Kognitive Dissonanz - Gustav Knudsen - E-Book

Kognitive Dissonanz E-Book

Gustav Knudsen

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Beschreibung

Der 6. Teil der Romanreihe 'Die frühen 1980er Jahre - prägend und einprägend' läutet das Ende der Metamorphose Gustavs vom Jugendlichen zum Erwachsenen ein. Das Planen einer gemeinsamen Zukunft mit Wilma gehört zu diesem Reifungsprozess ebenso dazu, wie die prickelnde Versuchung in Form von anderen weiblichen Wesen. Plötzlich und unerwartet steht Gustav vor seiner ersten großen Entscheidung als Erwachsener, die sein Leben in komplett andere Bahnen lenken kann. Eine gelungene Kombination aus Erotik, Romantik, Drama und emotionaler Achterbahn. Erlebe mit Gustav emotionale Momente, die unter die Haut gehen und dich völlig in ihren Bann ziehen. Wie durch einen Magneten wirst du in die Geschichte gezogen und Entkommen wird zur Unmöglichkeit. Genieße die Momente, in denen das Herz den Verstand an die Hand nimmt und du eine interessante Reise durch die Gedanken- und Gefühlswelt Gustavs machen darfst. Herzberührende Romantik, aufwühlendes Gefühlschaos und knisternde Erotik. Ein Kaleidoskop widerstreitender Gefühle in Kombination mit perfekter Harmonie von Leidenschaft, Romantik, prickelnder Erotik und einer Prise Humor machen 'Kognitive Dissonanz' zu einem Leseerlebnis der Extraklasse, das von der ersten bis zur letzten Seite ein Genuss ist.

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Der 6. Teil der Romanreihe „Die frühen 1980er Jahre – prägend und einprägend“ läutet das Ende der Metamorphose Gustavs vom Jugendlichen zum Erwachsenen ein.

Das Planen einer gemeinsamen Zukunft mit Wilma gehört zu diesem Reifungsprozess ebenso dazu, wie die prickelnde Versuchung in Form von anderen weiblichen Wesen.

Plötzlich und unerwartet steht Gustav vor seiner ersten großen Entscheidung als Erwachsener, die sein Leben in komplett andere Bahnen lenken kann.

Eine gelungene Kombination aus Erotik,

Romantik, Drama und emotionaler Achterbahn.

Erlebe mit Gustav emotionale Momente, die unter die Haut gehen und dich völlig in ihren Bann ziehen.

Wie durch einen Magneten wirst du in die Geschichte gezogen und Entkommen wird zur Unmöglichkeit.

Genieße die Momente, in denen das Herz den Verstand an die Hand nimmt und du eine interessante Reise durch die Gedanken- und Gefühlswelt Gustavs machen darfst.

Herzberührende Romantik,

aufwühlendes Gefühlschaos und knisternde Erotik.

Ein Kaleidoskop widerstreitender Gefühle in Kombination mit perfekter Harmonie von Leidenschaft, Romantik, prickelnder Erotik und einer Prise Humor machen „Kognitive Dissonanz“ zu einem Leseerlebnis der Extraklasse, das von der ersten bis zur letzten Seite ein Genuss ist.

Inhaltsverzeichnis

„Prolog“

„Die Strickliesel“

„Sehr kuschelig“

„Tessel“

„Reif für die Insel“

„Deja-vu“

„Eierland“

„Verkehrsberuhigte Zone“

„Die Schafsfotze“

„Vriendschap“

„Vlieland“

„Eierland“

„Texel von oben“

„Stuhl“

„Irgendwas“

„Ensthaft“

„I Love you, Goodbye“

„Oud en Nieuw“

„Madame hat gerufen“

„Zweite Halbzeit“

„Abgehakt“

„Danke Marion“

„Kerstin“

„Der Geozoo“

„De Tuin“

„Schade“

„Da blüht mir was“

„Überraschung – aber total“

„Bernisse“

„Klasse“

„Die Gedankenblase“

„Gefährliche Schlange“

„Einfach nur abhängen“

„Wie immer“

„Die Therapeutin“

„Beim Friseur“

„Pink Floyd“

„Der Prügelknabe“

„Kein Traum“

„Girl Scout“

„Im Museum“

„Die Granate

„Erdbeben“

„Epilog“

„Prolog“

Die Sonne wärmte mit ihren Strahlen mein Gesicht. Gemeinsam mit Wilma spazierte ich den Strand entlang, obwohl es doch eher kühl war. Kein Wind war zu verspüren. Es war der erste Weihnachtstag. Und für diese Jahreszeit war ausgesprochen gutes Wetter. Überhaupt gefiel mir diese Jahreszeit besonders gut. Im Herbst und Winter hatte man den Strand quasi für sich alleine. Keine Urlauber, wenig Ausflügler.

Und gerade heute sassen bestimmt alle vor dem Weihnachtsbaum, schlugen sich den Wanst voll, mühten sich mit ihrer „buckligen Verwandschaft“ ab, denen sie das ganze Jahr über nichts zu erzählen hatten. Aber jetzt – zum Fest der Liebe – wurde das nachgeholt.

Ich sah zu Wilma herüber, die Sonne liess ihr Gesicht leicht goldig schimmern. „Weihnachten, so ein Quatsch. Liebe kann man doch immer geben“. Sie blickte mich an. „Da hast du Recht. Es sind nicht die Anlässe oder Orte, die das Glück bringen. Es sind die Menschen selbst“.

Sie machte eine kurze Pause, blickte über die glatte Nordsee, Richtung Horizont. Dann gab sie mir einen Kuss. „Du bist mein Glück. Du gibst mir deine ganze Liebe. Jeden Tag. Danke Lieverd“.

Während ich in ihre strahlenden Augen schaute entfuhr mir unvermittelt „Schnee. Weisse Weihnachten wäre aber schon super“. Wilma grinste. „Ist das nicht ein wenig rassistisch“. Das Fragezeichen, riesig gross, war in meinem Gesicht förmlich zu sehen. „Was? Wieso das jetzt?“ Sie lachte laut auf. „Na wegen dem weisse Weihnacht“.

Anscheinend war ich zu blöd’ um ihrem Gedankengang zu folgen. „Und was genau ist daran rassistisch?“ Wilma umarmte mich. „Na, Weiss, Schwarz, Neger – du verstehst?“ Ich verstand nicht. „Ne, verstehe ich nicht“.

Noch einmal wiederholte Wilma ihre Worte. „Weiss, Schwarz. Schnee ist weiss, Neger sind schwarz“. Sie grinste wieder. „So wie Ahmadou, der Freund von Linda. Erinnerst du dich an ihn?“

„Ja. An seinen riesigen Pimmel“. Wilma stiess mir in die Rippen. „Schon wieder rassistisch“.

Das war aber alles andere als rassistisch gemeint. Das war lediglich eine Feststellung. „Quatsch, das ist eine Feststellung. Besser gesagt eine Schilderung, die Linda mal erwähnt hatte“. „Ach, das ist bei dir hängen geblieben?“

Ein leichtes Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Ja, vor allem hängen geblieben“.

Ich nahm beide Hände vor den Schritt und tat so als ob ich einen Riesen-Pimmel anheben würde. „Du bist so ein Spinner“. Wilma lachte. „Für dein vergleichsweise kleines Pimmelchen reicht doch wohl eine Hand“.

Ich war leicht „gekränkt“, oder wie auch immer ich das nennen sollte. „Ist mein Pimmel zu klein? Zu klein für dich?“ Wilma nahm meine Hand, die noch immer vor meinem Schritt hing. „Hör’ auf mit dem Scheiss-Gelaber. Es ist nicht dein Pimmel, der mich glücklich. Zumindest nicht nur“.

Bevor ich irgendetwas erwidern konnte zog sie mich auf dem sandigen Boden weiter. „Wir gehen ins Badlust, etwas trinken. Und vergiss den Pimmel-Scheiss“.

Bei heisser Schokolade, „angereichert“ mit Vieux, sassen wir auf der Terrasse, schauten - windgeschützt durch die gläserne Ballustrade des Badlust - auf das Meer. Der gestrige Abend war ja eher ruhig bei uns verlaufen, am heutigen Abend würden einige Freunde kommen, die wir eingeladen hatten um mit uns gemeinsam im Fernseher die Sonderweihnachtssendung von „All you need is love“ zu schauen.

Weihnachten feierte man in Holland dann doch ganz anders als ich es aus Deutschland kannte. Geschenke gab es nämlich nicht vom „Christkind“ sondern von „Sinterklaas“, also dem Nikolaus.

Warum auch nicht? Blieb doch letztendlich auch die Frage warum man zu „Jesu Geburt“ Geschenke bekam und nicht das Christkind selbst. Hatte es doch schliesslich Geburtstag – und nicht ich. Macht man doch sonst auch nicht, dass man andere beschenkt wenn man selbst Geburtstag hat.

Der 24. Dezember - „kerstavond“ - hat hier eine weniger große Bedeutung. Erst am 25. oder 26. Dezember wird groß aufgetischt mit gefülltem Truthahn, Rouladen oder Raclette – oder was die Küche und die eigenen „Fressgelüste“ so hergeben. Geschenke gibt es aber anschließend nicht. Es ist eher ein gemütlicher Tag mit viel Essen im Kreise der Familie und Freunde. Und genau das wollten wir heute machen. Fett feiern. Und das konnten wir sowieso, nicht nur zur Weihnachtszeit.

Ich hatte bestimmt schon zum vierten oder fünften Male nachgeordert. Allerdings ohne heisse Schokolade, nur Vieux – entsprechend spürte ich den Alkohol in Kopf und Beine. „Sag’ mal Wilhelmina“ begann ich. Und wurde direkt von Wilma unterbrochen. „Ich weiss was jetzt kommt – und ich werde auch nicht darauf antworten“.

„Wie – du weißt …“. Wilma griff unter dem Tisch meine Hand. „Ja, ich weiss was jetzt kommt. Diese Pimmel-Frage. Und ich sag’ nichts dazu. Er - also dein Pimmel - funktioniert, steht, spritzt ab – also - alles gut. Dick muss er sein, lang wird er von selber. Und Ende“.

Wilma hatte tatsächlich meine Gedanken gelesen. „Lass’ uns lieber besprechen wir wir gleich alles arrangieren. Wir haben noch reichlich vorzubereiten“. Während sie sprach drückte sie meine Hand, zärtlich – aber doch bestimmt.

Wilma rief die Bedienung an unseren Tisch heran. „De rekening, alstublieft“.

„Noch reichlich zu tun“ – damit hatte Wilma sehr treffend formuliert dass wir noch jede Menge vor der Brust hatten. Der Kühlschrank war vollgepackt und wartete nur darauf dass wir aus den ganzen Zutaten ein leckeres „Abendmahl“ für uns und unsere Gäste zaubern sollten.

Wir liefen vom Strand herunter zum Parkplatz, wo auch unsere Fahrräder abgestellt waren. Ich zog es aber „Sicherheitshalber“ vor mein Fahrrad zu schieben. Auch wenn der Rückweg dadurch etwas länger dauern sollte – aber so konnte ich mein Sturzrisiko um einiges minimieren.

Wilma drehte einige Pirouetten auf ihrem Rad um mich herum. Allein das Zusehen machte mich schwindelig. Mir war klar was das zu bedeuten hatte. „Ja, fahr’ ruhig vor. Fang’ schon mal an, ich komm’ dann auch gleich“.

Wilma hatte anscheinend darauf gewartet dass ich das sagte. Sie trat kräftig in die Pedale und fuhr los. „Tot zo“.

„Die Strickliesel“

Wilma’s Fragestellung war eine Mischung aus Ungeduld, Vorwurf und Besorgtheit als ich endlich zuhause ankam. „Wo warst du denn? Das hat ja ewig gedauert. Du weißt doch was wir zu tun haben, oder?“

Dass ich einen „Abstecher“ über den Friedhof gemacht habe um an Willeke’s Grab einen Besuch einzulegen nahm ihr den Wind aus den Segeln. Ihr Tonfall wurde gleich freundlicher. „Dann geh’ bitte direkt in den Garten und bau’ den Grill auf. Und dann kümmerst du dich um die belgische Abteilung. Also Muscheln und Pommes“.

Auf der Küchenanrichte lagen bereits so einige „Fleischberge“, mariniert und bereit auf den Grill geworfen zu werden. Daneben einiges an Gemüse und ein grosser Sack Kartoffeln. „Was hast du vor?“ Ungläubig schaute ich sie an.

Wilma’s Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Schon vergessen was unsere Freunde so alles wegfuttern können?“

Mein Blick ging herüber zu dem grossen Tisch. Unzählige Flaschen mit Schnaps, Whisky und Genever waren dort arrangiert. „Und saufen“ erwiderte ich. „Ne, das ist mir bekannt. Hinlänglich“.

Ebenfalls waren einige „kerstkransjes“ über den Tisch verteilt, Naschwerk für den „kleinen Hunger“ zwischendurch. Und Weihnachtsstollen. Anders als in Deutschland gefüllt mit „spijs“, eine Art Mandelpaste, statt Marzipan.

Mit einer Hand schob Wilma den Kartoffelsack über die Anrichte auf mich zu. „Na dann, auf geht’s“.

Zuerst aber machte ich mich an den Grill, bevor das Kartoffelschälmesser zum Einsatz kommen konnte. „Machst du danach dann auch bitte den Kamin an?“ bat mich Wilma. „Auch das, mein Liebling. Was immer dein Herz begehrt“.

Aber das war nicht nur um ihren Wunsch zu erfüllen. Man sagt zwar „du sollst dich warm arbeiten“, aber bei der Hausarbeit wurde mir zumindest nicht so richtig warm. Das war auf der Raffinerie ganz anders, da musste ich ja auch „richtig ran“.

Pfiffig wie ich war, so dachte ich es mir zumindest, nahm ich, nachdem die Grillkohle schon richtig glühte, eine Schaufel voll davon mit ins Wohnzimmer, legte sie in den Kamin und stapelte ein paar Scheite des Pinienholzes darauf. „Gute Idee“ sprach ich mir selber anerkennend zu. Das Holz entzündete ich sofort.

Gut dass wir alle Einkäufe vor Heiligabend erledigt hatten. Essen und Getränke waren reichlich im Haus. Wäre jetzt auch blöd wenn nicht - denn alle Geschäfte waren geschlossen - und unsere Freunde hatten immer „Durst und Hunger“.

Fast hatte ich vergessen dass noch ein „Auftrag“ auf mich wartete. „Willst du dich nicht langsam mal um den Sack kümmern?“ hörte ich Wilma aus der Küche rufen. Natürlich wusste ich genau was gemeint war – die Kartoffeln. Dennoch gab ich „das ist doch deine Aufgabe“ zur Antwort. „Komm’ in die Küche, mach voran“ entgegnete sie mir mit lauterer Stimme.

Schon auf dem Weg in die Küche öffnete ich den Gürtel meiner Hose. „Was wird das?“ Wilma schob mich beiseite. „Na, kümmern, der Sack, deine Aufgabe“ grinste ich sie an. „Du bist doch nicht ganz dicht. Schäl’ die Kartoffeln, das meinte ich mit Sack – nicht deinen“.

Wilma konnte – oder wollte - mein Lachen über diesen Scherz nicht teilen. „Mann, mach’ einfach was ich dir gesagt habe“.

Schob die geschälten, gesputzten und geschnittenen Gemüseteile auf eine Seite der Küchenarbeitsplatte, die Abschnitte warf sie in den Müll. „Ich bin soweit durch, komm’ in die Gänge“.

Wilma war ins Wohnzimmer gegangen, suchte Musik heraus. „Dann dreh’ ich uns mal eine Tüte. Wenn du fertig bist kannst du ja rüber kommen“.

Fertig – das war ich schon lange – aber nur mit den Nerven. So viele Kartoffeln, unglaublich. Da musste in jedem Fall eine zweite Friteuse her, das war so gar nicht zu bewerkstelligen. Gut, von den 5 Kilo in dem Kartoffelsack würde bestimmt ein halbes Kilo Schalen abzuziehen sein – aber die noch verbleibenden Kilos wollten nicht nur „weggefuttert“ werden, sondern mussten vorher auch noch frittiert werden. Und mit einer Friteuse, unmöglich.

Wilma stellte mir eine Plastik-Wanne parat, in die die geschälten Kartoffeln zum Waschen sollten. „Hast du die auch vorher ausgewaschen?“

Normalerweise warfen wir unsere Schmutzwäsche da rein. „Ja klar, blöde Frage“. Sie nahm mich an der Hand. „Komm’, wir kiffen einen. Dann gehe ich rüber, auf die Borderij, und besorge eine Friteuse. Du hast ja noch reichlich zu tun“.

Diese willkommene Unterbrechung liess ich gerne zu. Ein Joint geht immer.

Zwischen den tief inhalierten Zügen am Joint sprachen wir kurz über die kommenden Tage, wir hatten beiden Urlaub, also frei, bis ins neue Jahr hinein.

„Wollen wir irgendwo hin fahren, wie wir es sonst so machen?“ wollte ich wissen. „Lass’ uns da später drüber reden, in Ruhe. Grundsätzlich schon. Jetzt erstmal nur den heutigen Tag als Thema, dann sehen wir weiter. Ich hol’ die Friteuse, dann noch duschen und umziehen, dann ist Weihnachten für uns“.

Duschen – da brauchte ich gar nicht dran denken. Wozu? Selbst wenn ich duschen würde, würde ich nach der „Frittiererei“ wieder so dermassen stinken dass alles sowieso umsonst wäre.

„Also manchmal bist du echt etwas, na sagen wir mal einfaltslos“. Wilma hatte mich „nett“ am Arm gefasst. „Bring’ die Fritteuse auch nach draussen, zum Grill. Dann wird die Bude auch nicht vollgestunken“. Ich sah sie an. „Ja, du legst einfach ein Verlängerungskabel raus – Problem gelöst“. Dass ich da nicht selber drauf gekommen war.

Die restlichen Kartoffeln wollten geschält werden, dann musste ich auch noch die Muscheln waschen, also noch reichlich zu tun. Nach dem Joint ging das jetzt auch „beschwingter“ von der Hand. Wilma machte sich auf den Weg zur Boerderij.

Erst jetzt registrierte ich so richtig welche Musik die ganze Zeit lief. „Was ist das?“ fragte ich noch schnell bevor Wilma aus dem Haus ging. „Mireille Matthieu. Französische Chansons“.

Das war so gar nicht meins. Diese Stimme – sicherlich eine gute Sängerin – aber eben nicht meine Musik. Das wurde sofort geändert.

Gerade hatte ich alle Arbeiten erledigt, ein Stromkabel im Hof verlegt, die Friteuse auf dem Tisch platziert, neue Grillkohle nachgelegt – für ein gescheites Barbeque sind drei Worte entscheidend: Glut, Glut und nochmals Glut – da erschien Wilma, gut bepackt. Mit einer weiteren Friteuse und in einer Kiste einen grossen Topf.

„Das ist von Alberto, sein berühmtes Schmorkaninchen. Kannst du direkt auf den Grill, auf die Glut stellen. Dann braucht das nachher nur noch kurz in den Backofen“.

So ein bisschen sah es jetzt schon wie in einer „Outdoor-Frituur“ aus, eine Freiluft-Pommes-Bude.

Wilma gab mir einen zärtlichen Kuss. „So, mein Liebling, dann haben wir alles getan was zu tun ist. Die Gäste können kommen“. Sie ging zum Haus. „Ich geh’ jetzt duschen und mir andere Klamotten anziehen“.

Im Weggehen gab ich ihr einen Klapps auf den Hintern. „Schminken nicht vergessen“ schmunzelte ich, wissend dass das jetzt eine Weile dauern würde bis sie sich komplett aufgebrezelt habe.

Nicht nur um mir die Wartezeit zu verkürzen drehte ich mir einen weiteren Joint, liess mich in das Chesterfiled-Sofa fallen und sog den Rauch genüsslich ein.

Das Warten hatte sich wahrlich gelohnt. Wilma stolzierte ins Wohnzimmer, ein Augenschmaus. Sie trug einen cognacfarbenen Wildleder-Minirock, der an der Taille von einem schwarzen Gürtel gehalten wurde. Darüber ein schwarzes, sehr eng anliegendes Oberteil, das ist ihre prächtigen Brüste betonte.

Mein Blick ging an ihr herab. Schwarze Lederstiefel. Aber nicht einfach nur Stiefel, sondern so genannte „Overknees“, die etwa zwei Handbreit unter dem Minirock endeten. Was für ein Anblick, was für ein Geschoss.

„So, der Abend kann kommen“. Mit diesen Worten liess sie sich auf der Couch nieder, zog einen Bastkorb heran, in dem sie Wolle und allerlei Strickutensilien aufbewahrte. Meine Augen „klebten“ förmlich an ihr.

„Mein Gott, wie toll du aussiehst. Einfach bezaubernd. Du … Du… Ich will mit dir ficken“. Wilma lächelte. „Du spinnst. Ich bin frisch geduscht, bald kommen unsere Gäste. Bist du so geil?“

War das verwunderlich? „Ja. Du machst mich so geil. Wie du ausschaust. Fehlt eigentlich nur noch eine Peitsche. Ja, du machst mich geil“.

Wilma nahm aus dem Bastkorb ein Wollknäuel heraus. „Ich stricke noch ein paar Reihen – zur Entspannung. Ficken ist nicht, nicht jetzt“.

„Sehr kuschelig“

Meine Augen wanderten wieder an ihr auf und ab, verharrten in ihrem Gesicht. Das passte für mich so gar nicht zusammen. Sie war dermassen aufgebrezelt, eine Sex-Bombe. Und dann begann sie zu stricken. Klingt ähnlich wie Ficken, ist aber dann doch etwas ganz anderes.

Ja, sie strickte. Das war ihr neues Hobby. Oder besser gesagt ihre neueste Freizeitbeschäftigung. „Zur Entspannung“ wie sie gesagt hatte als sie vor etwa zwei Monaten damit angefangen hatte. „Um von meinem Job abzuschalten“, so hatte sie ihre neue Leidenschaft beschrieben.

Erst hatte ich das gar nicht wirklich mitbekommen. Wie auch? Seit sie den Job in der Pflege hatte, sich um Victoria kümmerte, sahen wir uns nur noch wenig. Sie hatte Nachtschicht, verliess das Haus wenn ich Feierabend hatte, schlief wenn ich zur Abeit musste. Lediglich die drei freien Tage pro Woche die sie hatte, blieben uns.

Und da auch nur die Abendstunden, denn meine Arbeit stand auch da, an ihren freien Tagen an. Und selbst dann war es auf einige, wenige Stunden begrenzt. Es war nicht nur meine Angewohnheit „unter der Woche“ zeitig zu Bett zu gehen, mein Körper brauchte den Schlaf dringend, denn mein Job verlangte schon einiges an Kraft und Konzentration von mir ab. So blieb uns also eigentlich nur eine kurze gemeinsame Zeit zwischen sieben und zehn Uhr abends.

Dadurch hatte sich so etwas wie eine „Routine“, Wiederkehrendes, in unseren Tagesabläufen eingeschlichen. Ob gewollt oder ungewollt kann ich nicht einmal sagen. Ein Abend war „fest reserviert“ um ins Kino zu gehen oder mit Freunden auszugehen, Leute zu treffen. Unseren ersten gemeinsamen Abend verbrachten wir meist im Bett. Ich wollte auf jeden Fall mit Wilma schlafen. Und ich war wohl selbst der allerletzte der gedacht hatte dass es so etwas gibt – einmal in der Woche Sex, dazu noch nach Terminplaner.

Wenn wir nicht ausgingen oder miteinander schliefen sass Wilma also dann auf der Couch, schaute sich etwas im TV an – und strickte dabei.

Angefangen hatte sie mit „kleinen Dingen“. Mützen oder Socken. Oder einen Schal. Das waren natürlich jetzt, zur anstehenden Winterzeit nicht nur hübsch anzusehende Strickwaren, sondern auch passende und wärmende Kleidungsstücke. Wenngleich ich die Teile manchmal etwas „Old Fashion“ fand, verlor ich darüber kein Wort, sondern „freute mich total“ über das was sie gestrickt hatte.

„Für dich, das hab’ ich für dich gestrickt“. Mit diesen Worten überreichte sie mir ab und an eine neue Strickware. Und das wusste ich nur zu gut - bei einem Geschenk ist es nicht das Geschenk selbst was zählt, sondern dass es von Herzen kommt. Und das tat es, immer wieder.

Sehr schnell wagte sich Wilma dann an „grössere Projekte“ heran. Wie zum Beispiel Pullover. Erst für sich, später auch für mich. Und zu meiner eigenen Verwunderung wurde „mein Pullover“ auch sehr schnell zu meinem Liebling. Quergestreift. In Türkis und Schwarz. Sogar so raffiniert gestrickt dass das Muster, die Streifen, an den Ärmeln synchron zum Körper verliefen.

Und jetzt konnte sie mittlerweile „blind“ stricken. Also gleichzeitig Fernsehen und stricken. Aber es gab auch einige Aspekte die mich „nervten“, so zum Beispiel dass sie deutlich weniger im Haushalt machte. Nicht dass das ihre Aufgabe war, nein, mir fiel es eben auf weil sie es vorher immer gemacht hatte. Lediglich dass es deutlich seltner hiess „ich habe gekocht“ wenn ich nach der Arbeit nach Hause kam fand ich mehr als blöd.

„Du bist eine richtige Strickliesel geworden“ sagte ich einmal zu ihr. „Strickliesel, was ist das?“ Wilma konnte mit diesem Ausdruck nichts anfangen. War es ja auch ein typisch deutsches Wort.

Ich versuchte es ihr zu erklären. Wobei der Begriff ja auch mindestens zwei Auslegungen zulässt. Zum einen die Bezeichnung einer gerne strickenden Frau, eben der Liesel, ein Kosewort für Lieselotte und dann eben das Hilfswerkzeug, das man wohl in den „Strickanfängen“ gerne benutzt.

„Die Strickliesel, eine kleine Vorrichtung zur Anfertigung von Strickschnüren, meist aus Holz gefertigt, hat eine Bohrung entlang der Mittelachse, aus deren unterer Öffnung im Verlauf des Strickens das Gestrick erscheint“ erklärte ich ihr in meiner klugscheisserischen Art.

Ich erinnere mich deshalb so gut an meinen „wissenschaftlichen Vortrag“ weil ich mit den Worten „soll ich mal ’was in deine Strickliesel stecken?“ endete.

Wilma hatte ihre Utensilien beiseite gelegt und grinste. „Ja, mach. Und lass auch was rauskommen. Du willst ficken, stimmt’s?“

Genau das hatte ich gemeint. „Komm’ her, mein Schatz. Das hast du so süss gesagt. Ja, fick’ mich. Fick’ deine Strickliesel“.

Süss, den Ausdruck mochte ich überhaupt nicht. Das war aber jetzt egal. Sex ausserhalb des Terminkalenders, nicht nur welch eine Überraschung – mehr, so war es „früher“ des Öfteren, spontan ficken, ungeplant. Unsere Begierde und unser körperliches Verlangen frei lassen. Wann und wo auch immer.

Gedankenverloren sass ich neben Wilma auf der Couch, hatte bereits ein paar Bier getrunken. Wilma strickte nach unserem „Spontan-Fick“ an ihrem aktuellen Werk weiter, einer Art Decke oder irgendwie so etwas. „Das möchte ich unbedingt noch fertig bekommen, wenn es geht heute. Gefällt es dir?“

Prüfend nahm ich die Strickware in die Hand. „Sehr kuschelig fühlt es sich in jedem Fall an. Was ist das? Was wird das?“

„Das wird für Victoria. Eine Stola. Da kann sich sich richtig warm einpacken. Sie ist ja an ihren Scheiss Rollstuhl gefesselt, hat wenig Bewegung“. Ihre Augen leuchteten während sie sprach. Victoria war ihr extrem ans Herz gewachsen, das war deutlich zu spüren. „Das bringen wir ihr morgen. Du kommst doch mit, oder?“

„Soll ich? Muss ich?“ Wilma blickte mich von der Seite an. „Ja, sollst du. Du musst. Nichts ist übler als an Weihnachten allein zu sein. Und du magst Victoria doch auch“.

Damit hatte sie Recht. Ich mochte Victoria. Sehr sogar. Und auch mit dem Hinweis auf die üble Einsamkeit hatte sie Recht. „Klar, ich komm’ mit. Sehr gerne sogar“. Wilma gab mir einen Kuss. „Danke Liebling. Das wird Victoria sicherlich freuen“.

Während ich mich aus der Couch erhob schaute ich Wilma nochmals musternd an. „Hab’ ich dir schon gesagt wie hammermässig du aussiehst?“ Wilma blickte von ihrem Strickzeug auf. „Ne“. Leicht nach vorne gebeugt küsste ich sie auf die Stirn. „Du siehst Hammer aus. Du bist die schönste Frau, überhaupt“.

Dann verschwand ich, musste mich nochmals um den Grill, die Glut kümmern. Aus der Küche nahm ich einen grossen Edelstahlkochtopf mit, befüllte ihn zuvor mit allerlei Wurzelgemüse und etwas Wasser. „Für die Muscheln, ich fang’ schon mal an“.

Das sah alles sehr gut aus. Der Grill hatte eine schöne, intensive Glut, aus dem Topf strömte der herrliche Duft des Schmorkaninchens empor. Würzig nach Rosmarin, auch reichlich Knoblauch. Auf dem Tisch standen die Friteusen parat, daneben die Plastikwanne mit dem Kartoffeln. Von mir aus konnte es losgehen.

Zwischenzeitlich waren die ersten Gäste - eigentlich keine Gäste, unsere Freunde – eingetroffen. Das Wohnzimmer hatte sich gefüllt. Mit Menschen, mit Leben. Auf den Tischen standen Bier und Schnäpse, es wurde eifrig angestossen. „Gezondheid Mensen“. Etliche Joints machten bereits die Runde. Unser Weihnachten war von „null auf hundert“ in Gang gekommen. „Gezondheit – en vrolijk kerstfeest“.

Nur immer kurz unterbrochen durch das Küsschen links, Küsschen rechts Prozedere. Erst ganz zum Schluss, nachdem ich mich durch die Menge durchgeküsst hatte, ging ich zu Wilma. „Vrolijk Kerstfeest Lieverd“. Bei ihr liess ich es mir aber nicht nehmen sie „richtig“ zu küssen. „Du bist für mich das grösste Geschenk, nicht nur heute. Ich liebe dich Wilhelmina“.

„Danke mein Schatz. Das Kompliment kann ich dir nur zurückgeben“. Mit einer Gabel schlug Wilma kliirend gegen ihre Bierflasche. „Mensen. Schön dass ihr alle gekommen seid“.

Mit einer Kopfbewegung wanderte sie die Freunde ab. Koos mit seiner Frau Dees, Ad mit Marja – die vier waren zusammen gekommen, in Ad’s Monstertruck. Und dann noch „De Zwarte Piet“ aus Rotterdam, Adri, Nico und Alberto von der Boerderij, Hans – unser Vermieter - mit seiner bezaubernden Marion.

Und die leuchtend roten Haaren, die aus der Gruppe hervorstachen. Ja, das war Linda. Besonders sie hatte ich lange – eigentlich zu lange – nicht gesehen.

Wilma kam dicht an mich heran. „Schau, sie alle haben sich fein gemacht. Voor Keerst. Geh’ nach oben und zieh’ dich um. Bitte“.

Dieser Bitte - diesem, Wilma’s Wunsch - sollte, wollte, musste ich Folge leisten. Selbst Ad, den ich eher in seiner derben Zimmermanns Kluft kannte, war vom feinsten gekleidet, in einem Anzug samt Krawatte. „Heren pak“ wie der Holländer sagt.

Während ich meine Klamotten aus dem Schrank heraus suchte und auf dem Bett parat legte – Anzug sollte es dann aber doch nicht werden – vernahm ich das brüllende Motorengeräusch in unserer Einfahrt. Das konnte nur Jack sein, besser gesagt der Höllenlärm seiner Kawasaki. Ein kurzer Blick aus dem Fenster bestätigte das.

Auf dem Weg nach unten, zurück zum „Fest“, noch kurz im Bad vorbei, schnell frisiert und etwas After-Shave aufgelegt, dann in den Garten, nach dem Grill schauen. Dort hatte sich bereits Alberto an dem Kaninchen zu schaffen gemacht. „Geh’ ruhig rein, ich mach das schon“. Nur kurz hatte er aufgeschaut, war in seinem Element.

Jack und Ursula begrüsste ich noch im Hof. Meine Wiedersehensfreude war besonders gross. Auch wenn wir weniger miteinander zu tun hatten war unsere Verbundenheit doch umso grösser. Sicherlich auch durch die ein oder andere „Gaunerei“ verstärkt. Dann betraten wir gemeinsam das Haus. Die beiden brauchten eine Weile, auch sie mussten sich erst einmal durchküssen.

Ein überaus gelungener, „gezelliger“ Abend. Es wurde gegessen, gesoffen, gekifft, gelacht, getanzt. Bis „in die Puppen“.

„Zwarte Piet“ hatte ich beizeiten angeboten bei uns zu übernachten, gerne würde ich ihn morgen nach Hause bringen.

„Tessel“

„Meine Fresse, hab’ ich einen Schädel“ hörte ich mich denken. Meine Augen musste ich stark zusammenkneifen, so sehr schmerzte das Tageslicht, das durch das Fenster hereinfiel. Und Durst hatte ich. Nicht auf Bier oder Schnaps, davon hatte ich garantiert noch reichlich in der Blutbahn. Am liebsten Wasser, ja genau, das wo Fische drin ficken. Einfach nur Wasser.

Das waren die Momente in denen ich selber hasste dass ich notorischer Frühaufsteher – Frühwachwerder – war. Egal wie spät es am Vorabend war, egal wie blau ich war.

„Boh, bloss keinen Alkohol mehr“. Ganz kurz kam der Gedanke, ganz kurz nur. Wusste ich doch dass das eh eine hohle Phrase war und sich sehr schnell verflüchtigen sollte.

Wilma schlief tief und fest. Sie lag, wie immer wenn wir gemeinsam in einem Bett schliefen, auf der dem Zimmer zugewandten Bettseite. Für einen Moment betrachtete ich sie. Selbst im Schlaf war sie eine Schönheit. Ihr wohlgeformter Körper eine einzige Verlockung. „Eigentlich eine Schande dass ich jetzt keinen wegstecken kann“ schoss es mir durch den Sinn. Meine Morgenlatte war durch den grossen Alkoholkonsum nochmals dicker als sonst.

Für einen Moment kam mir Wilma’s „Trostspruch“ in den Sinn. „Dick muss er sein, lang wird er von selber“ hatte sie gesagt.

Mein Pimmel stand von mir ab, war jetzt beides – dick und lang. „Was für eine Schande“. Ich musste selbst grinsen, kletterte leise und vorsichtig über sie hinweg.

Auf direktem Wege ging ich in den Garten, pinkeln. Dann in die Küche, Kaffeemaschine anschmeissen, Zigarette drehen. Erstmal hinsetzen. „Bin ich fertig“.

Röchelnd lief der Kaffee durch den Automaten. Aus dem Kühlschrank griff ich ein kaltes Bier.

„Das zischt“. Egal was andere sagen oder denken, ein Bierchen nach einem Saufabend ist das Beste das man tun kann. Und nichts löscht den Durst so wie ein kaltes Bierchen, da kann Wasser nicht gegen anstinken.

Unser Wohnzimmer ähnelte einem Schlachtfeld. Wieder einmal. So wie nach jeder Party. Geschirr, Gläser, leere Flaschen, volle Ascher, Speisenreste – also alles so wie immer – nach einem Fest. Das wollte - sollte, musste – aufgeräumt werden. Und wer war schon wach?

„Mit den Essensresten fang’ ich an, der Rest wandert in den Müll, oder ins Spülbecken“. Schnell war mein Vorgehensplan gefasst. Die Essensreste würden garantiert für die nächsten Tage noch reichen, da brauchte nichts „neues“ gekocht werden.

Das Leergut war schnell in die Bierkisten geräumt, die Schnapsflaschen, zumindest die die noch Flüssigkeit enthielten räumte ich auf den Küchenschrank. Von den Tellern und dem übrigen Geschirr „fegte“ ich mit einer Gabel alles in einen Müllsack, dann alles in das Spülbecken.

Eigentlich war es jetzt an der Zeit ein weiteres Bier zu öffnen, da fiel mein Blick auf die Kaffeemaschine. „Ach ja, Kaffee“.

Von der Treppe hörte ich Schritte herunter kommen. „Morgen meine geliebte Frau“ rief ich in diese Richtung. „Nix geliebte Frau, ich bin’s“ erwiderte eine tiefe, verkaterte Stimme.

Zwarte Piet, das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Er lugte um die Ecke ins Wohnzimmer. „Soso, geliebte Frau. Das sagst du also zu Wilma“. Er grinste. Das Gesicht verschwand hinter dem Türrahmen. „Ich muss erstmal pissen. Und dann ein Bier“.

Piet, eigentlich Peter, setzte sich zu mir an den Tisch, leerte fast in einem Zug sein Bier und stellte die Flasche mit einem lauten Geräusch zurück auf den Tisch. Dann holte er sich aus der Küche irgendwas Essbares - kaltes Fleisch - und nagte daran.

Also Bierchen, okay, das war klar, aber jetzt essen? Garantiert hätte ich sofort kotzen müssen. Piet mümmelte aber genüsslich an dem kalten Bratenstück. „Und jetzt einen Joint“ beendet er sein Frühstück.

Gesagt, getan. Schnell hatte er eine Tüte gerollt. Ging mit dem glimmenden Joint zum Plattenspieler in der Ecke des Raumes. „Musik?“ „Oh ne“. Ich schaute zu ihm. „Bloss nicht, lass’ alles aus. Bitte“.

Schon - oder schon wieder - gut angeschossen von der Tüte machte ich mich daran den Abwasch zu beginnen. Ohne grosse Worte kam Piet hinzu und half. Auch Wilma war jetzt herunter gekommen. Auch optisch. „Meine Fresse, siehst du fertig aus“ begrüsste ich sie. Sie trug einen Pullover von mir, den „Blauen Peter“, der ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte.

„Tust du, tut ihr mir einen Gefallen?“ „En?“ fragte Piet. „Einfach nur Maul halten“. Dann sah sie zu mir. „Und nicht anfassen. Kein Kuss. Gar nichts. Einfach Maul halten und Finger weg“.

Aus dem Küchenschrank nahm sie eine Tasse, schenkte sich Kaffee aus der Kanne ein und setzte sich an den Couchtisch.

Wortlos schlürfte sie das Heissgetränk. Piet und ich kümmerten uns wieder um den Abwasch.

Genau so wortlos war Wilma auch wieder verschwunden, lediglich die Schritte auf der Treppe signalisierten dass sie auf dem Weg nach oben war, um kurz darauf wieder herunter zu kommen. Ebenfalls nur an den Schrittgeräuschen zu erkennen.

Frisch geduscht, geschminkt und angekleidet trat eine andere Frau zu uns ins Wohnzimmer. „Hoi Piet, hoi lieverd“.

Sie setzte sich erneut auf die Couch, zog ihren Bastkorb mit den Strickwaren heran. „Wollen wir einen kiffen? Wer dreht einen Joint? Ich muss noch die letzten Details stricken, dann hab’ ich es. Soll ja fertig sein wenn wir gleich zu Victoria fahren“.

Echt, das war ein anderer Mensch, der uns jetzt „strahlend“ gegenüber sass. Sie trug jetzt ein braunes, langes, „gefälschtes“ zweiteiliges Cordkleid. Knielang, hochgeschlossen, mit Stehkragen, um die Büste gewickelt.

So wie es an ihrem Körper anlag konnte ich erkennen dass sie einen BH trug. Das tat sie wenn sie zu Victoria ging, sich züchtig kleiden. Ganz die Krankenschwester.

Wäre Piet nicht hier – ich hätte sie „belästigt“ – hätte mit ihr ficken wollen. Ihr Anblick machte mich scharf. Diese hochgestützten Brüste – und dann die schmale Taille.

Piet war absolut erstaunt Wilma so strickend zu sehen. Er schmunzelte. „Net als mijn oma“. Für mich war der Anblick ja mittlerweile vertraut. Für mich war Wilma „meine Strickliesel“.

Der Umhang - die Stola - die Wilma in der Mache hatte war farblich sehr dezent. Weiss, Grau und ein helles Braun wechselten sich ab. „Das ist reine Schafschurwolle“ liess sie uns wissen. „Und rein pflanzlich gefärbt“.

Mir hätte sie sowieso alles erzählen können. Bei dem Thema hatte ich so was von keine Ahnung. „Vom Shetland-Schaf“ ergänzte sie noch.

Dazu konnte ich dann doch etwas erzählen. Immerhin war ich da schon. Kurz setzte ich an von meinen Erlebnissen dort zu erzählen, mehr für Piet gedacht. Wilma schaute während des Strickens auf. „Ja, da war der bei Nutten“. Sie machte eine kurze Pause, schmunzelte. „Und hat sich vor seinen Arbeitskollegen einen runtergeholt. Erzähl’ das mal“.

„Wilma“ entfuhr es mir entrüstet. Piet grinste. „Kann ich mir lebhaft vorstellen. Vor oder nach dem Nuttenbesuch?“

„Blöde Fotze. Auf meine Kosten Witze machen“. Das dachte ich mir aber nur, sagte es nicht. Piet gab keine Ruhe. „Du erzählst ihr wenn du zu Nutten gehst?“

„Mann, ich geh’ nicht zu Nutten. Warum sollte ich? Guck’ dir doch mal das Gerät an, was da sitzt. Und können wir jetzt das Thema wechseln, besser noch beenden? Geht das?“

Um nicht weiter „De Lul“ für die beiden zu sein begann ich ein wenig zu drängeln. „Wir fahren dann gleich, oder? Ich zieh’ mich auch um, Piet müssen wir auch noch nach Rotterdam bringen“. Wilma sah auf. „Dann aber vorher auch duschen, oder?“ „Ja, mach’ ich“.

Piet lenkte ein, es würde ihm komplett reichen wenn wir ihn in Brielle absetzen würden. Er wolle noch bei Koos und Dees vorbei schauen und dann später, von dort den Bus nehmen. „Oki, dann fahr’ ich jetzt den Mercedes aus der Einfahrt, dann unter die Dusche, umkleiden, dann können wir los? Du hast dann die Stola fertig?“

Frisch geduscht und angekleidet kam ich aus meinem Zimmer. Ganz bewusst hatte ich den hellen „Dries van Noten“ Anzug gewählt, den ich mir in Belgien gekauft hatte. „Geht das so?“ Meine Frage war eher rhethorisch.

„Verdomme, een echte heer“. Piet pfiff durch die Zähne. „Wat een mooie pak“. Wilma war aufgestanden, wickelte die Stola noch in Geschenkpapier ein. Dann kam sie zu mir herüber. „Du siehst toll aus. Ich bin stolz auf dich wenn du so gekleidet bist“.

„Für dich. Für Victoria“ grinste ich. Sie gab mir einen Kuss. „Sowas solltest du öfters tragen“. Gott bewahre. Ich fühlte mich eher in anderer Kleidung wohl.

Als wir dann im Mercedes sassen komplettierte sich aber auch für mich das Gefühl von „een echte heer“, wie Piet es genannt hatte. Der Gedanke war für mich, nur für mich – „Schade dass Willeke mich nie so in dem Daimler, in ihrem Daimler gesehen hatte“. Ob es ihr auch so gefallen hätte? Die Antwort würde ich leider nie mehr in Erfahrung bringen können.

In Oostvoorne hielten wir bei der Banketbakkerij Breggen an um allerlei süssen Schweinkram zu kaufen, um dann mit Victoria so richtig Sonntagskaffee zu zelebrieren. Piet setzten wir bei Koos ab, kamen aber nicht mit ins Haus hinein. Das würde unseren ganzen Plan über den Haufen werfen.

Auf unser Klingeln an Victoria’s Haustür öffnete eine junge Frau. Eine Kollegin von Wilma, das erkannte ich direkt an ihrer Kleidung. Beide begrüssten sich mit Küsschen links, Küsschen rechts.

Ich tat es Wilma gleich. Frauen zu küssen kann nie ein Fehler sein. Ich spürte ihre Brüste, die aber wenig nachgaben. Auch sie trug einen BH.

Anscheinend war das „oberstes Gebot“ für alle Mitarbeiterinnen. Alles schön züchtig „eingepackt“ lassen. Schade eigentlich, wo Titten doch so was Schönes sind, die muss man zeigen. Oder war ich da der Einzige der so dachte? Wahrscheinlich weil ich ein Mann bin.

„Hoi, ik ben Kathrin, loop maar binnen“ bat sie uns herein. Victoria sass in ihrem Rollstuhl. „Da ist Besuch für dich“ sprach Kathrin mit lauter Stimme. Victoria drehte den Kopf leicht. „Wilma, meine Wilma“. Ihr Gesicht erhellte sich, die Freude war ihr anzusehen.

Wilma umarmte und küsste sie, auch hier tat ich es ihr gleich. „Schön dich wieder zu sehen, das ist ja schon eine Weile her“. Zumal ich bei meinem letzten Besuch hier den Eindruck hatte dass es mit Victoria „bergab“ ging. Dem war zum Glück dann nicht so.

Den mitgebrachten Kuchen und das Gebäck stellte ich auf dem Couchtisch ab. Victoria schaute zu Kathrin. „Machst du uns bitte Kaffee?“

Während in der Küche die Kaffeemaschine lief brachte Kathrin drei Gedecke.

„Wieso drei? Was ist mit dir“? wollte ich wissen. „Hol’ noch ein Gedeck, setz’ dich zu uns“. Kathrin schaute erst mich, dann Wilma, dann Victoria an. „Ihr seid Besuch, ich muss arbeiten“.

„Ja, Kati. Setz’ dich zu uns“ forderte Victoria sie auf. „Dat is meer gezellig, niet dan?“ Das röchelnde Geräusch der Kaffeemaschine signalisierte dass der Kafffe nahezu durchgelaufen sei. „Röcheln eigentlich alle Kaffeemaschinen? Und wenn ja, warum?“ fragte ich mich selber. Leise, in Gedanken.

Wilma hatte Victoria ihr Geschenkpaket überreicht. „Prettig kerstfeest schatje“ sagte sie dabei zu Victoria. Mit leicht zittrigen Händen riss Victoria das Geschenkpapier auf, hielt die Stola leicht hoch. Direkt kuschelte sie das Gestrickte an eine Wange. „Was ist das schön. Das ist so lieb von dir. Du bist ein Schatz. Du bist so ein Schatz. Danke Wilma. Danke“.

Wilma ging auf Victoria zu, nahm sie erneut fest in die Arme, legte ihr die Stola um. „Ich hab’ dich so lieb“. Ein paar kleine Tränen kullerten über Wilma’s Wangen. Victoria blieb das nicht verborgen, mit ihrer zittrigen Hand strich sie ihr über die Wange. „Du bist ein Schatz. Du bist die Beste“.

Das war sehr nett, sehr empathisch – aber auch ein wenig blöd für Kathrin. Immerhin kümmerte sie sich ja auch um Victoria.

Nach ausgiebiger Kaffeetafel regte Wilma einen Spaziergang an. Die Sonne schien, schönes Wetter, 2.Weihnachtsfeiertag, Zeit zu spazieren, frische Luft.

Mir kam das ganz gelegen, ich war noch ein wenig „blöd und leer“ im Kopf - vom Vorabend.

„Da kannst du dann auch gleich deine neue Stola probieren, wie gut sie wärmt“. Wilma hatte die Strickware über Victoria’s Schulter drappiert. „Dann muss ich aber den anderen Rollstuhl vorbereiten, damit ihr raus gehen könnt“ erklärte Kathrin. Das Modell in dem Victoria jetzt sass war so ein leichtes „Hausmodell“.

Ich nahm sie kurz und dezent beiseite. „Was heisst hier ihr? Und du? Du kommst mit, du hast Dienst, wir sind der Besuch“. „Ich dachte …“ „Falsch gedacht, du kommst mit“.

Es dauerte nicht lange, Kathrin hatte den Rollstuhl vor der Haustüre platziert, Victoria angekleidet. Wilma hatte in der Zeit unsere Kaffeetafel aufgeräumt und alles in der Küche gesäubert. Es reizte mich, sie hier, in Victoria’s Küche anzufassen. Während sie sich über die Spüle bückte um das Geschirr abzuwaschen griff ich, hinter ihr stehend, an ihren Hintern. „Nicht hier, lass’ das“.

„Fahr’ den Rollstuhl bitte direkt bis auf den Gehweg, ich trage Victoria nach draussen“ bat ich Kathrin.

Victoria schmiegte ihre Wange an meine. „Ein schönes Gefühl von einem Mann auf Händen getragen zu werden“ sagte sie leise. „Und mit Wilma machst du das auch immer noch, wie ich sehe. Ihr seid sehr glücklich, oder? Hast du also auf mich gehört“.

„Ja Victoria. Du hattest Recht. Es war ganz richtig mich zu meiner Liebe zu bekennen. Danke für den Ratschlag“. Vorsichtig setzte ich sie in den Rollstuhl, Wilma packte sie in ihr Geschenk, in ihre Stola ein.

Die Wohngegend, der Woonwijk, war eher trist. Ein Haus neben dem anderen, das ganze Viertel mit Strassen durchzogen, keine schöne Gegend. Für meinen Geschmack.

„Wenn wir hier durchlaufen, runter bis zur Post, da ist ein kleiner Park, unten an der Gracht“. Victoria zeigte mit der Hand in die Richtung.

Aber trotz der öden Gegend gefiel mir der Spaziergang sehr. Wilma hielt mich an der Hand, die andere hatte sie auf Victoria’s Schulter gelegt. Kathrin war zum Schieben „verdonnert“.

Und auch, obwohl mir Kathrin fremd war, sprach ich darüber wie sehr ich mich auf die kommenden Tage, den Jahreswechsel, das „zwischen den Jahren“ oder „Oud en Nieuw“ wie der Holländer es nennt, freute. Endlich gemeinsame Zeit mit Wilma zu haben. Richtig gemeinsame Zeit, nicht nur stundenweise.

„Wie machst du das? Wie läuft das bei dir und deinem Freund?“ wollte ich von Kathrin wissen. „Ich bin Single“ anwortete sie kurz und knapp. „Hmm, na ja, ein Problem weniger“ scherzte ich. „Wie? Problem?“ Wilma verpasste mir einen leichten Hieb in die Seite.

„Wollt ihr denn wieder irgendwo hinfahren? Ihr seid doch immer unterwegs“. Victoria hatte ihren Kopf bei der Frage leicht gedreht. Eine Antwort wartete sie aber nicht ab, sondern begann direkt von sich zu erzählen. Dass sie mit ihrem Mann immer sehr gerne nach Texel gefahren sei. „Tessel“, so spricht der Holländer das aus. „Het Eiland Texel“.

Gebannt hörte ich Victoria zu, wie sie von ihren Erinnerungen sprach. Schon bei anderen Gelegenheiten hatte sie mich in ihre Erlebnisse und Geschichten hinein gezogen.

Sie wusste, zumindest mich, zu begeistern. Garantiert war sie ein richtiges Hippie-Mädchen gewesen, aus der Woodstock-Generation. Das liess sie immer wieder mal ansatzweise durchblitzen.

Kiffen, Flower-Power, freie Liebe und das ganze Brimborium. Stellte ich mir vor, so wie in dem Kinofilm „Hair“. Genau so.

„Reif für die Insel“

Es ging Richtung fünf Uhr. „Wir müssen zurück, ich muss Victoria noch versorgen“ erinnerte Kathrin an ihre Pflicht. „In etwa einer Stunde kommt meine Ablösung“.

Genau, das war die Uhrzeit zu der normalerweise Wilma ihren Dienst antreten musste. Gut dass sie frei hatte, genau wie ich selbst auch. Bis zum 3.Januar, dann war auch das wieder vorbei. Aber bis dahin waren es noch einige Tage. Gemeinsame Tage.

Victoria verabschiedete uns herzlich, bedankte sich nochmals, mehrmals bei Wilma, die ihr offensichtlich sehr ans Herz gewachsen war. Auch mir gegenüber betonte sie das bei unserer Umarmung. „Pass’ auf sie auf, versprochen?“ Nach der üblichen Prozedur - Küsschen links, Küsschen rechts – küsste ich sie auf den Mund. Umarmte sie noch einmal ganz fest. „Ja Victoria, das werde ich, versprochen“.

„Das war ein schöner Nachmittag, oder?“ Wilma hatte sich bei mir eingehakt während wir zum parkenden Mercedes gingen. Das war es in der Tat, aber jetzt verspürte ich Hunger. Mein Alkoholpegel hatte sich abgebaut, ich brauchte etwas Essbares. „Wollen wir etwas essen gehen? In Brielle? Hast du auch Hunger?“ Auf Wilma’s Antwort wartete ich erst gar nicht. „Und ausgehfein sind wir doch auch schon“.

Wir hatten natürlich noch reichlich „Reste“ zu Hause. Aber danach war mir nicht. Das war auch alles kalt und musste erst noch in etwas Verzehbares verwandelt werden, ausserdem hatte ich echt keine Lust „schon wieder“ in der Küche rumzuwerkeln, der gestrige Tag reichte mir.

„An was hast du denn gedacht? Irgendwas bestimmtes?“ Ich war froh dass Wilma das fragte und nicht auf unsere Hausmannskost verwies.

„Schau’ dich an, schau’ uns an. Also für Pommes-Bude oder Broodje Shoarma sind wir wohl eindeutig zu „overdressed“ – und Kuchen hatten wir ja auch schon“.

Mit einem Grinsen betonte ich die Wortpause. „Maximal ein saftiges Teilchen noch. Ein Geschlechtsteilchen. Dein Geschlechtsteilchen“. Wilma schlug mich mit gespielter Empörung leicht auf die Schulter. Du bist ein Spinner, du bist so ein Spinner“.

Ganz Gentleman öffnete ich Wilma die Beifahrertüre, bat sie einzusteigen. „Also dann? Essen gehen?“ „Ja“ antworte sie kurz und bündig. „Ich lass’ mich überraschen“.

Wir parkten, wie gewohnt in Brielle, an der Turfkade. Dort war auch, an der Ecke zur „Varkensstraat“, ein kleines Restaurant. Untergebracht im Erdgeschoss eines so genannten „Boutique-Hotel“, aber eben deutlich mehr als nur der „Speisesaal“ des Hotels. Es gab hier sowohl französische Spezialitäten aber auch regionale, saisonale Küche.

Die Speisenkarte versprach allerlei Leckereien, wir entschieden uns für eine grosse, gemischte Grillplatte. „Surf and Turf“ nannten sie das, hochtrabend wie man, wie ich das aus Restaurants kannte. Warum auch immer hiess es ja in Restaurants nicht einfach „Kotelett mit Pommes und Salat“ sondern sowas wie „Gebratenes vom Schwein an frischem Blablabla in einem Bett aus Blablabla“. War aber dann doch nur Kotelett mit Pommes. Kostet aber direkt mal doppelt so viel.

Wie auch immer. Dieses „Surf and Turf“ bestand aus mariniertem Doradenfilet, gegrilltem Rotbarsch und gebratener Entenbrust. Dazu einiges an Beilagen. Blumenkohl, Polenta, grüne Bohnen und noch anderer Zierat.

„Was ist jetzt Surf? Und was ist jetzt Turf?“ wollte ich von der Bedienung wissen. „Das nennt man so mein Herr. Fleisch und Fisch zusammen. Wasser und Land“.

Na dann. Für mich war diese Bezeichnung eher der Inbegriff von kulinarischem Kitsch, aber was soll’s. Hauptsache was zu futtern. Es musste mir lediglich schmecken. Dann könnte es auch „Tarzan und Jane“ heissen.

„Wollen wir vielleicht noch ein paar Tage wegfahren? Urlaub? Jetzt wo wir beide frei haben? Was meinst du?“ Um meiner Fragestellung Nachdruck und eine gewisse Bedeutung beizumessen nahm ich über den Tisch hinweg Wilma’s Hand. „Unser letzter Urlaub ist ja schon eine Weile her“.

Das war unser „Städtetrip“ nach Belgien.

„Lange? Und wohin?“ Die Frage war leicht zu beantworten. Zumindest der erste Teil. Am Jahresanfang mussten wir ja beide zurück an die Arbeit. Also nur ein paar Tage. „Ab morgen. Bis zum zweiten. Sechs Tage“. „Und wohin? So wie ich dich kenne hast du doch bestimmt schon was ausgeheckt, geplant. Oder?“

Wie aus der Pistole geschossen kam meine Antwort. „Nach Texel“. „Auf eine Insel? Hier in Holland? Da können wir auch zuhause bleiben. Was willst du da machen?“

Das wusste ich natürlich nicht, ich war noch nicht auf Texel. Aber die Erzählung von Victoria war einfach noch zu frisch, in meinem Kopf hängen geblieben.

„Das was ich auf jeder einsamen – zweisamen – Insel machen würde. Mit dir schlafen. Durchgehend. Bis wir gerettet werden“.

Wilma grinste. „Du bist echt ein Spinner. Und sonst?“

Warum, wieso - das erklärte ich eben mit genau dieser Schilderung von Victoria. „Sie hat doch so davon geschwärmt. Und überhaupt, du bist doch die Holländerin, die Eingeborene. Sag’ du mir wie schön deine Heimat ist“.

Ein wenig erhöhte ich den Druck auf Wilma’s Hand, die ich immer noch hielt. „Das schönste an Holland für mich bist du. Das ist ganz einfach“.

Wilma strahlte. „Das hast du einfach drauf – Komplimente machen, das hast du echt drauf. Also gut. Texel. Aber du machst das Programm. Und komm’ mir jetzt nicht mit Marathon-Fick oder so was“.

Leicht lehnte ich mich nach hinten, liess ihre Hand los. „Geht klar. Aber – ich komm’ gerne, besonders in dir“.

Texel. Das war dann beschlossene Sache. Ab jetzt drehte sich unser Gespräch um unsere morgige Abreise.

Sechs Tage, das würde eine wahre Taschenflut von Wilma bedeuten. Sie müsse erst einmal raussuchen was sie mitnehmen wolle. „Ist bestimmt etwas kühler dort, auf dieser Insel, als hier“, betonte sie.

Für mich war das Thema Kleidung schnell abgearbeitet. Ein paar Klamotten, insbesondere meinen aktuellen, von ihr gestrickten Lieblingspullover. Und auch der andere Krempel, den Wilma in ihrem „Strickwahn“ produziert hatte, wie Mütze und dicke Socken, waren geradezu prädestiniert als wärmende Kleidung.

Es war wie ich es voraus gesehen hatte. Wilma hatte bergeweise Kleidung auf ihrem Bett ausgebreitet. Um mich der Fragestunde „Was soll ich anziehen? Was soll ich einpacken?“ zu entziehen kümmerte ich mich um andere Dinge.

„Ich bring’ die Friteuse rüber zur Boerderij. Und auch die ganzen Essensreste. Die Jungs werden sich freuen. Bevor es hier bei uns vergammelt“.

Einige Taschen standen bereits „packbereit“ im Hausflur nachdem ich von meinen Erledigungen zurückkehrte. Ich ging nach oben, in Wilma’s Zimmer. Nicht nur um zu schauen wie weit sie mit ihrer Kleiderwahl gekommen war, ob wir bald los fahren konnten.