ und dann ein ebenso steiler Fall, der nur mit dem Verlöschen enden konnte ...

Mancher Mann in seiner Lage würde sich den Lauf einer Pistole an den Kopf halten und abdrücken, überlegte er. Aber Rex Duncan verschmähte einen so einfachen Ausweg. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er das, was geschehen war, wirklich getan hatte.

Seufzend stieg er aus. Er tastete nochmals nach seinen Zigaretten, besann sich aber anders. Ein Drink wäre jetzt gut, dachte er flüchtig, 1898er Napoleon; ein großes Glas voll! Er lächelte ein wenig über den Einfall und ging entschlossen auf das Haus zu.

Rex Duncan war ein großer, stattlicher Mann von dreiundfünfzig Jahren mit blondem Haar und athletischer Figur. Sein Gang war sicher, seine Haltung ein wenig hochmütig ‒ eine unbewusste Haltung, wie sie den meisten Millionären zu eigen ist.

Er streckte die Hand aus, zögerte noch eine Sekunde und läutete dann in raschem Entschluss.

Er musste eine Weile warten. Ihm war zumute wie einem kleinen Jungen vor der Tür des Zahnarztes. Ebenso wie der kleine Junge hoffte er heimlich, dass sich auf sein Läuten niemand melden würde. Und ebenso wie der Junge wurde er enttäuscht: In solchen Fällen ist immer jemand zu Hause.

Ein großer, gut aussehender Mann öffnete die Tür. Bei näherem Hinsehen bemerkte man entstellende Narben rings um die Augen, und die Augen selbst blickten starr und blind. Der Mann hielt einen weißen Blindenstock in der Hand.

„Guten Tag, Mister Quinn!“, sagte der Besucher.

Tony Quinn lächelte ein wenig.

„Guten Tag, Sir! Es tut mir leid, aber ich erkenne Ihre Stimme nicht.“

„Sie haben sie nie zuvor gehört, Mister Quinn. Ich hätte Sie gern gesprochen, und zwar in Ihrer Eigenschaft als Staatsanwalt.“

„Bitte, treten Sie ein.“

Sie betraten die Bibliothek, die vom Boden bis zur Decke mit Bücherregalen angefüllt war. Im Kamin brannte ein Feuer, und es roch nach teurem Pfeifentabak.

Duncan sagte überrascht: „Verzeihen Sie eine vielleicht taktlose Frage. Aber wie kommen Sie als Blinder zu einer so umfangreichen Bibliothek?“

Quinn streckte die rechte Hand aus, bis sie die Sessellehne berührte, dann ging er vorsichtig um den Sessel herum und setzte sich.

„Nehmen Sie doch Platz, Mister ‒ Mister ...“

„Duncan. Rex Duncan.“

Wenn der Name Quinn irgendetwas sagte, so ließ er es sich nicht anmerken. Er kam auf die Frage von vorhin zurück: „Ich habe diese Bücher gesammelt, bevor ich erblindete. Seither habe ich leider keinen Gebrauch mehr davon machen können. Manchmal lasse ich mir daraus vorlesen. ‒ Aber was führt den Millionär Rex Duncan zu mir?“

„Sie wissen also, wer ich bin? Nun ja, ich habe meinen Namen berühmt genug gemacht. Oder sollte ich sagen ‒ berüchtigt?“

„Sie sind ein wohlhabender Mann, Mister Duncan“, sagte Quinn. „Im Allgemeinen kann man mit Geld vieles wiedergutmachen ‒ selbst Dinge, die man in andern Kreisen Verbrechen nennen würde. Ausgenommen natürlich ‒ Mord.“

Der Besucher schüttelte den Kopf und lächelte ein wenig.

„O nein, ich habe keinen Menschen getötet. Gott sei Dank!“ Er zog eine Zigarette aus seinem Etui und zündete sie mit einem Streichholz aus der Schachtel mit Quinns Monogramm an, die auf dem Tisch lag. In seiner Zerstreuung steckte er die Schachtel ein.

„Ja“, fuhr er fort. „Ich war reich. Ich habe mein Geld gemacht, indem ich immer ein wenig rascher und schlauer war als die anderen. Ich habe mir großes Vermögen erworben, das mich zu einer wichtigen und allgemein geachteten Persönlichkeit der Finanzwelt machte. Mein Verbrechen ist genauso groß wie mein Erfolg im Leben.“

„Ich höre“, sagte Quinn geduldig.

„Ich habe fast eine Million Dollar gestohlen. Ich bin einer der größten Schwindler in der Geschichte dieses Landes. Und das Geld ist fort, Mister Quinn. Nicht nur die Million, die ich unterschlagen habe, sondern auch der größte Teil des Geldes, das ich mir im Laufe der Jahre erworben habe. Alles fort! Ich bin zwar nicht ganz bankrott, aber ich bin ein Verbrecher und ein Versager.“

Quinn wiegte nachdenklich den Kopf. „Eine Million Dollar oder mehr! Mister Duncan, haben Sie dieses Geld freiwillig ausgegeben oder wurde es Ihnen von Erpressern abgenommen?“

„Durchaus nicht. Aber abgenommen wurde es mir. Lassen Sie mich alles von Anfang an erzählen. Wie das in solchen Fällen zu sein pflegt, fing die ganze Geschichte klein und harmlos an und wuchs wie eine Lawine. Es gab eine Zeit, da hätte ich noch aussteigen und das Schlimmste vermeiden können. Aber das Komische ist: Ich war bereits ein Verbrecher, ohne es selbst zu wissen.“

Quinn runzelte die Stirn. „Ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Mister Duncan.“

Duncan zog nervös an den Fingern, bis die Gelenke knackten.

„Mister Quinn, um Ihnen die ganze Sache klarzumachen, müsste ich Ihnen meine Bücher zeigen. Sie müssten alles schwarz auf weiß sehen. Aber das ist leider unmöglich, da Sie ja blind sind.“

„Ich gebrauche die Augen meines Freundes Silk Kirby“, erklärte der blinde Staatsanwalt. „Er ist absolut zuverlässig und verschwiegen. Wir können nach den Büchern schicken, von denen Sie sprachen. Aber Sie wissen, dass mein Amt mir gewisse Vollmachten gibt. Ich habe das Recht, Sie augenblicklich verhaften zu lassen.“

Duncan erhob sich beunruhigt. „Ich fürchte, ich habe die ganze Sache verkehrt angefangen. Verstehen Sie mich richtig: Ich will mich der Gerechtigkeit nicht entziehen. Aber wenn Sie mich jetzt verhaften lassen und diese Tatsache bekannt wird, werden Sie keine Möglichkeit mehr haben, die Bücher zu prüfen. Ich selbst muss sie holen, Quinn. Ich denke nicht daran, diese Schuld allein auf mich zu nehmen. Das wäre nicht gerecht. Bitte, verschieben Sie die Verhaftung noch eine Weile. Lassen Sie mich gehen. Ich verspreche Ihnen, in einer halben Stunde wieder hier zu sein. Ich selbst werde Ihnen die Beweise in die Hand liefern, die Sie für meine Verhaftung brauchen.“

„Ich kann Sie nicht gehen lassen“, sagte Quinn. „Das wäre nicht zu verantworten. Freilich kann ich Sie auch nicht zurückhalten, wenn Sie jetzt trotzdem gehen. Aber ich werde sofort die Polizei verständigen und Ihre Verhaftung verfügen. Es wird Ihrer Familie wenig Spaß machen, nehme ich an, wenn die Polizei in Ihrer Wohnung auftaucht und einen Rattenschwanz von Reportern hinter sich herzieht.“

„Familie!“, stieß Duncan verächtlich hervor. „Meine Familie ist mir gleichgültig! Meinetwegen schicken Sie Ihre Detektive hinter mir her. Aber wenn nicht, werde ich trotzdem in dreißig Minuten wieder hier sein. Ich gebe Ihnen mein Wort, und das halte ich ‒ wenn ich auch ein Verbrecher bin.“

„Viel Glück!“, sagte Tony Quinn.

Duncan nickte und ging zur Tür. Dann besann er sich, kehrte noch einmal um und beugte sich über Quinn, um ihm die Hand zu schütteln.

„Mister Quinn, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich bei Ihnen auf Verständnis stoßen würde, hätte ich längst aufgegeben. Ich habe das Gefühl, Sie werden mir eine Chance geben ‒ wenn ich Sie auch nicht darum bitte. Sie werden von selbst herausfinden, dass ich etwas dagegen zu bieten habe. Ich verlange nur Verständnis, keine Straffreiheit. Ich weiß, dass ich sie nicht verdient habe. Auf Wiedersehen in dreißig Minuten, Mister Quinn.“

Damit verließ er fast fluchtartig das Zimmer.

Quinn rührte sich nicht.

Er hörte die Haustür ins Schloss fallen, den Motor aufheulen, den Wagen davonfahren.

Nachdenklich ließ Quinn seinen weißen Stock los und begann, mit den Fingern auf der Armlehne zu trommeln.

Endlich erhob er sich und ging zum Schreibtisch, auf dem das Telefon stand.

Er hatte einen Entschluss gefasst. Rex Duncan mochte der ehrlichste Betrüger der Welt sein ‒ ein Staatsanwalt konnte es nicht verantworten, ihm aufs Wort zu trauen. Duncan hatte ihn aufgesucht und ihm ein Geständnis gemacht; wenn er es sich jetzt anders überlegte und flüchtete, würde man das Quinn sehr übel nehmen. Er wurde schon genug angefeindet, weil viele der Ansicht waren, ein blinder Mann eigne sich nicht für das Amt eines Staatsanwaltes.

Quinn griff zum Hörer und wählte die Nummer des Polizeipräsidiums. Er verlangte Inspektor McGrath.

„Hallo, Mac!“, sagte er, als McGrath sich meldete. „Hier spricht Quinn. Lassen Sie sofort einen Haftbefehl für Rex Duncan ausstellen. Es handelt sich um Unterschlagung. Dann nehmen Sie zwei oder drei Leute mit und fahren zu Rex Duncans Wohnung, um ihn zu verhaften. Ja, Rex Duncan, den Millionär. Erledigen Sie die Sache diskret, wenn es sich machen lässt. Aber auch wenn es Wind geben sollte ‒ verhaften Sie ihn auf jeden Fall!“

McGrath ließ einen überraschten Pfiff hören.

„Rex Duncan! Ich hoffe, Tony, Sie wissen, was Sie tun. Rex Duncan ist ein großes Tier.“

„Er hat bereits mir gegenüber ein Geständnis abgelegt. Und er hat versprochen, noch Unterlagen beizubringen. Ich möchte die Bücher und Unterlagen in meiner Wohnung haben, zusammen mit dem Verhafteten. Oder nein, warten Sie! Ich komme selbst zu Duncans Haus, sobald Silk zurück ist, um mich hinzufahren. Erwarten Sie mich dort!“

„Wie Sie wollen, Tony“, meinte McGrath etwas bedenklich. „Sie tragen die Verantwortung, wenn etwas dabei schiefgeht. Ich kann nur Ihren Auftrag ausführen.“

„Dann tun Sie das“, sagte Quinn. „Und beeilen Sie sich! Ich weiß nicht warum, aber ich habe ein ungutes Gefühl. Duncan war sehr aufgeregt.“

2

DAS ALIBI DES TOTEN

Tony Quinn tappte sich mit seinem Stock zur Halle zurück, nahm einen Hut vom Garderobenhaken und trat vor die Haustür. Dort wartete er, auf seinen weißen Stock gestützt, bis er das vertraute Brummen seines Sedans hörte. Er winkte mit dem Stock und rief Silks Namen.

Silk stoppte und setzte den Wagen etwas zurück. Quinn eilte durch den Vorgarten zur Straße.

„Du kommst spät, Silk“, sagte er, während er einstieg. „Wir müssen gleich los.“

Der Fahrer war ein Mann von etwa fünfundvierzig Jahren, schlank, fast kahlköpfig, mit einem schmalen Gesicht, sanften blauen Augen und geschmeidigen Bewegungen. Silk Kirby war früher einer der besten V-Männer gewesen, bevor er in Quinns Dienste trat und sein Freund und Vertrauter wurde.

Er fragte: „Wohin, Sir? Was ist geschehen?“

„Hast du schon mal was von Rex Duncan, dem Millionär, gehört? Er kam vorhin zu mir, um sich selbst zu stellen. Sagte, er hätte eine Million Dollar unterschlagen. Er bestand darauf, noch einmal nach Hause zu gehen, um gewisse Papiere zu holen, und versprach, wiederzukommen. Ich vertraue auf sein Wort. Aber ich bin nicht sicher, ob man ihm erlauben wird, es zu halten.“

„Sie meinen, dass ihn jemand daran hindern könnte?“, fragte Silk und trat aufs Gaspedal.

Quinns blinde Augen starrten blicklos an ihm vorbei.

„Ich halte es für möglich. Wenn ein Mann eine Million Dollar unterschlägt, sind bestimmt noch andere in die Sache verwickelt. Selbst wenn Duncan jetzt genug hat und bereit ist, die Folgen auf sich zu nehmen, so dürften die andern, die das Geld haben, dagegen sein.“

„Wie viel Vorsprung hat er?“, erkundigte sich Silk.

„Er war bei mir von acht Uhr zwanzig bis acht Uhr zweiunddreißig. Sein Haus liegt etwa zwei Meilen von meinem entfernt. Er konnte also nicht früher als, sagen wir, acht Uhr fünfzig wieder zu Hause sein. Der Vorsprung ist nicht allzu groß. Ich habe bereits McGrath mit einem Haftbefehl zu ihm geschickt. Wenn alles geklappt hat, ist Mac bereits dort.“

Der Wagen bog in eine Seitenstraße ein. Es war eine ruhige, vornehme Gegend, bis zu der die Wolkenkratzer der City noch nicht vorgedrungen waren. Hier gab es nur Gärten und Villen, und die Leute, die hier wohnten, gehörten zu den reichsten der Stadt.

Rex Duncans Haus lag am Ende des Blocks. Ein Polizeiwagen stand bereits davor.

Silk hielt an, stieg aus und ging um den Sedan herum, um Tony Quinn beim Aussteigen zu helfen. Zusammen gingen sie auf das Haus zu. Silk läutete.

Ein junges Mädchen von etwa fünfundzwanzig Jahren, in der grauen Tracht eines Stubenmädchens, öffnete.

Quinn zog ein Lederetui aus der Tasche und zeigte ihr seinen amtlichen Ausweis.

„Oh!“, machte das Mädchen betroffen. „Noch mehr Polizei! Mistress Duncan wird sehr ärgerlich sein.“

Sie ließ die beiden eintreten und schloss die Tür hinter ihnen.

Von der Halle aus konnte man durch die geöffneten Flügeltüren in den großen Salon sehen, in dem mehrere Kronleuchter hingen und eine fünfköpfige Band auf einem kleinen Podium spielte. Der Salon war voller Leute. Offenbar war eine größere Party im Gange.

Im oberen Stock warf jemand heftig eine Tür zu.

Eine Frau im weißen Abendkleid kam die Treppe heruntergeeilt. Sie musste früher sehr schön gewesen sein und war gewiss auch heute noch recht anziehend ‒ wenn ihr Gesicht nicht, wie eben jetzt, von Wut entstellt war.

Als sie die beiden Männer bemerkte, hielt sie jäh inne.

„Wer sind Sie?“, fuhr sie die Besucher an. „Erzählen Sie mir nicht, dass es neuerdings blinde Polizisten gibt!“

„Mein Name ist Quinn!“, stellte sich der Blinde vor. „Sind Sie Mistress Duncan?“

„Ja. Sie sind also der Staatsanwalt? Dann sind Sie für all dies verantwortlich, Mister Quinn! Wie kommen Sie dazu, meinem Mann die Polizei auf den Hals zu schicken, um ihn verhaften zu lassen?“

„Ihr Mann wünschte verhaftet zu werden“, gab Quinn ruhig zurück. „Er war soeben bei mir und hat sich selbst gestellt. Dann kehrte er in seine Wohnung zurück, um gewisse Papiere und Unterlagen zu holen. Selbstverständlich kann ich einen geständigen Betrüger nicht frei herumlaufen lassen.“

„Was sagen Sie? Mein Mann soll bei Ihnen gewesen sein? Heute Abend?“

„Ganz recht. Etwa um acht Uhr dreißig. Er ist doch nach Hause zurückgekommen, oder nicht?“

Sie richtete sich hochmütig auf. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf ihrem ein wenig maskenhaft zurechtgemachten Gesicht, das kostspielige kosmetische Pflege verriet.

„Ich wusste doch, dass ein Irrtum vorliegen muss! Mein Mann hat heute Abend das Haus überhaupt nicht verlassen. Nicht für eine Minute! Mister Quinn, Sie haben Ihre Befugnisse überschritten und meinen Mann auf die unverschämteste Weise beleidigt. Mein Anwalt wird dafür sorgen, dass Sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden! Sie werden noch von uns hören!“

Auf dem oberen Treppenabsatz erschien Inspektor McGrath. Er rief hinunter: „Mistress Duncan! Lassen Sie bitte Mister Quinn heraufkommen. Und gönnen Sie sich inzwischen einen starken Drink. Sie werden Stärkung nötig haben.“

Bevor sie noch Einwände erheben konnte, führte Silk Quinn an ihr vorbei die Treppe hinauf.

Oben wartete McGrath. Seine Miene war sehr ernst.

„Diese verdammten Geldsnobs!“, sagte er mit einer wegwerfenden Geste. „Sie glauben, weil sie reich sind und ihre Bilder in den Zeitungen erscheinen, können sie sich jeden Ton erlauben. ‒ Tony, ich habe Mistress Duncan nicht ohne Grund geraten, sich einen Drink zu gönnen. Sie ist sowieso nicht mehr ganz nüchtern. Aber wenn sie erfährt, was geschehen ist, wird sie noch mehr Stärkung brauchen.“

„Was ist passiert, Mac?“

„Rex Duncan ist ermordet worden!“ Sie betraten das Zimmer.

Silk stieß einen unterdrückten Laut aus und wandte den Kopf ab. Obwohl er allerhand gewohnt war, brachte ihn der Anblick für eine Sekunde aus der Fassung.

Quinn ließ sich nicht anmerken, dass er etwas sah.

Rex Duncan saß hinter seinem Schreibtisch. Kopf und Oberkörper waren auf die Schreibtischplatte gesunken. Seine beiden Arme hingen schlaff herunter, sodass die Hände den Fußboden berührten. Neben seinem linken Fuß lag ein großes Messer mit dickem, schwerem Griff. Eine Machete ‒ ein Messer, wie es die Soldaten im Pazifischen Raum verwendeten, um sich ihren Weg durch den Dschungel zu bahnen. Eine tödliche Waffe.

„Sagen Sie mir, was zu sehen ist, Silk!“, bat Quinn.

Silk beschrieb ihm die Szene.

Quinn wandte sich in die ungefähre Richtung, in der McGrath stand.

„Erzählen Sie, Mac!“

McGrath fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

„Nachdem Sie angerufen hatten, ließ ich mir den Haftbefehl ausstellen und fuhr sofort hierher. Mistress Duncan machte eine große Szene und wollte uns nicht hereinlassen. Verlangte, wir sollten morgen wiederkommen. Ich ließ mich natürlich nicht so ohne Weiteres abwimmeln und machte ihr klar, dass wir sie gleichfalls verhaften müssten, wenn sie uns an der Ausübung unserer Amtspflichten hinderte. Schließlich gab sie nach.“

„Und dann?“

„Ich klopfte mehrmals an die Tür von Duncans Arbeitszimmer, ohne Antwort zu erhalten. Schließlich drückte ich auf die Klinke. Die Tür war nicht verschlossen. Ich trat ein und fand ‒ das da. Tony, ich hörte, wie Mistress Duncan Ihnen soeben sagte, ihr Mann habe das Haus heute Abend nicht verlassen. Ist der Tote wirklich derselbe, der Sie heute aufgesucht hat?“

Quinn lächelte.